Archäologieausstellung in Roztoky bei Prag: Von der Jungsteinzeit zum Frühmittelalter
Mit allen Sinnen die Geschichte zu erleben – das ist das Ziel einer archäologischen Dauerausstellung, die seit etwa einem Jahr im Mittelböhmischen Museum in Roztoky bei Prag zu sehen ist. Die multimediale Schau umfasst die Entwicklung von der Jungsteinzeit bis zum Frühmittelalter und zeigt nicht nur zahlreiche archäologische Funde, sondern nutzt auch Hologramme und Videoaufnahmen.
Das Mittelböhmische Museum hat seinen Sitz im Schloss in Roztoky bei Prag. In einer ehemaligen Scheune im Schlossareal wurde im vergangenen Jahr eine Dauerausstellung über Archäologie mit dem Titel „Archevita“ eröffnet. Und diese Schau wurde mit dem Preis „Gloria musealis“ als die beste Museumsausstellung des Jahres 2022 ausgezeichnet. Die Ausstellung betritt man durch ein nachgestelltes Haus aus dem Neolithikum. Jana Klementová leitet das Museum und hat die Schau zusammengestellt. Sie habe sich bemüht, eine moderne Ausstellung zu zeigen, so die Archäologin:
„Die Schau knüpft an eine Archäologieausstellung an, die früher im Erdgeschoss des Schlosses zu sehen war. Diese wurde jedoch einige Mal vom Hochwasser bedroht, und daher haben wir nach einem anderen Ort für eine neue Ausstellung gesucht. Die ehemalige Scheune ermöglicht uns nun, eine eher nicht so traditionelle Schau zu zeigen und dabei die Höhe des Gebäudes zu nutzen. Im Erdgeschoss erleben die Besucher einige Alltagsmomente, wie sie sich vor mehreren Tausend Jahren hätten abspielen können. Dort gibt es keine Tafeln und keine Beschriftungen. Im ersten Stock zeigen wir Exponate aus unseren Sammlungen. Zudem befinden sich dort Touchscreens mit Informationen und einem Quiz.“
Die Exponate aus den Sammlungen des Mittelböhmischen Museums dokumentieren einige Tausend Jahre Geschichte – vom Neolithikum bis zum frühen Mittelalter. Die Museumsleiterin:
„Gezeigt werden nicht nur Exponate, die aus unseren eigenen Ausgrabungen stammen, sondern auch Funde, die das Museum erworben hat oder ihm geschenkt wurden. Aber alles, was hier zu sehen ist, stammt aus dem Museum in Roztoky.“
Neben zahlreichen Gegenständen aus den archäologischen Sammlungen werden auch Installationen gezeigt, die dem Besucher die Arten der Bestattung in der jeweiligen Epoche näher bringen. Dabei wurden jeweils tatsächliche Grabanlagen nachgebaut. Die Museumsleiterin macht auf die erste Installation dieser Art in der Dauerausstellung aufmerksam:
„Hier wird ein Ausschnitt aus einer Siedlung präsentiert, in der ein prähistorisches Begräbnis gefunden wurde – kein Grab, sondern ein Begräbnis. Es handelte sich dabei um eine etwa 20-jährige Frau, sie hat Hände hinter dem Kopf verschränkt. Dies ist ungewöhnlich. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob sie sich da ausruhen möchte. Es scheint jedoch, dass es sich eher um einen unfreiwilligen Tod handelte. Darauf deutet hin, dass der Körper posthum mit Steinen beschwert wurde. Die Installation stellt ein Begräbnis aus der Zeit der Linearbandkeramischen Kultur dar, also der Zeit von rund 5500 Jahren vor unserer Zeitrechnung.“
Auch die folgende Installation bezieht sich auf die Jungsteinzeit, ist jedoch etwas jünger. Sie repräsentiert der Expertin zufolge ein Grab aus der stichbandkeramischen Kultur, also aus der Zeit von 4600 bis 4900 Jahre vor unserer Zeitrechnung.
„Es handelt sich um eine andere Art der Installation. Der Verstorbene wurde eingeäschert. Die verbrannten sterblichen Überreste wurden in Gefäße gelegt. Im Grab befinden sich Beigaben wie beispielsweise eine Steinaxt.“
Wie werden also die einzelnen Epochen den Besuchern näher gebracht?
„Das Konzept ist gleich für alle Epochen. Gezeigt wird immer Keramik, die in jeder archäologischen Sammlung am stärksten vertreten ist. Zu sehen sind natürlich auch weitere, nicht-keramische Gegenstände. Der jeweiligen Epoche entsprechend handelt es sich um Artefakte aus Stein und Knochen, aber auch aus Metall. Zuerst sind es Exponate aus Kupfer und aus Bronze, später kommen die Produkte der Eisenverarbeitung hinzu.“
Die Entwicklung der Keramikproduktion in der Jungsteinzeit werde chronologisch dokumentiert, merkt die Museumsleiterin an und macht auf die vielen entsprechenden Gefäße aufmerksam:
„Wenn sich der Besucher bückt, sieht er Exponate aus der jüngeren Zeit, ganz oben auf der Augenebene werden immer die ältesten Gegenstände gezeigt. Hier sind zum Beispiel Gegenstände der linearbandkeramischen Kultur ausgestellt. Typisch sind Gefäße in Halbkugelform, die keinen Boden haben. Es ist darum nicht einfach, sie auszustellen.“
Krüge, Schüsseln und Gefäße aus der Kupfersteinzeit
Die Museumsleiterin spricht auch über ihren Impetus. Sie habe sich zusammen mit ihren Kollegen bei der Zusammenstellung der Ausstellung bemüht, den Besucher ein wenig zu belehren, ihn jedoch nicht mit allzu vielen Fakten und Informationen zu überlasten, sagt sie. Jede der Epochen ist mit einem kurzen Text eingeleitet, in dem die wichtigsten Ereignisse genannt werden. Angesichts von Zeiträumen von 1500 bis 2000 Jahren, sei ein Absatz mit Informationen eine solide Länge, findet die Expertin. Für das Äneolithikum – auf Deutsch eher die Kupfersteinzeit – seien sehr schöne Formen und viele Verzierungen typisch, fährt Jana Klementová fort:
„Die Motive der Verzierungen und die Formen der Gegenstände sind sehr vielfältig. Zu sehen sind Krüge, Schüsseln, Becher sowie große Gefäße. Diese wurden vermutlich zur Lagerung von Lebensmitteln genutzt. Da sie keine Glasur hatten, waren sie nicht wasserdicht. Sie sind aber sehr schön und reichlich verziert. Dieses Stück stellt ein Beispiel der Badener Kultur dar, es stammt aus der Zeit um 3300 bis 3200 vor unserer Zeitrechnung. Etwas jünger ist die Řivnáč-Kultur. Sie etablierte sich um die Wende vom vierten zum dritten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung.“
Die Řivnáč-Kultur wurde nach einem Hügel mit einer großen archäologischen Fundstelle nahe Roztoky benannt. Die Museumsleiterin macht auf die Installation einer Bestattung aufmerksam:
„Der Verstorbene wurde in einer rituellen Lage in einer runden Grube bestattet, die zuvor zu anderen Zwecken genutzt worden war. Ein übliches Grab hätte eine andere Form gehabt. Für die Trichterbecherzeit war die Bestattung typisch, bei der die Verstorbenen auf der linken Seite lagen.“
Eine weitere Installation zeigt ein Grab aus der Glockenbecherkultur. Eine multimediale Präsentation ermöglicht dem Besucher, sich eine Vorstellung davon zu machen, wie der Bestattete hätte aussehen können und wozu die Steingegenstände, die im Grab zu sehen sind, gedient haben könnten.
„Dieser Pfeil, der im Grab gefunden wurde, gehörte zur Ausstattung eines Bogenschützen. Er musste auch einen Köcher für die Pfeile gehabt haben. Dieser befand sich jedoch nicht im Grab. Die Installation zeigt einen Grabfund von 1972.“
Dolche und Armbänder aus Bronze
In der Bronzezeit (2200 bis 800 v. u. Z.) stand die Bronze, also eine Kupfer-Zinn-Legierung im Fokus. In diesem Teil der Schau werde eine bunte Auswahl von Exponaten gezeigt, so die Museumsleiterin:
„Neben Keramik und Gegenständen aus Stein und Knochen werden Bronze-Depots ausgestellt. Zu sehen sind zwei wirkliche Mega-Funde aus unseren Sammlungen. Der eine umfasst mehr als 130 Gegenstände aus der Aunjetitzer Kultur, also vom Anfang der Bronzezeit (2300 bis 1550 v. u. Z., Anm. d. Red.). Der zweite große Fund stammt vom Ende der Bronzezeit von der Štítary-Kultur (950 bis 800 v. u. Z., Anm. d. Red.). Es handelt sich um ein Depot, das fünf Bronzegefäße umfasst.“
Die Aunjetitzer Kultur wurde nach dem Fundort Únětice / Aunjetitz benannt, der sich an einem Feldweg zwischen Únětice und Roztoky befindet. Die Štítary-Kultur wurde nach dem Dorf Štítary bei Kolín in Mittelböhmen benannt, wo Ende des 19. Jahrhunderts ein Doppelgrab aus der Bronzezeit gefunden wurde. Neben zahlreichen Gegenständen aus Bronze werden viele verzierte Krüge, Vasen, Gefäße, aber auch ein Sieb aus Keramik gezeigt. Jana Klementová macht auf einen Massenfund aufmerksam, der aus der Nähe der Gemeinde Tursko stammt. Das Dorf liegt nordwestlich von Roztoky. Die Archäologin merkt an:
„Exzellent sind die Blechdolche, die wirklich einzigartig sind. Ich möchte zudem auf die vielen Armbänder aufmerksam machen. Dieser Fund wurde 2015 unserem Museum übergeben. Derzeit wird eine Monographie über den Fund, seine Analyse und seine Bearbeitung herausgegeben. Es sind wunderbare Dinge.“
Ein anderes Bronze-Depot befindet sich schon seit 1956 in den Museumssammlungen. Der Fund stammt aus dem mittelböhmischen Středokluky und enthält unter anderem ein Sieb aus Bronze, was der Expertin zufolge eine Rarität darstellt. Ein weiterer Fund von Bronzegefäßen aus Číčovice sei ein Jahr jünger als der Fund von Tursko, merkt die Archäologin an:
„Das Depot besteht aus fünf Gefäßen mit einer gehämmerten Amphore in der Mitte. Diese ist mit Motiven von Sonnenbarken verziert. Der Untersatz ist mit Blei verstärkt, ein Bleistreifen befindet sich auch am Rande der Amphore. In einem Kreis von mehreren Hundert Kilometern um den Fundort wurden keine ähnlichen Bronzegegenstände gefunden.“
Eine Installation aus der Bronzezeit zeigt zudem ein Grab mit steinernen Wänden, in dem viele Beigaben gefunden wurden.
Die Führung durch die Dauerausstellung über Archäologie in Roztoky werden wir in einer der nächsten Ausgaben unserer Sendereihe Schauplatz fortsetzen. Dann geht es weiter mit der Eisenzeit. Die Ausstellung „Archevita“ ist von Mittwoch bis Sonntag jeweils von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Am Montag und Dienstag ist die Ausstellung dem Besuch von Schulklassen vorbehalten.
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