Aufregung um eine Delegation aus Taiwan in Tschechien
Vor einem Jahr war der Senatsvorsitzende Miloš Vystrčil zu einem Besuch in Taiwan. Nun gab es die Gegen-Visite in Tschechien. Und erneut kommen drohende Töne aus Peking.
Zuerst reiste eine Wirtschaftsdelegation aus Taiwan an. Nun ist sie vom Außenminister des Inselstaates, Joseph Wu, abgelöst worden. Es ist der Gegenbesuch zur Reise des tschechischen Senatspräsidenten Miloš Vystrčil (Bürgerdemokraten) nach Taipeh, diese hatte im September vergangenen Jahres stattgefunden. Am Mittwoch empfing der Chef der oberen Parlamentskammer den Gast. Obwohl es sich damit nicht um ein Treffen auf Regierungsebene handelte, protestierte die chinesische Botschaft in Prag in einer offiziellen Stellungnahme. Unter anderem steht dort:
„Die chinesische Seite hat Nachrichten zu Aktivitäten einer sogenannten Wirtschaftsdelegation der Region Taiwan in der Tschechischen Republik erhalten und drückt ihre große Unzufriedenheit aus und eine starke Ablehnung der rücksichtslosen Anknüpfung von Beziehungen einiger tschechischer Institutionen und Amtspersonen mit den Vertretern Taiwans, was grob in die inneren Angelegenheiten Chinas eingreift.“
Peking betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz und nicht als souveränen Staat. Und das, obwohl die Insel seit 1949 innerhalb eines demokratischen Systems de facto eigenständig regiert wird. Senatspräsident Vystrčil wies die chinesische Kritik zurück:
„Wir verstoßen gegen nichts, sondern demonstrieren unsere Souveränität. Wir sind verpflichtet, uns so zu verhalten, dass wir frei bleiben, die Demokratie in anderen Teilen der Welt unterstützen und langfristig wirtschaftliche Vorteile daraus ziehen können.“
Auch der tschechische Außenminister Jakub Kulhánek zeigte Unverständnis für die scharfen Worte aus Peking. Die tschechische Regierung sei nicht in die Kontakte mit Taiwan eingebunden und vertrete weiter die Ein-China-Politik, so der Sozialdemokrat.
Dass die Volksrepublik so heftig reagiert, ist kein Zufall. Seit einigen Wochen nehmen die Spannungen zwischen China und dem Inselstaat wieder zu. So versicherte US-Präsident Joe Biden letztens, Taiwan im Falle eines militärischen Konflikts beizustehen.
Gegen Wirtschaftskontakte hat Peking eigenen Aussagen jedoch nichts einzuwenden. In diesem Zusammenhang war von Samstag bis Dienstag bereits eine Delegation von rund 50 Unternehmern und drei Ministern aus Taiwan in Tschechien. Seit 2016 treffen sich beide Seiten auf diese Weise zu Konsultationen. Diesmal wurden fünf Memoranden unterschrieben, mit denen die Zusammenarbeit vorangebracht werden soll.
„Es sind Bereiche wie erneuerbare Energien, Nanotechnologie, Weltraumtechnologie und hochentwickelte Materialien“, sagte Liang-Ruey Ke, der Leiter des Wirtschafts- und Kulturbüro Taipeh in Prag, gegenüber dem Tschechischen Fernsehen.
In Tschechien erhofft man sich von der Kooperation derzeit besonders, die Pläne einer eigenen Chip-Fabrik voranzubringen. Auch hierzulande leidet etwa die Autoindustrie unter dem Mangel an Mikrochips und Halbleitern. Pavel Diviš ist Vorsitzender der tschechisch-taiwanesischen Handelskammer. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks bestätigte er am Montag diese Hoffnung:
„Die Chips sind ein großes Thema bei dem Wirtschaftsforum wie auch in ganz Europa. Denn Taiwan hat 73 Prozent Anteil an der weltweiten Chipproduktion. Danach kommt die Firma Samsung mit 20 Prozent, und der Rest entfällt auf China. Wenn wir also die Computerchips wollen, ist Taiwan das beste Land, um sich darüber zu unterhalten.“
Die tschechische Seite habe nun zahlreiche Technikfirmen zusammengeführt, die für die eigene Chip-Produktion kooperieren müssten, so Diviš. Außerdem verwies er auf die Bedeutung taiwanesischer Investitionen in Tschechien. Seinen Aussagen nach liegen sie höher als die chinesischen.