Aufnahmeprüfungen an Sekundarschulen in Tschechien vertiefen soziale Kluft
In Tschechien finden bald die Aufnahmeprüfungen an den weiterführenden Schulen statt. Die Konkurrenz ist dieses Jahr besonders stark. Viele Eltern haben daher für Vorbereitungskurse Geld ausgegeben. Aber nicht alle Familien können sich diese leisten.
In diesem Jahr sollen insgesamt 107.000 Kinder die Grundschulen verlassen, das sind 11.000 mehr als 2022. Im Jahr 2008 sind nämlich in Tschechien die meisten Babys in den letzten 30 Jahren zur Welt gekommen. Eine kürzlich vom Bildungsinformationszentrum EDUin durchgeführte Studie hat ergeben, dass die Kapazitäten der allgemeinbildenden Sekundarschulen nicht im Verhältnis zur Zahl der Bewerber wachsen.
Barbora Pokorná möchte am liebsten ein Gymnasium oder ein Medizin-Lyzeum besuchen. Mit der Vorbereitung hat sie bereits im September begonnen. Ihre Mutter Zuzana:
„Sie macht einen freiwilligen kostenlosen Kurs in der Grundschule. Daneben belegt sie noch einen zweiten Kurs, in dem die Prüfungstests simuliert werden. Zweimal in der Woche macht sie jeweils anderthalb Stunden Tschechisch und Mathematik. Und außerdem kommt einmal in der Woche eine Privatlehrerin zu uns nach Hause.“
Nach den Angaben der Mutter belaufen sich die Kosten für diese Vorbereitung insgesamt auf umgerechnet 500 bis 640 Euro.
Diesem aktuellen Trend folgen viele Familien. Die Schülerin Anna, die die neunte Klasse besucht, lehnt dies ab. Obwohl ihre Eltern ihr angeboten hätten, einen Kurs zu bezahlen, bereite sie sich selbst vor, sagte sie in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Sie nutzt dabei Tests aus den vergangenen Jahren, die im Internet kostenlos zur Verfügung stehen:
„Mir gefällt das System nicht, in dem Kinder mit reichen und ambitionierten Eltern die Kurse besuchen. Sie lernen den Stoff wie Roboter und bekommen dann bei der Prüfung ausreichend viele Punkte. Diejenigen, die dafür aber kein Geld haben, haben keine Chance, den Vorsprung der anderen aufzuholen, auch wenn sie noch so klug sind.“
Viele Familien können sich die Vorbereitungskurse nicht leisten. Dies verringere ihre Erfolgschancen, wie das Bildungsinformationszentrum EDUin herausgefunden hat. Vor allem Schüler aus niedrigeren sozioökonomischen Verhältnissen sind betroffen, sagt EDUin-Analyst Jan Zeman:
„Es geht darum, dass man zu einer Aufgabe, auf deren Lösung man nicht selbst gekommen ist, einen Kommentar bekommt, oder dass ein Lektor online zur Verfügung steht. Wenn man diese Instrumente nicht hat, beziehungsweise dafür kein Geld hat, sind die Schüler natürlich benachteiligt. Das Problem beruht darin, dass eben die Kinder die stärkste Unterstützung brauchen, deren Eltern nicht die entsprechende Bildung haben.“
Doch das Bildungsministerium plane vorerst keine Änderungen, sagt die Sprecherin des Ressorts, Aneta Lednová:
„Alle bisher durchgeführten Tests der einheitlichen Aufnahmeprüfung stehen kostenlos im Internet zur Verfügung. Wir bieten auch Aufgabenlisten und Webinare auf Youtube an. Zudem hat die Schulaufsichtsbehörde eine neue App zum Üben herausgebracht.“
Die Aufnahmeprüfungen zu Gymnasien, Fachschulen und anderen weiterführenden Schulen verlaufen hierzulande auf Grundlage einheitlicher Tests in Tschechisch und Mathematik, die vom staatlichen Institut Cermat erarbeitet wurden. Jeder Schüler kann sich um die Aufnahme an zwei Schulen bewerben und schreibt auch zweimal die Tests. Das bessere Ergebnis ist das entscheidende. Die Prüfungen stehen hierzulande am 13. und 14. April an.