Bauernproteste, Israel, Kernenergie: Premier Fiala im Gespräch

Petr Fiala

Sollte die tschechische Regierung den Forderungen der Landwirte nachkommen? Warum will Tschechien gleich vier neue Reaktorblöcke statt einem in seinen Atomkraftwerken bauen? Und muss die israelische Regierung nicht für die Tötung von Zivilisten im Gazastreifen kritisiert werden? Das sind Fragen, auf die der tschechische Premier Petr Fiala (Bürgerdemokraten) in einem Interview für die Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks geantwortet hat.

Foto: Štěpánka Budková,  Radio Prague International

Europaweit demonstrieren Bauern gegen die Politik Brüssels. Auch Tschechien ist in dieser Woche von den Protesten der Landwirte betroffen. Obwohl er diese Art der Unmutsäußerung nicht begrüße, könne er einige der Gründe für die Proteste gut verstehen, sagt Premier Fiala zu der Straßenblockade in Prag am Montag. Einerseits habe man viele Subventionsmöglichkeiten für die Bauern in Europa geschaffen, andererseits habe man begonnen, die Landwirtschaft in erheblichem Maße zu regulieren, so der Premier:

„Es gibt unheimlich viel Bürokratie, und neuerdings werden auch strengere Anforderungen aufgrund der Umweltpolitik und der Klimaziele an die Landwirte gestellt. Auf der anderen Seite wurde vielen anderen Regionen der Welt ermöglicht, Europa mit Produkten zu beliefern, die ohne die strengen Vorschriften produziert werden. Die europäischen Landwirte sind also plötzlich nicht mehr wettbewerbsfähig, trotz des ganzen Subventionssystems. Und das ist einfach falsch.“

Eines der Dinge, die er auf der Ebene der europäischen Institutionen immer wieder zu betonen versucht habe, sei:

„Wir dürfen uns nicht solche Ziele setzen, die unsere Wettbewerbsfähigkeit mindern. Dann zahlen wir alle den Preis dafür.“

Die protestierenden Bauern haben den Rückzug aus dem Green Deal gefordert. Dieser könne nicht abgeschafft werden, sagt Fiala. Aber es sei vernünftig, die umweltpolitischen Anforderungen an die Landwirte anzupassen, damit der Green Deal überhaupt funktionieren könne, so der Regierungschef weiter.

In zwei öffentlichen Petitionen ist in jüngster Zeit die offizielle Haltung Tschechiens zu Israel kommentiert worden. Die eine kritisierte die Regierung wegen ihrer uneingeschränkten Unterstützung Israels und wies auf die vielen zivilen Opfer im Gazastreifen hin, mit der anderen wurde die Haltung der Regierung gestützt. Premier Fiala:

Petr Fiala | Foto: René Volfík,  iROZHLAS.cz

„Zwar befindet sich die Tschechische Republik mit ihrer Haltung in den internationalen Diskussionen zu diesem Thema manchmal in der Minderheit, doch sie ist sehr wichtig. Es ist notwendig, ständig zu wiederholen, wer Opfer und wer Angreifer ist – also darauf hinzuweisen, wer der Aggressor und der Schuldige ist.“

Wenn die Hamas nicht zerstört werde, könne es keine friedliche Lösung geben, und das wäre auch für die Palästinenser nicht gut, betont der tschechische Premier. Zugleich verweist er darauf, dass sich Tschechien der Erklärung der EU-Außenminister angeschlossen hat, in der diese zu verstärkten humanitären Maßnahmen im Gazastreifen aufgerufen haben. Und Petr Fiala ergänzt:

„Wir alle fordern Israel auf, so human wie möglich und mit Respekt vor der Zivilbevölkerung zu handeln. Das ist alles richtig, aber gleichzeitig muss auch gelten, dass Israel das Recht hat, sich zu verteidigen.“

Der geplante Ausbau der Atomenergie in Tschechien war das dritte große Thema des Interviews. Im Rahmen der laufenden Ausschreibung für den Bau eines neuen Reaktorblocks im AKW Dukovany hat die Regierung vor kurzem beschlossen, auch noch gleich drei weitere neue Reaktorblöcke planen zu lassen:

„Wir haben die Ausschreibung so angekündigt, dass das verbindliche Angebot für einen Block galt, aber die Option für drei weitere Blöcke bestand. Nach der Auswertung der Angebote hat sich herausgestellt, dass der Preisnachlass, der sich aus dem Bau weiterer Blöcke ergeben würde, überraschend hoch ist.“

Letztlich ließen sich vier Blöcke zum Preis von drei Blöcken bauen, ergänzt der Premier. Und das sei etwas, was die Regierung verantwortungsvoll abwägen müsse, vor allem, wenn man wisse, dass man für die Zukunft Atomstrom aus allen vier Blöcken brauche:

„Ohne die Kernenergie können wir künftig weder genug Strom sichern, noch die Klimaziele erfüllen. Wir verfügen nicht über solche Naturbedingungen, um die gesamte Energie, die unsere Bürger und unsere Industrie brauchen, ausschließlich aus erneuerbaren Quellen zu gewinnen. Tschechien ist übrigens das industriestärkste Land Europas.“

Aus diesem Grund werde in Tschechien die Kernenergie ausgebaut, fügt der Premier hinzu. Und er merkt an:

„In den zwei Jahren, seit denen ich die Gelegenheit habe, die EU-Politik mit zu beeinflussen, haben wir einen großen Fortschritt in der Akzeptanz der Kernenergie erreicht. Selbst jene Staaten, die keine Atomkraftwerke haben oder diese Technik nicht weiter ausbauen, haben begriffen, dass sie für viele Länder aber der einzige Weg ist. Der Widerstand und die Kritik sind schwächer geworden. Und viele Länder erwägen nun auch neu den Ausbau der Kernenergie. Die Lage hat sich wesentlich verändert.“

Autoren: Markéta Kachlíková , Vladimír Kroc
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