Assistenten unterstützen Roma-Kinder beim Schulantritt

Eine bessere Ausbildung für die tschechischen Roma ist eines der wichtigsten Mittel, die sozialen und ökonomischen Probleme dieses Ethnikums langfristig und wirksam zu verbessern. Ein Projekt hierzu ist das Thema des heutigen Kaleidoskops, zu dem wir Sie, liebe Hörerinnen und Hörer, herzlich begrüßen dürfen. Wir werden einen Kindergarten im südmährischen Stare Mesto besuchen, wo seit einem Jahr eine Roma-Assistentin den sprachlich und sozial benachteiligten Kindern hilft, den Sprung in die erste Klasse einer gewöhnlichen Grundschule zu schaffen. Am Mikrophon begrüßt Sie Daniela Kralova.

Die Roma in Tschechien sind zwar eine Minderheit, die größtenteils die tschechische Staatsangehörigkeit besitzt und somit über die gleichen Rechte und Pflichten verfügt wie die sogenannte weiße Mehrheitsgesellschaft. Jeder weiß aber, dass sie eine sozial zum Teil schwierige Minorität darstellen. Kaum gebildet und unter schwierigen sozio-ökonomischen Bedingungen lebend, geht eine beträchtliche Anzahl von Straftaten auf das Konto der Roma. Auf der anderen Seite werden sie zu häufigen Opfern von Diskriminierung, wobei die rechtsextremistischen Angriffe die ernsthafteste Bedrohung darstellen. Seit 1990 ermordeten Skinheads bereits zwölf Roma. Aber auch die Mehrzahl der tschechischen Bevölkerung hegt immer noch starke Vorurteile gegen sogenannte Zigeuner, zum Teil auch deshalb, weil die gesamte Roma-Problematik in der kommunistischen Ära jahrelang zu einem gesellschaftlichen Tabu gehörte.

Diese negative Situation muss sich ändern; darin sind sich Politiker, Roma-Aktivisten, Pädagogen und die Öffentlichkeit einig. Ein Weg dazu führt zweifellos über die Verbesserung der Bildungsmöglichkeiten. Das dachten auch die Vertreter von Roma-Organisationen, die schon kurz nach der Wende begannen, über verschiedene Aspekte eines Bildungsprogramms für Roma nachzudenken. Über einen dieser Aspekte spricht Karel Holomek, Vorsitzender des Roma-Zentrums für Mittel- und Osteuropa mit Sitz in Brno:

"Einer der Wege könnte die Schaffung eines Vermittlers zwischen dem Lehrer und dem Roma-Schüler sein, der die einzelnen Handicaps beseitigen helfen könnte: dazu gehört zum Beispiel ein bestimmter Unterschied in der Mentalität und wie die Roma verschiedene Sachverhalte wahrnehmen, oder auch das sprachliche und das soziale Handicap."

So entstand - etwa vor acht Jahren - die Idee der Roma-Assistenten, denen die Betreuung der kleinen Roma in Sonder- und Grundschulen zukommen sollte. Dabei setzten zuerst die Vertreter von nichtstaatlichen Roma-Initiativen diese Idee in die Tat um, unterstützt vor allem durch die Mittel ausländischer Organisationen. Vor etwa drei Jahren erkannte auch das Schulministerium die Funktion der Roma-Assistenten an. Seitdem unterstützt das Ministerium die Assistenten auch finanziell und durch ein Fortbildungsprogramm.

Nach der Betreuung der bereits schulpflichtigen Kinder erweiterte sich das Projekt vor etwa anderthalb Jahren auch auf Kinder, die für den Schulunterricht noch zu jung sind. Einen Kindergarten, den vor etwa einem Jahr vier Roma-Kinder zu besuchen begannen, befindet sich im südmährischen Stare Mesto bei Uherske Hradiste. Eine kurze Zwischenbilanz der einjährigen Erfahrung zieht die Direktorin des Kindergartens Ludmila Pokorna:

"Wir haben bis zum letzten Jahr im Kindergarten keine Roma-Kinder gehabt. Diese Initiative kam vom Direktor der hiesigen Grundschule, die mit den Roma-Kindern Probleme hatte. Deshalb fragte er bei uns an, ob wir diese Kinder aufnehmen könnten, damit sie sich auf einen fließenden Übergang in die erste Grundschulklasse vorbereiten können. Zu diesem Zweck wurde uns auch eine Roma-Assistentin zugeteilt und so hat alles begonnen. Die Assistentin spricht sowohl Romanes als auch Tschechisch, so dass sie beim Übersetzen immer helfen kann. Am Ende des Schuljahrs konnten die Kinder fließend Tschechisch sprechen. Damit erfüllten sie eine wichtige Voraussetzung, um später in der Schule keine sprachlichen Probleme zu haben. Von den vier Kindern konnten schließlich zwei tatsächlich in die erste Klasse gehen."

Die sprachliche Barriere ist in der Tat eine der größten Hürden für die Roma-Kinder, die vor dem Schulantritt den sogenannten pädagogisch-psychologischen Test bestehen müssen. Da dieser natürlich nur auf Tschechisch durchgeführt wird, werden viele der kaum Tschechisch mächtigen Kinder der Sonderschule zugewiesen, deren offizielle Aufgabe darin besteht, die Grundausbildung für leicht geistig Behinderte zu gewährleisten. Dass aber die Mehrheit der Roma-Kinder kaum dieser Gruppe angehören kann und das Problem weniger mit der Intelligenz zusammenhängt, sondern vielmehr ein sprachliches ist, liegt auf der Hand.

Die Sprache ist aber nicht die einzige Schwierigkeit, mit der die Lehrer und Assistenten zu kämpfen haben: Wie die Assistentin des Kindergartens in Stare Mesto Erika Balazova berichtet, sind die Kinder lernfähig. Komplizierter ist es aber mit ihren Eltern:

"An erster Stelle steht das Misstrauen der Roma gegenüber dem Lehrer als dem Gadzo - dem Weißen. Sie glauben, dass ihre Kinder in der Schule von vorne herein als minderwertig betrachtet werden, ohne zu überprüfen, ob es wahr ist. Und dieses Misstrauen ist sehr schlecht und wird noch lange Zeit Böses anrichten."

Das Misstrauen seitens der Kommunität der Roma gegenüber der sogenannten weißen Mehrheitsgesellschaft ist mit Sicherheit ein Problem, das sich nicht so schnell lösen lässt. Außerdem sehen viele Eltern, oft selbst ohne jegliche Bildung und nur mit ein paar Jahren Sonderschule hinter sich, keinen richtigen Sinn und Wert in der Schulbildung. Laut der Assistentin aus Stare Mesto Frau Balazova schicken sie ihre Kinder zur Schule nur deshalb, weil sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Ihre Kinder in den Kindergarten zu schicken, daran sind sie im Prinzip gar nicht interessiert. Dass die Projekt-Organisatoren überhaupt einige Eltern für den Kindergartenbesuch ihrer Kinder gewinnen konnten, liege zweifellos auch daran, dass den Roma-Kindern die Kindergartengebühren erlassen wurden. Dennoch oder gerade deshalb sieht sie in ihrer Arbeit einen großen Sinn:

"Ich glaube, dass es eine sehr wertvolle Arbeit ist und dass sie der Gesellschaft sowie den Kindern viel bringen kann… Und Ergebnisse kann man schon sehen: diese Kinder sind für die Schule viel besser vorbereitet. Sie gehen in die erste Klasse mit einer Sicherheit, mit einem Selbstbewusstsein, dass sie etwas können… Gerade bei diesen Kindern ist es notwendig, das Selbstbewusstsein zu stärken und nicht, wenn sie etwas nicht können, ihnen zu verstehen geben, dass sie deshalb minderwertig sind."

Auch die tschechischen Nicht-Roma-Kinder lernen bei diesen frühen interkulturellen Kontakten etwas Wichtiges. Dazu Erika Balazova:

"Es ist wirklich sehr gut, wenn sie sich aneinander gewöhnen, weil sie später zusammen in der Schule vielleicht nebeneinander sitzen werden. Wenn etwas passiert, frage ich das tschechische Kind: wieso setzt du dich weg von ihm, wieso willst du nicht seine Hand halten, er ist doch dein Freund, seine Hand ist genauso sauber wie die deine…"

Auch der Vorsitzende des Roma-Zentrums Karel Holomek spricht sich für diese gemischte Form von Bildungsinstitutionen aus:

"Ich bin ein Anhänger gemeinsamer Projekte. Ich glaube, dass es ungünstig ist, auf einer Segregation zu bestehen. Die Kinder müssen zusammen leben, auskommen und spielen. Und durch das gemeinsame Kennenlernen entsteht das, was wir auch als Integration bezeichnen. Später soll es zu einer Integration der Roma in die Gesellschaft kommen und die besteht darin, dass auf der einen Seite Elemente von Identität beibehalten werden sollen - und darauf bestehen wir - , aber das sollte nicht verhindern, dass die Kinder gleichberechtigt behandelt werden. Sie sollen gleichwertige Partner werden und das gegenseitige Kennenlernen trägt dazu bei."

Aber nicht nur die tschechischen Kinder, sondern auch ihre Eltern müssen freiwillig oder unfreiwillig etwas Neues lernen. Die Assistenten und Lehrer machen dabei aber zur Zeit auch negative Erfahrungen. Nachdem zum Beispiel in Stare Mesto bekannt wurde, dass Roma-Kinder in den Kindergarten gehen sollen, drohte eine Familie damit, ihr Kind vom Kita zurückzuziehen, weil die Roma angeblich Gelbsucht übertragen sollen. Erst nach Gesprächen mit diesen Eltern gelang es, den Konflikt aufzuheben und heute passiert in Stare Mesto so etwas nicht mehr.

Aber selbst die Roma-Kommunität ist sich in ihrer Vorstellung der Ausbildungsmöglichkeiten uneinig. Vor etwa einem Jahr reichten einige Roma-Vertreter dem Europäischen Parlament in Straßburg eine Klage ein, in der sie auf eine Diskriminierung bei der Chancengleichheit im tschechischen Schulsystem hingewiesen hatten. Als Hauptanliegen störte sie der Fakt, dass drei Viertel von Kindern der Sonderschulen eben Roma sind, obwohl diese wohl kaum weniger intelligent sein können als andere Kinder. Das tschechische Schulministerium reagierte auf diese Klage prompt. Es kündigte an, dass Sonderschulen in Zukunft aufgelöst werden sollen und Roma-Kinder in die üblichen Grundschulen integriert werden sollen. Statt einem zu erwartenden Einverständnis seitens der Roma-Kommunität kam es dennoch zu heftigen Protesten. Dazu nochmals Karel Holomek:

"Viele Eltern geben ihre Kinder lieber in die Sonderschulen, weil sie dort ohne Probleme vegetieren können und leichter durchkommen, es wird an sie dort kein hoher Anspruch gelegt. Dies ist natürlich ein Fehler, ein Unverständnis, ein gewisser Bildungsmangel, den wir zu überwinden versuchen, es kann aber nicht in einem Schritt gemacht werden."

Autor: Daniela Kralova
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