Amtsantritt der neuen EU-Kommission verschoben: Auch tschechische Politiker reagieren

Jose Manuel Barroso (Foto: CTK)

Am Donnerstag feierte Tschechien seinen Staatsfeiertag, aus Anlass der Gründung der tschechoslowakischen Republik im Jahre 1918. Gewiss, es gab eine Reihe von Feierlichkeiten, darunter die traditionellen Ordensverleihungen durch Präsident Klaus auf der Prager Burg. Politisch war aber auch dieser Tag weitgehend von Europa dominiert. Denn auch von tschechischer Seite gab es Reaktionen auf den Rückzug des designierten Kommissionspräsidenten Jose Manuel Barroso, der sein Team dem EU-Parlament nun doch nicht zur Abstimmung vorgelegt hat. Mehr von Gerald Schubert:

Jose Manuel Barroso  (Foto: CTK)
Es war ein europäischer Knalleffekt, und als solcher auch ein Knalleffekt in Tschechien: Jose Manuel Barroso bat sich zusätzliche Zeit für die Zusammenstellung der eigentlich längst fix gewähnten EU-Kommission aus. Denn dass das bisherige Team vor den Abgeordneten des Europaparlaments bestehen würde, das schien zuletzt immer weniger wahrscheinlich. Allen voran der italienische Vertreter Rocco Buttiglione war wegen seiner umstrittenen Aussagen über Homosexualität als Krankheit oder wegen seines konservativen Bildes über die Rolle der Frau in der Familie vielen Abgeordneten ein Dorn im Auge. Was bedeutet Barrosos Rückzieher für Richard Falbr, einen sozialdemokratischen EU-Parlamentarier aus Tschechien?

"Einen Sieg für das Europäische Parlament. Ich rechne damit, dass Buttiglione nach Rom zurückfährt."

Sein Kollege von der Vereinigung Unabhängiger Kandidaten, Ex-Außenminister Josef Zieleniec, sieht die jüngsten Entwicklungen skeptischer:

"Das hier ist keine politische Auseinandersetzung um ein Programm, sondern ihr Surrogat auf Basis der ungeschickten Aussprüche eines möglicherweise ungeschickten Kandidaten. Und das ist es, was mich beunruhigt."

Aber auch Zieleniec kann den Vorgängen rund um Barrosos Rückzieher etwas Positives abgewinnen: Dass der designierte Kommissionschef nun gezwungen ist, in neue Verhandlungen sowohl mit dem Rat, also den Regierungsvertretern der Mitgliedsländer, als auch mit dem Europäischen Parlament zu treten, das könnte künftig helfen, Licht in die nicht immer ganz klaren Verhältnisse in diesem Machtdreieck zu bringen, meint Zieleniec.

Der weitere Fahrplan: Bereits am Freitag, am Rande der Unterzeichnung des EU-Verfassungsvertrags in Rom, dürfte es weitere Beratungen der Staats- und Regierungschefs in der Causa geben. Am 4. und 5. November steht in Brüssel ein EU-Gipfel bevor. Und die nächste Plenarsitzung des Europaparlaments gibt es erst Mitte November. Mindestens bis dahin wird die alte Kommission im Amt bleiben, und mit ihr ihr bisheriger tschechischer Vertreter Pavel Telicka. Für seinen designierten Nachfolger, Ex-Premier Vladimir Spidla, heißt es vorerst: Bitte warten.