Autobahn D8 soll mit Antiöko- und Billigvariante zu Ende gebaut werden

Auch in Tschechien hat der Frühling allmählich Einzug gehalten und mit ihm nimmt der Verkehr auf den Autobahnen und Landstraßen noch weiter zu. Durch den seit dem EU-Beitritt des Landes enorm gestiegenen LKW-Transitverkehr ist die Situation auf den Hauptadern mittlerweile schon unerträglich geworden, so dass die Stimmen der Fürsprecher für einen verstärkten Autobahnbau immer lauter werden. Leider gehen diese Bauvorhaben oft ziemlich rigoros zu Lasten der Umwelt, da die sich am schnellsten und kostengünstigsten zu bauenden Autobahnteilstücke am besten auf einem noch unberührten Stück Natur verwirklichen lassen. Warum die Umweltschützer weiter ins Hintertreffen geraten, dazu mehr von Lothar Martin.

Die Vorgehensweise der tschechischen Straßen- und Autobahndirektion bei der Realisierung von Straßenprojekten hat Methode: Ausgehend von der Notwendigkeit, die unbestritten ist, von Prag aus in alle Himmelsrichtungen ein Netz von Autobahnen und Schnellstraßen zu errichten bzw. zu erweitern, wird auf landschaftlich unproblematischen Abschnitten damit begonnen, den Bau eines solchen Projektes umzusetzen. Wenn dann die Hälfte oder mehr einer solchen Verbindung fertig gestellt ist und es daran geht, die mit erhöhten Umweltauflagen verbundenen Teilstücke zu realisieren, ist das Geschrei groß, wenn sich die eine ökologisch ungünstige Variante kritisierenden Umweltschützer gegen diese sträuben und sich unter Androhung von Klagen sozusagen querlegen. Ein solcher "Evergreen" ist die im Bau befindliche Autobahn D8 von Prag zur sächsischen Grenze, bei der vor kurzem eine richtungsweisende Entscheidung darüber fiel, mit welcher Streckenführung der noch ausstehende, etwas über 16 Kilometer lange Autobahnabschnitt durch das Böhmische Mittelgebirge durchgesetzt werden soll. Der von der Verwaltung des zuständigen Landkreises Usti nad Labem/Aussig gefällte Beschluss fiel erwartet aus: Für die kürzere und billigere, weil vorzugsweise an der Oberfläche sichtbare Streckenführung und gegen die von den Umweltschützern gewünschte Variante mit einem längeren Tunnelabschnitt. Kein Wunder, dass der Landkreisvorsitzende Jiri Sulc nach der Abstimmung zufrieden konstatieren konnte:

Illustrationsfoto: Jana Šustová,  Radio Prague International
"Ich hoffe, dass wir den Erfolg im Jahr 2007 sehen, wenn die Straßen- und Autobahndirektion den Baubeginn absegnet und dieser Abschnitt dann im Jahr 2008 fertig gestellt ist. In diesem Sinne habe ich auch die Ökologen ersucht, die Direktion die Autobahn in dieser Form zum möglichst schnellsten Termin realisieren zu lassen. Sie haben es also in der Hand, jene zwei Organisationen, die außerhalb unseres Wirkungsbereichs agieren."

Die Umweltschützer wollen sich nach der erneuten "Ohrfeige" nun auf die Kontrolle der Einhaltung der Gesetze konzentrieren und auch die Genehmigungsverfahren weiterhin überwachen. Ihre eingereichten Klagen werden sie vorerst nicht zurückziehen, wie der Chef der Organisation "Deti zeme" (Kinder der Erde), Miroslav Patrik verlautbarte:

"Die eingereichten Klagen behalten ihre Gültigkeit, von den ursprünglich sechs wurde eine abgewiesen, also bleiben noch fünf. Wenn sich eine weitere Klage ergeben sollte, wird darüber befunden, ob es Sinn macht, diese hinzuzufügen."

Patrik weiß wovon er spricht, denn die für mache Städte und Gemeinden bereits unerträglich gewordene Verkehrssituation lässt die betroffenen Orte immer mehr zu Fürsprechern eines beschleunigten Autobahnbaues werden, wenn ihre Lokalität dadurch endlich aus dem Teufelskreis von Lärm, Schmutz und erhöhter Unfallgefahr herauskommt. Wie die nordböhmische, an der stark frequentierten Transitverbindung E55 gelegene Stadt Dubi, deren Bürgermeisterin Ilona Smitkova versicherte, dass trotz der für die Einwohner positiven Entscheidung von Aussig der Kampf gegen den Lkw-Verkehr noch nicht zu Ende sei:

"Mit diesem Beschluss ist das Problem für uns noch nicht aus der Welt. Auch wenn alles gut laufen und die Autobahn im Jahr 2008 in Betrieb genommen wird, so müssen wir bis dahin weiter am Drücker bleiben und die Situation bei uns lösen. Denn wie der Verkehr hier zurzeit zunimmt, ist er für uns nicht mehr zu ertragen."