Aschenbrödel-Darstellerin Libuše Šafránková war ein Ausnahmetalent

Libuše Šafránková im Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“

Am Mittwoch ging eine traurige Nachricht um die Welt: Die tschechische Schauspielerin Libuše Šafránková ist im Alter von 68 Jahren gestorben. Dass sich diese Meldung wie ein Lauffeuer verbreitete, hat einen Grund: Šafránková war die Hauptdarstellerin des beliebten Märchenfilms „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ aus dem Jahr 1973. Ein Nachruf.

Libuše Šafránková im Märchenfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ | Foto: Tschechisches Fernsehen

Immer wenn um die Weihnachtszeit herum diese Melodie erklingt, dann sitzen in Tschechien, Deutschland, aber auch in Norwegen, Spanien und anderswo viele Tausend Menschen mit Freude vor den Fernsehgeräten und sehen „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Der Film entstand damals als Koproduktion der DEFA und der Barrandov-Filmstudios in Prag. Das Märchen ist auch deshalb ein weltweiter Erfolg geworden, weil die Handlung im Winter spielt. Dazu sagte Regisseur Václav Vorlíček einmal in einer Dokumentation des WDR:

„Im Film wäscht das arme Aschenbrödel die Wäsche in einem kalten Bach. Allein diese Begebenheit muss auf sentimentale Zuschauer einen Einfluss haben.“

Martin Huba | Foto: Elena Horálková,  Tschechischer Rundfunk

Der Hauptgrund für den Erfolg aber ist eindeutig die Hauptdarstellerin des Films. Die damals erst 19-jährige Libuše Šafránková besticht nicht nur mit ihrem schauspielerischen Talent, sondern auch mit ihrer Ausstrahlung. Ihr Schauspielerkollege Martin Huba hat Šafránková einmal mit folgenden Worten beschrieben:

„Sie hatte fröhliche Augen, aber trotz dieser Augen wirkte sie etwas traurig und zart. Sie war ein kleiner Frechdachs, aber gleichzeitig äußerst vorsichtig. Libuše war einfach geheimnisvoll.“

Libuše Šafránková mit ihrem Mann Josef Abrhám | Foto: Tschechisches Fernsehen

Libuše Šafránková wurde 1953 in Brno / Brünn geboren, wuchs aber im nahegelegenen Šlapanice auf. Der Chronist der Stadt, Josef Kopecký, erinnert sich:

„Ihre gesamte Jugend verbrachte sie in Šlapanice, wo sie auch ihre Karriere in einem Amateurensemble begann. Solange ihre Eltern lebten, kam sie ständig zu Besuch, nach deren Tod nur noch sporadisch. Mit ihrem Mann Josef Abrhám hat sie das Haus der Eltern saniert, beide wollten hier ihren Lebensabend verbringen.“

Zwischen Jugend und Alter aber lag eine großartige Schauspielkarriere, die nach dem Studium im legendären Prager Theater Divadlo Za branou (Theater hinter dem Tor) begann. Ab 1972 spielte Libuše Šafránková 18 Jahre lang im Theater Činoherní klub (Schauspielerklub). Hierzulande beliebt sind Filmmärchen und Komödien aus den 1970er und 1980er Jahren, in denen sie die Hauptrollen hatte – darunter „Wie soll man Dr. Mráček ertränken“, „Der Prinz und der Abendstern“, „Die kleine Meerjungfrau“, „Lauf, Ober, lauf!“ und „Heimat, meine süße Heimat“. In den 1990er Jahren war Šafránková auch Mitglied des Schauspielensembles des Prager Nationaltheaters. Damals spielte sie unter anderem in Jan und Zdeněk Svěráks Filmen „Die Volksschule“ und im Oscar-Film „Kolya“ von 1996. Im Jahr 2008 siegte sie in der Umfrage des Tschechischen Fernsehens nach dem größten Filmstar hierzulande.

Libuše Šafránková und Jan Tříska im Film „Die Volksschule“ | Foto:  Lucerna - Alfa

Ihren Traum von einem beschaulichen Lebensabend in Šlapanice konnten sich Libuše Šafránková und ihr Ehemann Josef Abrhám leider nicht mehr erfüllen. 2014 erkrankte die Schauspielerin an Lungenkrebs, sie starb am Mittwoch in einem Krankenhaus in Prag, zwei Tage nach ihrem 68. Geburtstag.

Libuše Šafránková galt als eine Schauspielerin mit außergewöhnlicher Begabung und war auch bei ihren Kollegen allseits beliebt. Jan Hrušinský ist Direktor des Theaters Na Jezerce in Prag:

„Ich kenne wirklich niemanden, der in der Vergangenheit irgendwann einmal schlecht über Libuše geredet hätte. Und wenn ihr Name in Interviews erwähnt wurde, dann rief dies stets ein Lächeln hervor. Sie war ein Sonnenschein.“

Vladimír Procházka | Foto: Tschechisches Fernsehen

Als Direktor des Theaters Činoherní klub hat Vladimír Procházka viele Jahre lang mit Šafránková zusammengearbeitet. Zu ihrem Tod sagte er:

„Libuše ist das größte Schauspieltalent, das ich in meinem Leben kennengelernt habe. Mit ihr zusammenzuarbeiten war einfach verblüffend, denn ein wirklich großer und vielfältiger Darsteller versteht es, in sein Schauspiel auch seine Phantasie einfließen zu lassen. Bei ihr war das der Fall – und zwar so individuell und unverwechselbar, wie dies nur echte Talente können. Ich sage es noch einmal: Libuše war ein Ausnahmetalent.“

Autor: Lothar Martin
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