Taiwan-Reise Vystrčils: Drohung Chinas wird von Europa zurückgewiesen

Miloš Vystrčil (Foto: ČTK/Krumphanzl Michal)

Der tschechische Senatschef Miloš Vystrčil (ODS) weilt seit Sonntag zu einem offiziellen Besuch in Taiwan. Diese Reise wird von Anfang an auch von der Volksrepublik China aus beobachtet, da sie den Inselstaat als ihre rebellierende Provinz ansieht. Entsprechend schroff reagierte Chinas Außenminister auf den Taiwan-Besuch Vystrčils. Dies löste jedoch ebenso deutliche Gegenreaktionen aus halb Europa aus.

„Ich bin ein Taiwaner.“

Mit diesen Worten beendete der Vorsitzende des tschechischen Senats, Miloš Vystrčil (ODS), am Dienstag seine Rede vor dem Parlament Taiwans. Er bezog sich dabei auf den berühmten Ausspruch des US-Präsidenten John F. Kennedy im Juni 1963 im damaligen Westberlin. Für die Rede, aber noch mehr für die Courage, dem Inselstaat einen offiziellen Besuch abzustatten, erntete der tschechische Politiker langanhaltenden Beifall der Abgeordneten.

Der Präsident des Legislativ-Yuans, wie der offizielle Name des taiwanischen Parlaments lautet, überreichte Vystrčil im Anschluss die Medaille für parlamentarische Diplomatie. Er begründete die Ehrung damit, dass Vystrčil der erste Senatschef sei, der in den zurückliegenden 45 Jahren im Parlament in Taipeh aufgetreten sei.

Miloš Vystrčil und Su Čen-čchang  (Foto: ČTK/Krumphanzl Michal)

Doch damit endeten vorerst die freundlichen Momente für den Politiker aus Prag. Auf der anschließenden Pressekonferenz musste er sich nämlich auch den kritischen Fragen einiger Journalisten stellen. Dabei wies Vystrčil die Behauptung zurück, dass er mit seinem Taiwan-Besuch die Ein-China-Politik verletzt habe:

„Meine Reise dient nicht dazu, dass ich mich jemandem gegenüber abzugrenzen habe. Ich bin hier, um den tschechischen Unternehmern bei der Knüpfung von Kontakten zu helfen und so auch zur Entwicklung unserer Wirtschaft beizutragen. Und ich bin hier, um Haltung zu zeigen. Das heißt, Tschechien als einen souveränen Staat zu präsentieren, der andere Demokratien unterstützt, mit denen wir die gleichen Werte teilen. Das ist alles.“

Heiko Maas  (Foto: ČTK/AP/Kay Nietfeld)

Dazu zählt China offenbar nicht. Denn das Reich der Mitte pocht darauf, dass alle Länder, die mit ihm Beziehungen pflegen, auch die Ein-China-Politik anerkennen. Und die besagt – nach den Vorstellungen Pekings –, dass eine Sonderverwaltungszone wie Hongkong oder eben Taiwan als ein Teil der Volksrepublik anzusehen sind. Wer dies nicht mache, müsse mit empfindlichen Sanktionen Chinas rechnen, schrieb die chinesische Tageszeitung „Global Times“. Und ein harscher Ton kam auch von höchster politischer Seite. So sagte der Außenminister Chinas Wang I bei einem offiziellen Besuch in Berlin unter anderem, dass Tschechien mit der Reise seines Senatschefs eine rote Linie überschritten habe, was Konsequenzen haben werde. Sein deutscher Gastgeber, Bundesaußenminister Heiko Maas, hielt dieser Drohung einen klaren Standpunkt entgegen:

„Ich versuche mit all meinen Gesprächspartnern deutlich zu machen, dass sie sich darauf einstellen müssen, dass Europa in Zukunft seine Interessen souveräner und selbstbewusster vertritt. Wir werden es nicht zulassen, dass wir zum Spielball einer Großmächte-Konkurrenz zwischen den USA, Russland und China werden. Wir wollen dies im Dialog mit allen tun. Und so haben wir es auch heute getan. Ich stand zum Beispiel gestern Abend im Kontakt mit meinem tschechischen Amtskollegen, wo es einem Konflikt gibt wegen eines Taiwan-Besuchs des tschechischen Senatspräsidenten. Wie wir wissen, handeln wir als Europäer in der Außen- und Sicherheitspolitik im engen Schulterschluss, und wir begegnen unseren internationalen Partnern mit Respekt. Doch wir erwarten dasselbe genauso umgekehrt, und Drohungen passen dazu nicht.“

Zuzana Čaputová | Foto: Slavomír Frešo,  CC BY-SA 4.0 DEED

So wie der deutsche Bundesaußenminister reagierten am Dienstag auch sein französischer Amtskollege oder die slowakische Präsidentin Zuzana Čaputová. Sie betonte, dass eine Drohung gegenüber einem Mitgliedsland der Europäischen Union nicht hinnehmbar sei.

Wie aber könnte die „Bestrafung“ aussehen, mit der China Tschechien für diese „offene Provokation bezahlen“ lassen will? Dazu sagte Ivana Karásková von der Organisation AMO, die seit 1997 als Verband für Internationale Fragen geführt wird:

„Reell gesehen gibt es nicht viele Möglichkeiten, wie China die Tschechische Republik politisch oder ökonomisch bestrafen könnte. Von politischer Seite betrachtet hat Tschechien mit China wenig gemeinsam. Es gibt kaum Anknüpfungspunkte, bei denen wir China als Partner bräuchten. Ganz im Gegensatz zum Beispiel zu Deutschland. Ökonomisch gesehen ist dies auch eine sehr interessante Frage, denn China hat in der Realität bisher weit weniger in Tschechien investiert als Taiwan oder als die Investoren aus anderen asiatischen Staaten wie Japan und Südkorea. Wenn also China beschließt, seine Investitionen von einem Tag auf den anderen einzustellen, dann bestraft das Land umso mehr die eigenen Firmen.“