Angehende Künstler und Kunsthandwerker feierten Gründungsjubiläum ihrer Schule

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Am 4. September hat in Tschechien wieder ein neues Schuljahr begonnen. Eine der Prager Mittelschulen begeht es als Jubiläum ihres Gründungsjahres. Gefeiert wurde aber bereits vor den diesjährigen Sommerferien Ende Juni. Jitka Mladkova war dabei und will mit Ihnen in der heutigen Ausgabe von Panorama CZ ihre Eindrücke teilen:

Die Schule wurde gegründet nur drei Jahre nach der Entstehung der selbständigen Tschechoslowakei - im Oktober 1921, und zwar als eine staatliche Schule für Holzverarbeitung. Nach einer relativ kurzen Zeit erwarb sie die Position eines bedeutenden Ausbildungszentrums im Bereich der Möbelherstellung. Später wurde sie in Mittelschule für Kunstgewerbe umbenannt, kurz UMPRUM, und so heißt sie bis heute. Am Tag, an dem die Jubiläumsschulfeier stattfand, am helllichten Tag, wohl gemerkt, konnte man schon von weitem her dröhnende Töne der Schulrockband hören.

Ich wollte in der UMPRUM natürlich nicht nur Musik hören. Um mit dem Schulleiter Pavel Kovarik sprechen zu können, mussten wir uns in sein Arbeitszimmer zurückziehen. Dort habe ich vieles gefragt, u.a. auch danach, wie die Schule durch die Zeiträume zurechtkam, die durch unterschiedliche Einstellungen der politischen Macht zur Kunst bzw. zum Kunsthandwerk geprägt waren:

"Unsere Schule hat alle Peripetien, die die Zeit mit sich brachte, einschließlich der Zeitperiode der so genannten Normalisierung nach 1968, im Prinzip ohne große Erschütterungen überstanden. Dazu hat maßgeblich auch ihre Grundorientierung beigetragen. Als unsere Priorität gilt nämlich das Kunsthandwerk, genauer gesagt, das Kunsthandwerk von hoher Qualität. Diese eine geschätzte Devise ist in allen Zeiten unabhängig von der gerade herrschenden Ideologie."

Um der politischen Druckausübung in der Zeit des Kommunistischen Regimes, als die Kunst auch als Instrument zur Beeinflussung breiter Massen missbraucht wurde, zu widerstehen, musste die Schulleitung hoch diplomatisch vorgehen, sagt Kovarik. Aber auch nach der politischen Wende 1989 ging nicht alles glatt und reibungslos:

"Nach dem Jahr 1989 wurden bei uns emotionsgeladene Diskussionen darüber geführt, wie sich die Schule zu reformieren habe und was anders gemacht werden solle. Letzten Endes sind wir zum Schluß gekommen, dass fast nichts reformiert werden muss, da der Leitgedanke unserer Tätigkeit im Prinzip derselbe geblieben ist und dass wir weiter das machen sollen, was wir schon immer gemacht haben, ohne uns dabei jetzt verstellen zu müssen."

Gegenwärtig kann man in der UMPRUM-Schule zwischen insgesamt acht Fächern/Lehrgängen wählen, darunter zum Beispiel Propagationsgrafik, Ausstellungswesen, Kunstgewerbemalerei, Möbelbau, Bühnentechnik, Spielzeugherstellung und Schnitzerei u.a. Nach vier Jahren wird das Abitur abgelegt. Seit 1996 wurde der UMPRUM noch eine Art Zwischenstufe zwischen der Mittel- und einer Hochschule angegliedert, nämlich die so genannte Höhere Kunstfachschule, an der man nach dem Abitur drei Studiengänge studieren kann: Spielzeugdesign, Malerei und verwandte Techniken, Holzschnitt und Holzrestaurierung. Die akademische Malerin Helena Francova, die hier seit sieben Jahren Propagationsgrafik unterrichtet, fragte ich nach einem Leitfaden des Kunstunterrichts an dieser Schule:

"Es liegt uns viel daran, dass die Schüler darüber, was sie machen, vor allem sehr gut nachdenken, um sich nicht nur mit Ideen zu befassen, die der Computer anbietet. Es soll immer etwas mehr dabei sein. Es geht uns aber auch darum, die Schüler dazu zu führen, dem Diktat verschiedener Modetrends nicht nachzugeben, sondern vielmehr eigene Sichtweisen in ihre Produkte zu projizieren. Ihr Ziel soll es sein, eigene Werke als Originale zu verstehen. Wir besuchen mit ihnen Kunstgalerien oder machen Ausflüge in die Natur, wo sie die Landschaft malen und ähnliches mehr. Das alles soll sie kultivieren."

Darin liege die positive Leistung dieser Schule, meinte Frau Francova. Doch nicht nur herkömmliche Lernmethoden und Kunsthandwerkstechniken haben die UMPRUM-Pädagogen im Kopf. In ihre Schule hat auch die moderne Technik Einzug gehalten, und sie wehren sich keineswegs dagegen. In der praktizierten Symbiose von Tradition und moderner Technik gilt aber die Tradition z.B. für Frau Alena Novotna, die an der Kunstgewerbeschule das Fach angewandte Malerei unterrichtet, als Priorität Nummer Eins:

"Wir bestehen auf der Erhaltung der Tradition. Die moderne Technik soll die Schüler zur schöpferischen Tätigkeit motivieren. Jeder von ihnen soll sich auch mit der Technik seine Individualität bewahren und diese auch ständig entwickeln, damit sich nicht alle ähnlich sind."

Nach dem Gespräch mit den drei Pädagoginnen habe ich mir eine Ausstellung angeschaut, die aus Anlass des Jubiläums im Schulgebäude eröffnet wurde. Dort stieß ich auf Sarka Pomahacova, frischgebackene Absolventin im Fach Spielzeug und dekorative Gegenstände. Ich fragte sie zunächst, warum sie ausgerechnet diese Wahl getroffen habe.

"Andere Fächer sind viel technischer, und für die Malerei bin ich nicht talentiert genug, und so hat bei meiner Wahl einfach das Spielzeugmachen gewonnen."

Wenn man über einen neuen Spielzeugentwurf nachdenkt, dann muss man sich über vieles im Klaren sein: Über das Alter und das Geschlecht des Kindes, für welches das Spielzeug bestimmt ist. Bei einigen Spielsachen, so Sarka, werde oft kein Unterschied zwischen Mädchen und Jungen gemacht. Sarka musste vor dem Abitur ein Spielzeug kreieren. Sie hat sich für Holz als Material entschieden und beschreibt das fertige Produkt wie folgt:

"Meine Abiturarbeit ist ein kleiner freiwilliger Feuerwehrmann - gestaltet zugleich mit einem Feuerwehrauto. Es verfügt u.a. über eine Hebeleiter, ein Lenkrad und drei Pedale. Es hat auch eine Tür, sodass das Kind drinnen wie in einem Auto sitzt, das aber nicht fahren kann. Feuer löschen, natürlich so als ob, kann man mit einem Seil, das einen Schlauch simuliert."

Sarka studiert jetzt an der Universität in Pilsen das Fach Buchbindung. Auf die Frage, ob sie irgendwann in Zukunft Spielsachen entwerfen möchte, sagt sie:

"Ich muss sagen, dass ich mir mit meiner Abiturientenarbeit meinen Traum bereits erfüllt habe. Sie ist wohl der Schlusspunkt meiner "Karriere als Spielzeugmacherin."

Eines der Fächer an der UMPRUM ist auch die Bühnentechnik. Hier kann man die Fundamente erlernen, an die dann mancher Schüler oder manche Schülerin nach dem Abitur beim anschließenden Hochschulstudium als angehende Bühnenbildner anknüpfen. In der erwähnten Ausstellung habe ich auch ein Bühnenbildmodell und seine Autorin Tamara Sterbova angetroffen. Auch sie hatte vor kurzem den Abiturabschluss gemacht, was eigentlich sofort zu erkennen war, nachdem sie zu erzählen begann:

"Als Thema meiner Abiturarbeit habe ich das Stück Tragödie Ödipus gewählt, das Sofokles um das Jahr 420 vor Christus schrieb. Es ist eine Tragödie, genauer gesagt eine komplizierte Tragödie. Meine Aufgabe war es, ein einfaches Bühnenbild zu schaffen. Traditionelle Elemente sollten beibehalten werden, gleichzeitig aber wollte ich die Bühne modern für ein junges Publikum gestalten."

Es folgte eine sachkundige und interessante Beschreibung, die man leider im Radio nicht visualisieren kann. Zum Abschluss des Gesprächs fragte ich Tamara, was ihr die Schule gegeben habe:

"Die Schule hat mir wahnsinnig viel gegeben. Ich konnte mich selbst entfalten und meine Vorstellungen umsetzen. Ich war hier unheimlich gerne."

Unser Gespräch unterbrach eine Durchsage im Schulrundfunk. Die Schüler und Schülerinnen wurden gebeten, in den Schulhof zu kommen, wo schon die Feier offiziell beginnen sollte:

Im Schulhof traf ich auf Vlasta Kahovcova, die vor etwa dreißig Jahren ihr Abitur an der UMPRUM machte. Kurz danach ist sie aber dem Gesang verfallen und gemeinsam mit Jarmila Gerlova bildeten sie das Duo, das mehrere Jahre mit Karel Gott auftrat. Über die Schule wusste sie nur Positives zu sagen.

"Ich liebe diese Schule. Jedes Mal, wenn ich hierher komme, habe ich ein seltsames Gefühl. Im Treppenhaus hat sich nichts verändert. Immer noch gibt es dort die wunderschönen Vitragefenster. Wenn ich hier bin, versetze ich mich in die Zeit meiner Jugend. Es ist in der Tat ein tolles Gefühl!"