Ausbildung an der Nähmaschine: NGO in Prag verhilft geflüchteten Frauen aus Afghanistan zu Arbeit

Vor drei Jahren sind die Taliban in Afghanistan wieder an die Macht gekommen. Mittlerweile hat sich besonders die Lage für Frauen und Mädchen dort extrem verschlechtert. Dies betrifft Meinungsäußerung, Freiheit, Arbeit und Bildung, und Gewalt gegen die Bewohnerinnen des Landes ist an der Tagesordnung. Auch deswegen sind zahlreiche Frauen geflohen. In Tschechien verhilft eine NGO einigen von ihnen trotz mangelnder Sprachkenntnisse zu Arbeit. 

Ein Arbeitsraum im Zentrum Prags, nur wenige Schritte vom Wenzelsplatz entfernt. Er gehört zur Behindertenwerkstatt „Inspirace“ (Inspiration). Jede Menge bunte Stoffe liegen hier herum. Doch an den Nähmaschinen sitzen nicht Menschen mit Handicap, sondern fünf geflüchtete Frauen aus Afghanistan. Sie stellen gerade grüne Küchenschürzen her.

„Mir gefällt es hier gut. Alle sind wirklich lieb. Ich bin glücklich, unter Menschen zu sein“, sagt Sara.

Sie lebt zusammen mit ihrem Mann und fünf Kindern in Tschechien. Sara gehört zu einer Gruppe afghanischer Frauen, die zusammen mit ihren Männern oder Söhnen hierher flüchten konnten, weil diese für die tschechische Armee gearbeitet hatten. Das ist nun drei Jahre her, als die Taliban Mitte August 2021 erneut die Macht in ihrer Heimat übernahmen. Seitdem sind die Rechte von Frauen dort extrem eingeschränkt worden.

Manche haben aber auch schon vorher erlebt, wie restriktiv die Gesellschaft in dem mittelasiatischen Land ist. Sharifa etwa war in ihrem eigenen Salon als Friseurin tätig. Ihren Laden musste sie aber schließen, weil ihr Mann die Arbeit als nicht geeignet für eine Frau fand.

In der Werkstatt lernen Sara, Sharifa und ihre drei Kolleginnen nun nähen. Im Rahmen des Projekts sollen sie sich demnächst auch eigene Nähmaschinen anschaffen und qualifiziert werden, selbst Aufträge annehmen zu können. Zuzana Černá bringt ihnen daher die wichtigsten Begriffe im Tschechischen bei:

„Es geht darum, dass die Frauen, die bereits eine Nähmaschine bedienen können, sich ebenso die tschechische Terminologie aneignen. Wenn eine Bestellung hereinkommt, sollten sie verstehen, was zu tun ist. Hinzu kommt, dass sie sich mit unseren breiteren Schnitten vertraut machen.“

Hinter dem Programm steht der tschechische Veteranenverein Vlčí máky, auf Deutsch Klatschmohn. Geplant ist, dass die afghanischen Frauen zunächst konkrete Stücke anfertigen.

„Unser Projekt heißt ‚Easy Shorts‘. In seinem Rahmen sollen kurze Hosen für Menschen mit Behinderung entstehen. Dazu braucht es einen speziellen Schnitt, den wir derzeit den Frauen aus Afghanistan beibringen“, sagt die Gründerin von Vlčí máky, Miroslava Pašková.

Für die Geflüchteten ist der Start ins Arbeitsleben hierzulande jedoch schwer. Einige von ihnen sind schon zu Zeiten der ersten Taliban-Herrschaft in den 1990er Jahren aufgewachsen. Dadurch haben sie keine ausreichende Schul- oder Ausbildung erhalten. Aber auch allgemein sei die Lage für Geflüchtete auf dem tschechischen Arbeitsmarkt sehr unvorteilhaft, gesteht Pašková:

Miroslava Pašková | Foto: YouTube

„Wenn sie nach Arbeit suchen, werden ihnen meist nur Gelegenheitsjobs angeboten, ohne geregelten Arbeitsvertrag. Und wenn es doch einen Vertrag gibt, liegt die Bezahlung auf dem Niveau des Mindestlohns.“

Laut der Vereinsgründerin dient das Projekt auch dazu, den Frauen aus Afghanistan wieder zu Selbstbewusstsein zu verhelfen.

Autoren: Till Janzer , Adéla Burešová
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