Ausstellung "Prag-Wien" wurde im Palais Clam-Gallas eröffnet

Dr. Olga Mojzisova

"Prag - Wien. Zwei europäische Metropolen im Laufe der Jahrhunderte" hieß die Ausstellung, die voriges Jahr von der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien veranstaltet wurde. Seit dem vergangenen Montag kann man eine gleichnamige Ausstellung in Prag besichtigen. Mehr erfahren Sie im folgenden Spaziergang durch Prag von Martina Schneibergova und Lothar Martin.

Vaclav Ledvinka
In den Räumlichkeiten des Archivs der Hauptstadt Prag im Palais Clam-Gallas kann man seit dem vergangenen Montag die Ausstellung mit dem Titel "Prag - Wien" besichtigen. Sie dokumentiert die tschechisch-österreichischen Beziehungen vom 13. bis zum 20. Jahrhundert, und sie knüpft an eine gleichnamige Ausstellung an, die voriges Jahr in Wien organisiert wurde. Für die tschechische Seite sind an der Ausstellung das Nationalmuseum, die Nationalbibliothek und das Archiv der Hauptstadt Prag beteiligt. Dessen Leiter Vaclav Ledvinka ist Kurator der Prager Ausstellung. Ursprünglich dachten die Prager Organisatoren daran, die Wiener Ausstellung so zu übernehmen, wie sie installiert wurde. Es zeigte sich jedoch, dass bestimmte wertvolle Exponate nicht so lange ausgestellt werden können. Außerdem unterscheidet sich Ledvinka zufolge die Prager Perspektive doch einigermaßen von der Wiener Perspektive, was die Bewertung bestimmter historischer Ereignisse betrifft.

"Die Lage bei den Vorbereitungen entwickelte sich und die Zahl der aus Prag geliehenen Exponate ist während der Vorbereitungen der Ausstellung ständig gewachsen. Im Endergebnis stammen ungefähr die Hälfte der Exponate aus Prag und die andere Hälfte aus Wien. Vom Wiener Teil der Ausstellung, den wir für den Ausgangspunkt hielten, sind vor allem die gotischen illuminierten Handschriften des Königs Wenzel IV. sowie die Handschriften aus den Kreisen des königlichen Hofs in Prag zu erwähnen."

Eisenbahnkarte
Die tschechische Seite knüpft daran an und zeigt vor allem die Handschriften der so genannten 'Wiener Schule', die diese Tradition im 15. Jahrhundert weiter entwickelte. Dies ist der eine Schlüsselpunkt der Ausstellung.

"Der andere betrifft die Zeitetappe, in der die habsburgische Donaumonarchie entstand und Ferdinand I. zum böhmischen König gekrönt wurde. Für zwei Generationen stellte Prag dann die Hauptstadt des Römischen Reiches dar. In der Ausstellung sehen wir Dokumente zum Prag Rudolfs II., die die wissenschaftliche und die konfessionelle Seite der Zeit beschreiben. Nach 1620 zeigen die Wiener in der Ausstellung, welche Pragensien in der Zeit des tiefen Absolutismus in Wien zu finden sind. Die Residenzstadt war Wien. Dies wird an Beispielen von einigen Drucken und einigen Produkten des Kunstgewerbes gezeigt. Wir präsentieren hier z. B. die Ausstattung der Adeligenhaushalte, die Wiener Herkunft war."

Dieser Teil der Ausstellung endet mit dem Jahr 1848, danach ist die Ausstellung nicht mehr chronologisch gegliedert, sondern sie hat einen musikalischen und einen literarischen Teil. In dem Teil, der sich mit dem Theaterschaffen beschäftigt, gibt es Exponate, die unmittelbar mit dem Palais Clam-Gallas zusammenhängen:

"In der Ausstellung wird auch dem Theatergeschehen Aufmerksamkeit geschenkt. Es werden u. a. Skizzen für Kostümentwürfe für die Theatervorstellung "Maria Stuart" gezeigt, die vom Theater im Palais Clam-Gallas aufgeführt wurde. Es handelt sich um Kostüme, die die Adeligendarsteller trugen, als sie hier in diesen Räumlichkeiten Theater spielten."

Den Schwerpunkt des literarischen Teils der Ausstellung stellen die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert sowie die Zeitetappe zwischen den beiden Weltkriegen dar. Präsentiert wird vor allem die Prager deutschsprachige Literatur:

Gustav Mehring: Golem
"Zu sehen sind Handschriften von Karl Kraus, Franz Werfel und Rainer Maria Rilke. Man findet hier auch den Totenschein von Franz Kafka. Es wird außerdem auf die Tätigkeit des Dichters Josef Svatopluk Machar in Wien hingewiesen. Der literarische Teil endet mit der berühmten Konferenz über Franz Kafka, die von Professor Eduard Goldstücker 1963 in Liblice organisiert wurde und mit der Franz Kafkas Stellung in der modernen europäischen Kultur gefestigt wurde. Es ist interessant, dass wir diese Konferenz anhand von Notizen dokumentieren, die sich der berühmte österreichische Philosoph Ernst Fischer über diese Konferenz gemacht hat."

Dr. Olga Mojzísová
Durch den musikalischen Teil der Ausstellung führte mich die Leiterin des Bedrich Smetana-Museums in Prag, Dr. Olga Mojzísová, die sich an den Vorbereitungen der Ausstellung beteiligte:

Kostüm aus der Aufführung der Verkauften Braut in Wien
"Hier werden nicht nur Exponate aus dem Tschechischen Museum für Musik präsentiert, sondern auch aus der Tschechischen Nationalbibliothek und der Österreichischen Nationalbibliothek. Die ältesten Exponate stammen aus dem 18. Jahrhundert und sie dokumentieren die Krönungsfeierlichkeiten von 1723, als Kaiser Karl VI. zum tschechischen König gekrönt wurde. Es handelt sich um eine Abschrift der Krönungsoper von Johann Joseph Fuchs ´Constanza e fortezza´ und auch die wunderschönen Kupferstiche, die Szenen aus dieser Aufführung zeigen. Man findet hier auch Dokumente zu Mozarts Besuchen in Prag - die Klavierbearbeitung seiner Oper ´Figaros Hochzeit´, den Klavierauszug der Oper ´Don Giovanni´, der im selben Jahr von Johann Baptist Kuchar zusammengestellt wurde, den ersten Druck von Mozarts Krönungsoper ´La clemenza die Tito´ und das Libretto, das im Jahre der Krönung in Prag herausgegeben wurde. Zu den wichtigsten Exponaten gehört auch ein Autograph von Ludwig van Beethoven. Die Komposition entstand im Jahre 1796 in Prag und sie wurde der Komtess Josephine Clary gewidmet. In der Ausstellung findet man außerdem auch Wiener Drucke von Kompositionen tschechischer Komponisten, die in Wien lebten und wirkten. Aus Prag stammte auch der bedeutendste Wiener Musikkritiker des 19. Jahrhunderts Eduard Hanslick. Zu sehen ist hier des Weiteren die Originalpartitur der Triumphalsinfonie von Bedrich Smetana, die in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts entstand, und zwar anlässlich der Vermählung des Kaisers Franz Josef. Ein Druck vom Streichquartett von Antonín Dvorák dokumentiert dessen gute Beziehungen zum großen österreichischen Komponisten Johannes Brahms. Ausgestellt sind auch die ersten Theaterplakate zur ersten feierlichen Eröffnung des Nationaltheaters in Prag unter Teilnahme von Erzherzog Rudolf und einige schöne Bühnenentwürfe für das Nationaltheater aus dem Wiener Bühnenbildatelier Brioschi-Burghardt-Kautsky. Für das Nationaltheater war die erste Musik- und Theaterausstellung im Jahre 1892 in Wien wichtig. Dies bedeutete einen großen Erfolg für das Nationaltheater und insbesondere für Smetanas Oper ´Die verkaufte Braut´. Man kann hier ein Kostüm aus dieser Aufführung in Wien bewundern."

Wusste man unter der musikinteressierten Öffentlichkeit von diesem ausgestellten Autographen von Ludwig van Beethoven?

"Ich meine, dass die musikinteressierte Öffentlichkeit schon davon gewusst hat. Aber die Besuche Beethovens in Prag stehen manchmal im Schatten von Mozarts Besuchen in Prag."

Damit sind wir, liebe Hörerinnen und Hörer, fast am Ende des heutigen Spaziergangs angelangt, in dem wir Sie durch die Ausstellung "Prag-Wien" geführt haben. Die Ausstellung ist im Palais Clam-Gallas bis 9. Januar 2005 zu sehen. Näheres über die Ausstellung können Sie unter http://www.praha-viden.cz erfahren.

In der Ausstellung war u. a. über Mozarts Besuche in Prag die Rede. Falls Sie wissen, wo sich die Prager Mozart-Gedenkstätte befindet, können Sie es uns schreiben, denn das ist auch die heutige Quizfrage. Ihre Antworten richten Sie bitte an Radio Prag, Vinohradská 12, PLZ 120 99 Prag 2.

In der letzten Ausgabe des Spaziergangs im September fragten wir Sie nach dem heutigen Namen der einstigen Ferdinandstraße. Sie heißt heute Narodni, also Nationalstraße. Ein Souvenir aus Prag geht diesmal an Wilfried Pieper aus Dortmund.

Foto: Martina Schneibergova