Aufstand in Libyen: Schwarzenberg für Zurückhaltung, Klaus kritisiert Westeuropa

Schwere Unruhe in Libyen (Foto: ČTK)

Libyen scheint am Rand eines Bürgerkriegs zu stehen. In der Nacht auf Dienstag soll die Armee des nordafrikanischen Landes Bomben auf die aufständischen Zivilisten geworfen haben, am Tag eskalierte die Gewalt laut Berichten noch weiter. Doch unklar ist, wie Europa auf die Ereignisse reagieren sollte. Der autokratische Herrscher Gaddafi hatte vor Kritik gewarnt und angedroht, Libyen werde durch die Öffnung seiner Grenzen Flüchtlingsströme nach Europa auslösen. Aus Tschechien hat die politische Führung mit unterschiedlichen Stimmen reagiert.

Brutale Reaktion des libyschen Regimes auf die Demonstration  (Foto: ČTK)
Die Gewalt des libyschen Regimes verurteilen alle in Europa. Auch Prag. Am Dienstag schrieb Premier Petr Nečas, die tschechische Regierung sei „erschüttert von der brutalen Reaktion des libyschen Regimes auf die Demonstrationen der Bürger“. Das Blutvergießen an der Zivilbevölkerung sei „eine unerhörte Verletzung der Menschenrechte und habe in der zivilisierten Welt keinen Platz“, so Nečas.

Der Premier reagierte damit auch auf Spekulationen vor allem ausländischer Medien über Tschechiens Haltung zu Libyen. Diese Spekulationen hatte Außenminister Schwarzenberg entfacht. Er war am Sonntag in Brüssel beim Treffen der EU-Außenminister so interpretiert worden, dass Tschechien das Regime von Gaddafi trotz des Blutvergießens unterstütze. Daraufhin dementierte Schwarzenberg dies ausdrücklich gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Demonstranten in Libyen  (Foto: ČTK)
„Ich habe auf keinen Fall gesagt, dass ein Sturz von Gaddafi eine Katastrophe wäre. Ich halte das vielmehr für zuträglich, falls dann eine vernünftige Regierung an die Macht kommt.“

Was Schwarzenberg indes skeptisch sieht, ist eine Einmischung der EU in das Geschehen in Libyen und eine Unterstützung der dortigen Regimegegner:



Karel Schwarzenberg  (Foto: ČTK)
„Sie werden selbst am besten wissen, was sie brauchen. Wir sollten helfen, wenn wir darum gebeten werden. Wir sollten ihnen aber weder unsere Vorstellungen, noch unsere Vorschriften aufzwingen. Das würde ich für schädlich halten. Wir müssen mit ihnen einen Dialog anknüpfen, sehr aufmerksam und rücksichtsvoll zuhören und dann erst etwas unternehmen.“

Schwarzenberg schloss sich im EU-Außenministerrat einer Erklärung an, die das brutale Vorgehen des libyschen Regimes verurteilt. In der Zurückhaltung beim Vorgehen befand er sich indes in guter Gesellschaft. So konnte sich die EU nicht auf konkrete Schritte wie zum Beispiel Sanktionen einigen.

Die Lage in Nordafrika wurde am Montag auch eines der Themen bei der Pressekonferenz zum Treffen des tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus mit seinem polnischen Amtskollegen Bronisław Komorowski in Prag. Der polnische Staatspräsident merkte an, dass die EU auf die Unruhen in den arabischen Ländern nicht vorbereitet war und ist:

Bronisław Komorowski und Václav Klaus  (Foto: ČTK)
„Es fehlt eine Vision, es fehlt einfach eine Vorstellung davon, wie man auf das reagieren soll, was in der unmittelbaren Nachbarschaft geschieht.“

Der tschechische Staatspräsident Klaus konstatierte, dass die Unruhen in der arabischen Welt sowohl Chancen wie auch Gefahren bergen. Wie sehr die einzelnen Länder Diktaturen seien oder gewesen seien, ließe sich an den Reaktionen auf die Demonstrationen erkennen. In diesem Zusammenhang kritisierte Klaus die Haltung einiger EU-Staats- und Regierungschefs gegenüber Gaddafi. Ihr Verhalten habe er beim EU-Afrika-Gipfel in der libyschen Hauptstadt Tripolis im vergangenen Jahr beobachten können, so Klaus:

Muammar al-Gaddafi  (Foto: ČTK)
„Die Präsidenten oder Premierminister der Länder Mittelosteuropas haben sich gegenüber diesem Herrn als Vorsitzenden des Gipfels sehr vorsichtig und umsichtig verhalten. So freundschaftlich aber, wie einige Präsidenten und Premierminister Westeuropas mit Herrn Gaddafi umgegangen sind, werden sie wohl jetzt Probleme bekommen.“