Alimente vom Staat: Tschechien plant Unterhaltsvorschussgesetz
Der tschechische Staat will in Zukunft helfen, wenn sich ein Elternteil weigert, Alimente zu zahlen. Nach dem Vorbild anderer Länder Europas plant der Staat, dann selbst den Unterhalt von Kindern zu bezahlen und das Geld von den Alimente-Verweigerern nachträglich einzutreiben.
„Der Vater meines älteren Sohnes zahlt zwar, allerdings unregelmäßig. Der Vater des jüngeren Sohns sitzt wiederum seit 2013 im Gefängnis. Ich weiß daher nicht, wie ich den Kindesunterhalt bekommen werde.“
In solchen Fällen will nun der Staat einspringen. Michaela Marksová-Tominová (Sozialdemokraten) ist Ministerin für Arbeit und Soziales und erläutert das geplante Vorgehen:„Zunächst wird eine Frist festgelegt. Wenn das Kind in dieser Frist keinen Lebensunterhalt erhält, kann der alleinerziehende Elternteil den Unterhaltsvorschuss beantragen. Allerdings legt der Staat für seine Zahlungen eine Obergrenze fest. So wird zum Beispiel in der Slowakei auch das Einkommen der betroffenen Familie berücksichtigt und von den Staatsgeldern abgezogen. Vorschüsse werden dort nur an die ärmsten Familien ausgezahlt.“
Die Arbeit am Gesetz über den Unterhaltsvorschuss stehe am Anfang, betont Marksová-Tominová. Sollte sie reibungslos vorangehen, könnte die neue Regelung 2016 in Kraft treten. Und die Ministerin erwartet eigentlich auch keine Probleme in der Koalition:„Die Chance auf eine Durchsetzung ist groß. Ähnliche Gesetze sind in 19 Ländern Europas in Kraft. Die neuen Regelungen genießen allgemein viel Unterstützung und sind von großer Bedeutung.“
Mittlerweile schulden die Tschechen etwas weniger an Alimenten als in der Vergangenheit. Im Jahr 2012 lag die Summe noch bei 16 Milliarden Kronen (590 Millionen Euro), im vergangenen Jahr sank sie auf 13 Milliarden (480 Millionen Euro). Zum Rückgang hat auch eine Sanktionsmaßnahme beigetragen, die Anfang vergangenen Jahres eingeführt wurde: Wer sich weigert, Alimente zu zahlen, kann den Führerschein verlieren. Petra Báčová ist die Sprecherin der tschechischen Gerichtsvollzieherkammer:
„Zum Entzug des Führerscheins wird in bestimmten Fällen gegriffen, in denen keine andere Lösung gefunden wird: zum Beispiel wenn der Verweigerer schwarz arbeitet und die Alimente nicht vom Lohn abgezogen werden können.“Laut Báčová ist die Maßnahme aber sehr wirkungsvoll:
„Die Reaktion erfolgt in der Regel schnell: Der Verweigerer, in den meisten Fällen ist es der Vater, wird direkt beim Gerichtsvollzieher vorstellig und bezahlt den Schuldbetrag in Bargeld. Oder ruft er zumindest an und versucht, sich mit der Behörde auf eine Ratenzahlung zu einigen.“
Zwar ist die Summe der ausstehenden Beträge gesunken, zugleich stiege aber die Zahl der Verweigerer. Die Polizei ermittelte im vergangenen Jahr gegen mehr als 13.000 säumige Unterhaltszahler, darunter über 11.000 Männer und nur 1372 Frauen. Über 11.000 Personen wurden verurteilt, 459 sitzen sogar in Haft.