Aus Trutnov nach Amazonien: Kartograf Samuel Fritz
Der Jesuitenpater Samuel Fritz (1654-1725) hat sich vor allem als hervorragender Kartograf einen Namen gemacht. So hat er als erster den Amazonas mit seinen Zuflüssen beschrieben. Vor kurzem fand in der peruanischen Hauptstadt Lima ein Seminar über den böhmischen Missionar statt. Mit dabei waren auch Vertreter der Prager Karlsuniversität: Unter ihnen war auch die Leiterin des Ibero-Amerikanischen Instituts Simona Binková. Sie befasst sich mit der Geschichte der tschechisch-lateinamerikanischen Beziehungen. Ihr Schwerpunkt liegt vor allem auf dem 16. bis 18. Jahrhundert.
„Es gab eigentlich zwei Anlässe: Erstens hatten wir in Lima ein Kolloquium mit dortigen Historikern sowie peruanischen und ecuadorianischen Mitgliedern des Jesuitenorden. Danach habe ich mit meinem Kollegen von der Karlsuniversität, dem Naturwissenschaftsprofessor Bohumír Janský, eine der Städte besucht, die am Amazonas-Zufluss Huallaga liegt. Dort hat Samuel Fritz im 17. Jahrhundert eine der vielen Missionen gegründet. Die Stadt Yurimaguas wollte irgendwie an Samuel Fritz erinnern und ließ darum seine Büste errichten. Initiator war der tschechische Botschafter in Peru, Pavel Bechný, der von der Persönlichkeit Samuel Fritz ganz begeistert ist. Dank ihm und mehreren Sponsoren konnte die Idee für ein Fritz-Denkmal in die Tat umgesetzt werden. Sehr geholfen hat dabei auch der Bürgermeister der Stadt.“
Fritz war ja ein Deutschböhme aus der Stadt Trutnov / Trautenau, studiert hat er an der Karlsuniversität in Prag. Wie kam er aber nach Südamerika?
„Die ganze Reise von Böhmen in das Amazonas-Gebiet dauerte zwei Jahre lang.“
„Im 17. und 18. Jahrhundert gab es viele Jesuiten, die sich nach Übersee begaben um mit den dortigen Indianern zu arbeiten. Samuel Fritz war einer von ihnen, die für diese Aufgabe ausgesucht wurden. Es handelte sich damals um die Elite des Jesuitenordens. Fritz musste sich zuerst in Rom bewerben und kam danach nach Spanien, nachdem seine Entsendung bewilligt wurde. Erst lernte er in Sevilla mehrere Monate lang Spanisch und reiste danach mit seinem Kollegen Heinrich Richter über den Atlantik nach Peru. Ihre Reise war recht abenteuerlich und außergewöhnlich. Denn normalerweise reiste man damals über Panama nach Peru. Die beiden Jesuiten reisten aber vom Hafen Cartagena de Indias, heute in Kolumbien, Hunderte Kilometer auf dem Fluss Magdalena weiter in Richtung Süden. Sie mussten danach zu Fuß oder mit Maultieren die Anden überwinden und trafen schließlich in Quito ein, der heutigen Hauptstadt von Ecuador. Von dort aus mussten sie noch Hunderte Kilometer durch das Flussnetz des Amazonas-Oberlaufs zurücklegen, um die Missionen zu erreichen. Die ganze Reise von Böhmen in das Amazonas-Gebiet dauerte zwei Jahre lang.“
Fritz kam also vor genau 333 Jahren nach Peru?„Ja, das stimmt.“
Wie hat sich Fritz auf seine Arbeit in Peru vorbereitet? Hat er vielleicht neben der Theologie auch Naturwissenschaften studiert?
„Obligatorisch war das Noviziat im Orden, vorher oder nachher die Philosophische Fakultät und natürlich die Theologie. Er wurde zum Priester geweiht, bevor er seine große Reise unternahm. Von den Naturwissenschaften hat man nicht viel studiert, aber die Mathematik schon. Ich habe bis heute nicht erfahren, woher seine Kenntnisse im Bereich Kartografie stammen. Man vermutet, dass die Mathematik die Hauptdisziplin war, um sich in der Kartografie auszukennen.“
Worin bestehen seine größten Verdienste auf dem Gebiet der Kartografie?
„Die Portugiesen hielten ihn jedoch für einen spanischen Spion und haben ihn bis nach Belém (Pará) in Brasilien mitgenommen. Dort wurde er für mehr als anderthalb Jahre eingesperrt, nicht im Gefängnis, sondern in einem Kloster.“
„Es hängt alles zusammen. Er war in der Gegend am Oberlauf des Marañon tätig. Fritz erkrankte dort und musste Hilfe suchen. Darum reiste er gemeinsam mit Indios in einem Boot stromabwärts bis zur Grenze der portugiesischen Gebiete. Die Portugiesen hielten ihn jedoch für einen spanischen Spion und haben ihn bis nach Belém (Pará) in Brasilien mitgenommen. Dort wurde er für mehr als anderthalb Jahre eingesperrt, nicht im Gefängnis, sondern in einem Kloster. Erst dann durfte er wieder in seine Missionen zurückkehren. Während der beiden Reisen beobachtete er, obwohl er ja krank war, den Fluss und alle Zuflüsse genau. Damals entstand sein erster Entwurf für eine Landkarte des ganzen Amazonas, den er später noch verbesserte. 1707 wurde eine ausgebesserte Karte des Flussnetzes in Quito gedruckt.“
Aus welchen Quellen weiß man über seine Arbeit? Sind seine Handschriften erhalten geblieben?
„Ja, schon. Mehr über seine Reise kennen wir aus Briefen, die er sowohl aus Spanien, als auch aus Lateinamerika in die böhmische Ordensprovinz schickte. Zudem gibt es ein Tagebuch von ihm, in dem einige Jahrzehnte seines Lebens beschrieben sind. Im Archiv in Quito wird ein Exemplar seiner gedruckten Amazonas-Karte aufbewahrt. Ein weiteres Exemplar gibt es auch im Nationalarchiv und der Bibliothek in Paris. In Quito befinden sich außerdem Briefe, die noch nicht bearbeitet worden sind.“Kann man sagen, dass Fritz der erste war, der den Amazonas samt seiner Zuflüsse beschrieben hat?
„Er war bestimmt nicht der erste Mensch, der durch diese Region gereist war. Vor ihm waren dort schon die Konquistadoren. Aber er hat ein viel größeres Gebiet bereist und kennengelernt als die Spanier. Bei seinen weiteren Reisen nach Lima und zweimal nach Quito erforschte er auch den Oberlauf des Amazonas und hat die Flussquelle fast gefunden. Obwohl im 20. Jahrhundert mehrere Expeditionen organisiert wurden, die sie dann genauer bestimmten. Auch tschechische Forscher haben daran teilgenommen.“
Ist bekannt, welche Sprachen Samuel Fritz gesprochen hat? Sicher hat er auch einige der Indianersprachen gelernt…
„Als er zu den Indianern kam, musste er auch deren Sprachen lernen. Wir wissen, dass er den wichtigsten Wortschatz einiger Indianersprachen zusammengetragen und notiert hat.“
„Bestimmt. In der böhmischen Jesuitenprovinz war es üblich, lateinisch zu sprechen. Aber in den spanischen Gebieten war es anders – dort musste er wirklich gut Spanisch beherrschen. Als er zu den Indianern kam, musste er auch deren Sprachen lernen. Dies war umso schwieriger, da es keine Wörterbücher gab. Wir wissen, dass er den wichtigsten Wortschatz einiger Indianersprachen zusammengetragen und notiert hat. Davon wissen wir aus der Korrespondenz. Zudem ist bekannt, dass er ein geschickter Tischler und ein tüchtiger Bildhauer war, der mit Holz arbeiten konnte. Er hat mehrere Holzkirchen gebaut, wie sie im Amazonas-Gebiet üblich sind.“
Wie viele Jahre hat er in Südamerika verbracht?
„Er hatte das Glück, dass er in einer guten physischen Verfassung war. Er lebte 40 Jahre lang in den Missionen. Fritz war eine bewundernswerte Persönlichkeit auch was seine intellektuellen Fähigkeiten anbelangt.“
In der Stadt Yurimaguas wurde eine Büste von Samuel Fritz enthüllt. Weiß man aber eigentlich, wie er ausgesehen hat?„Ehrlich gesagt, man weiß es nicht. Damals war es nicht üblich, Mitglieder des Jesuitenordens zu porträtieren. Aber es gibt schriftliche Berichte von Zeitzeugen, die ihn als einen hohen, kräftigen Mann mit Bart beschrieben haben, der wahrscheinlich rothaarig war. Die heutige Büste geht ungefähr von diesen Zeugnissen aus.“
Der Initiator der Skulptur war der tschechische Botschafter in Lima, Pavel Bechný. Wer war der Bildhauer?
„Die Büste schuf der peruanische Bildhauer Camulfo Vivanco. Man kann es so sehen, dass es die Vorstellung der Peruaner über den Missionar Samuel Fritz ist.“
In Tschechien ist Samuel Fritz nicht sehr bekannt. Kennt man ihn in Lateinamerika, vor allem in der Region, wo er Jahre lang gelebt hat?
„In den Fachkreisen in Peru und in Ecuador ist er als Kartograf sehr bekannt, ansonsten aber nicht so sehr. In der Region, wo er tätig war, gibt es viele Historiker und Priester, die seine Arbeit sehr schätzen und deren Bedeutung unter den Bewohnern der fast vierzig ursprünglichen Missionen verbreiten.“
Gab es anlässlich der Enthüllung des Samuel-Fritz-Denkmals ein Fest in Yurimaguas?
„Natürlich. Für die Stadt war das ein wichtiger Tag. Es gab ein feierliches Treffen, bei dem der Bürgermeister, die dortigen Historiker sowie die Vertreter Tschechiens Reden über die Bedeutung von Samuel Fritz gehalten haben.“