Beeindruckende Dokus und historische Spielfilme: Ukrainische Filmwoche in Prag
Derzeit wird in Prag eine Auswahl an erfolgreichen ukrainischen Filmen aus den vergangenen drei Jahren gezeigt. Das entsprechende Festival hat am Dienstag begonnen.
Die siebte Auflage des ukrainischen Filmfestivals im Prager Kino Atlas wurde vom hiesigen ukrainischen Botschafter, Vasyl Zvarych, eröffnet. Einleitend dankte der Diplomat der Tschechischen Republik für ihre, wie er betonte, „unerschütterliche Unterstützung und Hilfe“ sowie dafür, dass sie auf der Seite der Wahrheit und Gerechtigkeit stehe. Laut dem Botschafter könnte man auch fragen, warum mitten im Krieg Filme gedreht und ukrainische Filmwochen im Ausland veranstaltet werden. Die Antwort sei einfach, so Zvarych:
„Für uns ist das ein wichtiger Aspekt unseres Widerstands gegen die russische Aggression sowie ein Ausdruck unserer Identität. In diesen Zeiten sind ukrainische Filme nicht nur Kunst, sondern auch eine Stimme der Wahrheit, des Muts und der Hoffnung. Sie sind unsere Kulturfront, unsere Waffe gegen Lügen und Hass, die die sogenannte ,russische Welt‘ in unsere Heimat hineingetragen hat.“
Der Botschafter erinnerte des Weiteren daran, dass viele ukrainische Regisseure und Schauspieler im Kampf gegen die russischen Besetzer gefallen sind. Für die Gefallenen wurde anschließend eine Schweigeminute gehalten.
Den Auftakt zur Filmwoche bildete die Doku „Intercepted“ der ukrainischen Regisseurin Oksana Karpovych. Die Kamera zeigt dabei zerstörte Dörfer und Städte sowie Gegenden, die wiederbelebt werden. Im Gegensatz zu den stillen Bildern sind den ganzen Film über Aufzeichnungen von Telefongesprächen russischer Soldaten mit ihren Familien zu hören. Die Gespräche wurden 2022 vom ukrainischen Geheimdienst abgehört. Die Soldaten schildern ihren Verwandten Plünderungen sowie Folterungen von Kriegsgefangenen und Zivilpersonen. Die Ukrainistin Lenka Víchová ist Dramaturgin der Festivals. Sie merkte nach der Filmvorstellung gegenüber Radio Prag International an:
„Die Dehumanisierung des Feindes ist sehr stark. Der Film zeigt, was alles der Krieg und vor allem die Vorbereitungen auf den Krieg verursachen können. Die russischen Frauen glauben oft ihren Männern nicht, wenn diese sagen, es sei schrecklich. Sie sind vollständig im Bann der Propaganda und haben keine Ahnung, wie es an der Front aussieht. Die russischen Soldaten? sagen in der Doku zudem, die Ukrainer seien keine Menschen und mit ihnen dürfe man umgehen, wie man wolle. Schrecklich ist, dass dies oft auch die Frauen und Mütter behaupten.“
Die Doku wurde bei der Berlinale mit dem Preis der ökumenischen Jury ausgezeichnet. Lenka Víchová hofft, dass viele Zuschauer auch im Ausland den Film sehen werden.
Außer Dokus laufen bei dem Festival auch mehrere Spielfilme, darunter „La Palisiada“ von Filip Sotnytschenko:
„Der Film erzählt von den 1990er Jahren. In den vergangenen drei Jahren hat die ukrainische Künstlergeneration, die damals zur Welt kam, diese Zeit erneut reflektiert, um sie besser begreifen zu können. Damals zerfiel die Sowjetunion, und die Anfänge des jetzigen Kriegs lassen sich bereits damals suchen. Wir zeigen zudem die sehr gute Science-Fiction-Komödie ,Du bist der Kosmos‘, die hervorragenden ukrainischen Humor enthält.“
Im Film „Oxygen Station“ (,Sauserstoffstation‘) wiederum wird das Schicksal des politischen Gefangenen und krimtatarischen Menschenrechtsaktivisten Mustafa Dschemilew geschildert. Der Bürgeraktivist wurde 1980 nach Sibirien verbannt, wo er in einer Sauerstoffstation arbeitete. In diesem Jahr wurde Dschemilew, der die Invasion der Warschauer-Pakt-Truppen in die Tschechoslowakei von 1968 verurteilt hat, vom tschechischen Staatspräsidenten Petr Pavel mit einer Verdienstmedaille ausgezeichnet.
Das ukrainische Filmfestival findet noch bis 30. November in Prag statt. Vom 2. bis 8. Dezember werden die Festivalfilme in Brno / Brünn gezeigt. Mehr erfahren Sie unter www.ukrajinafilmfest.cz.