Aus nach 160 Jahren: Tschechische Post stellt Telegrammdienst ein
Viele von Ihnen wissen wahrscheinlich gar nicht, dass es diesen Dienst heutzutage noch gibt: das Telegramm. Wer erinnert sich nicht an die Glückwunschtelegramme zum Geburtstag oder die Genesungswünsche ans Krankenbett. In Österreich zog sich die Telekom mit Ende 2005 aus dem Telegrammgeschäft zurück, die Deutsche Post verschickt Telegramme nur mehr im Inland. Nun geht auch in Tschechien eine Ära zu Ende.
1835 erfand der Amerikaner Samuel Morse den Telegraphen. Eine Technik, die bald darauf den Siegeszug um die Welt antreten und die Kommunikation revolutionieren sollte. Am 15. März 1850 wurde auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik das erste Telegramm verschickt. 160 Jahre und zwei Wochen später ist nun Schluss. Zum 31. März stellt die Tschechische Post den Telegrammdienst ein.
„In der Zeit der elektronischen Kommunikation hat diese Dienstleistung ihren Sinn verloren und die Leute nehmen sie immer weniger in Anspruch. Darum haben wir uns gemeinsam mit der Telekomgesellschaft O2 entschieden, den Telegrammdienst einzustellen“, so die Sprecherin der Tschechischen Post, Marta Selicharová.Nur noch 756 Telegramme verschickten die Tschechen im vergangenen Jahr. Kein Wunder, kostete ein einziger Satz zuletzt umgerechnet rund acht Euro. Firmen und Ämter gaben im Jahr 2009 etwa 20.000 dieser Eilnachrichten auf. Als besonders treue Stammkunden erwiesen sich die Tschechischen Bahnen (ČD) und einige Krankenhäuser, die auf diesem Weg Angehörige über den Gesundheitszustand ihrer Patienten informierten. Auch sie steigen nun wohl auf E-Mail und SMS-Kurznachrichten um. Für Empfänger ohne E-Mail-Konto bietet die Tschechische Post einen neuen Service, erklärt deren Sprecherin Selicharová:
„Als Ersatz für das Telegramm können unsere Kunden den sogenannten ‚Online-Brief’ nutzen. Sie schicken uns per E-Mail eine Nachricht und wir drucken Sie aus, stecken sie in ein Kuvert und stellen sie dem Empfänger zu.“Mit umgerechnet weniger als einem Euro ist der elektronisch aufgegebene Brief auch deutlich günstiger als das Telegramm. Ein ähnliches Angebot, bei dem man seine Nachrichten per Telefon aufgeben kann, plant auch der Telekom-Betreiber O2.
Seine Blütezeit erlebte das Telegramm hierzulande in den 1980er-Jahren. So wurden im Jahr 1985 in der Tschechoslowakei nicht weniger als 9,5 Millionen Telegramme verschickt. Damals gab es auch noch eigene Telegrammzusteller. Vom frühen Morgen bis um 23 Uhr waren sie im ganzen Land unterwegs, sieben Tage in der Woche. Zu Fuß oder im dunkelblauen Trabant. Nicht länger als eineinhalb Stunden durfte es damals dauern, bis das Telegramm beim Empfänger war. Heutzutage wird es per Telefon oder Fax übermittelt und landet einfach am nächsten Tag im Briefkasten. Am 1. April zum letzten Mal.