Aus Prachatice zu den Niagarafällen: der heilige Johann Nepomuk Neumann
Er war Missionar, Krankenseelsorger und Gründer vieler Schulen im Osten der USA. Schließlich wurde er 1852 zum Bischof von Philadelphia ernannt: Johann oder auch John Nepomuk Neumann, der zum ersten Heiligen der Vereinigten Staaten geworden ist. Er wird aber nicht nur von den amerikanischen Gläubigen verehrt, sondern auch von Tschechen und Deutschen. Denn Neumann stammte aus der kleinen Böhmerwaldstadt Prachatice / Prachatitz. Vor 200 Jahren wurde John Nepomuk Neumann geboren.
„Liebe Freunde deutscher Zunge, Verehrer des Heiligen Johann Nepomuk Neumann, wir freuen uns sehr, dass Sie gekommen sind.“
Der Bürgermeister von Prachatice, Martin Malý, erinnerte zu Beginn der Messe an einige wichtige Momente aus dem Leben von Johann Nepomuk Neumann: Geboren wurde er 1811, sein Vater kam aus Obenburg am Main in den Böhmerwald. Johann war das vierte Kind der Familie, erzählte Malý:„Er ging hier zur Schule. In Budweis und in Prag studierte er Theologie. Mit 25 Jahren verließ er Böhmen und reiste nach Amerika, wo er zum Priester geweiht wurde. Er wirkte in der Gegend von Buffalo und den Niagarafällen. Als Missionspriester gründete er in Amerika über 100 Schulen. Neumann wurde wegen seinem Fleiß und Glauben zum Bischof in Philadelphia ernannt. Seine Heimatstadt besuchte er noch einmal, als er 1853 eine Dienstreise in den Vatikan unternahm. Er starb inmitten seiner Arbeit im Jahre 1860 in Philadelphia. 1977 wurde er heiliggesprochen und bis heute wird er nicht nur von den Gläubigen sehr geachtet.“
Neumann war angeblich schon in seiner Jugend von der Idee begeistert, Missionar in Amerika zu werden. Seine Weihe wurde in Böhmen lange hinausgeschoben, weil es damals in seiner Diözese zu viele Priester gab. Darum entschied er sich schon bald, in die USA zu gehen. Er kümmerte sich dort vor allem um deutsche Einwanderer.Das Kirchenlied über den Heiligen Johann Nepomuk Neumann erklang während des Festgottesdienstes. Zelebriert wurde er vom Gast, der es von allen Anwesenden nach Prachatice am weitesten hatte. Kardinal Justin Francis Rigali ist Erzbischof von Philadelphia und achter Nachfolger Neumanns im Bischofsamt. In seiner Predigt erinnerte er daran, dass der heilige John, so Johanns englischer Name, in der Geschichte Amerikas die Rolle einer Ikone spielt. Seine Kapelle sei Bestandteil der St. Peter-Kirche in Philadelphia und Ziel vieler Pilger:
„Es ist für mich ein Segen, an den Feierlichen zum 200. Jubiläum von John Neuman in Prachatice teilzunehmen. Ich kann nun die Stadt besichtigen, in der er geboren und im Glauben erzogen wurde. Viele Menschen, die aus Böhmen und Mähren stammten, haben in mein Land auch einen starken Glauben und weitere Werte mitgebracht. Über John Neumann wird gesagt, er habe nie auf sich selbst Rücksicht genommen. Während seines kurzen Lebens hat er unheimlich viel geleistet. Hilf uns, heiliger John, die Quellen des christlichen Lebens kennenzulernen und sie hochzuschätzen!“In seine Predigt mischte der Erzbischof von Philadelphia auch einige tschechische Sätze, wofür er großen Beifall erntete. Er zeigte sich tief beeindruckt von der Atmosphäre auf dem historischen Marktplatz in Prachatice, wie er nach der Messe gegenüber Radio Prag verriet:
„Es ist hier zu sehen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Diözesen, dem hiesigen Bischof, dem Bürgermeister und der Stadtverwaltung sehr gut klappt. Es war einfach wunderbar, die Stimmung war großartig. Für die Bewohner von Prachatice, aber nicht nur für sie natürlich, wurde damit viel gemacht. Ich kann nur gratulieren.“Das Werk von Johann Nepomuk Neumann hält Kardinal Rigali auch heute noch für inspirierend:
„Er war mein Vorgänger im Bischofsamt in Philadelphia und hatte damals eine sehr schwierige Aufgabe. Er war ein sehr guter, netter und sensibler Mensch, der sich Gedanken über die geistlichen, aber auch materiellen Bedürfnisse der Leute gemacht hat. Um ihnen dienen zu können, nutzte er all sein Talent. Als er in die USA kam, lernte er noch einige weitere Sprachen. Zum Beispiel auch Irisch, weil er oft mit Einwanderern aus Irland in Kontakt kam, die kein Englisch sprachen. Er hat sich für auch für die Indianer stark eingesetzt. Obwohl er vor 200 Jahren geboren wurde, ist er bis heute ein sehr gutes Beispiel für einen Menschen, der durch den Glauben inspiriert wurde, anderen zu dienen.“
Als Johann Nepomuk Neumann 1977 heilig gesprochen wurde, ließ das kommunistische Regime nur ganz wenige Tschechen nach Rom reisen. Der heutige Bischof von Budweis, Jiří Paďour, hatte damals das Glück, unter ihnen zu sein:„Es war für mich die erste Möglichkeit, so etwas zu erleben. Über Johann Nepomuk Neumann habe ich eigentlich damals nicht viel gewusst. Ich habe dort etwa 10.000 Amerikaner gesehen, die sehr einfach und bescheiden gebetet haben. Das hat mir Amerika in einem anderen Licht gezeigt, als ich es damals - vermittelt aus der Politik und Kultur - gekannt habe. Als junger Priester habe ich dann immer mehr Neumanns Faszination für Christus verstanden. Er war imstande, diese Faszination anderen mitzuteilen, auch wenn er sehr große – auch sprachliche - Probleme hatte. Ich meine, dass wir uns heute in einer ähnlichen Situation befinden: Auch wir müssen nach Wegen suchen.“
Unter den Geistlichen, die an den Feierlichkeiten in Prachatice teilnahmen, war auch der Kanonikus Anton Otte. Auf die Frage, inwieweit der heilige Johann Nepomuk Neumann unter den deutschen Gläubigen bekannt ist, antwortete er:„Ich denke, dass er unter den deutschen Gläubigen außer Diözese Passau und vielleicht Regensburg wenig bekannt ist. Er ist im allgemeinen Kalender eingetragen, am 5. Januar wird sein Feiertag begangen. Unter den Sudetendeutschen ist es aber anders. Ich bin mit der Persönlichkeit von Johann Nepomuk Neumann in den 1960er Jahren vertraut geworden, als ich in Königstein Theologie studierte. Damals ging es um die Seligsprechung. Von den Seelsorgern wurde ist unter den Sudetendeutschen damals viel gemacht worden. In den ´Königsteiner Rufen´ oder in den Mitteilungsblättern des Sudetendeutschen Priesterwerks wird immer wieder an Neumann erinnert. Es sind auch Wallfahrten nach Philadelphia gemacht worden. Unter den sudetendeutschen Katholiken ist er nicht unbekannt.“
Unter den Tschechen war Neumann fast unbekannt. Aber 1977 fand in Prachatice anlässlich der Heiligsprechung ein großes Fest statt.„Das habe ich damals in Deutschland nicht bekommen. Aber es wurde damals eine große sudetendeutsche Wallfahrt nach Rom organisiert.“
Was finden Sie an seinem Leben besonders bewundernswert?
„Was mich sehr beeindruckt hat, war die Tatsache, dass er seiner Berufung nachgelaufen ist. Hier wurde seine Priesterweihe hinausgeschoben, da ist er in die Welt gegangen. Da ich selber lange im Schuldienst gearbeitet habe, schätze ich Neumanns Verdienste um das Schulwesen in den USA sehr hoch.“
In Prachatice und der Umgebung gibt es gleich mehrere Orte, die mit Johann Nepomuk Neumanns Tätigkeit verbunden sind. Bürgermeister Martin Malý:
„Den Pilgern oder Touristen, die sich für Neumanns Spuren interessieren, würde ich zuerst einen Besuch des Hospizes empfehlen. Es wurde in dem Haus eingerichtet, das einst der Familie Neumann gehörte. Das Hospiz trägt den Namen von Johann Nepomuk Neumann. In diesem Haus wuchs Neumann auf. Auf dem Friedhof in Staré Prachatice findet man das Grab von Neumanns Eltern. Aber vor allem darf man die Jakobskirche nicht vergessen. Eine der Seitenkapellen ist Neumann geweiht. Er hat diese Kirche regelmäßig besucht. Er ging in Prachatice zur Schule, deswegen ist eigentlich das ganze historische Stadtzentrum mit ihm irgendwie verbunden.“ In der nicht weit entfernten Gemeinde Chroboly wurde vor kurzem eine Marienkapelle wieder in Stand gesetzt, die Neumann auch einst besucht hatte. Und auf der bayerischen Seite des Dreisesselbergs gibt es seit 1980 eine Johann-Nepomuk-Neumann-Kapelle.