Politik als Filmthema, Krimis und Natur im Fokus: Festival Scandi beginnt

Eine Auswahl von Neuproduktionen aus Skandinavien wird in den nächsten Tagen in mehr als 40 Kinos in ganz Tschechien gezeigt. Das Filmfestival Scandi wird am Mittwoch in Prag eröffnet.

Mit dieser Melodie werden die Filmvorstellungen der elften Auflage des Festivals Scandi eingeleitet. Zu sehen sind Produktionen aus Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden. Skandinavische Filme und Fernsehserien erfreuen sich in Tschechien großer Beliebtheit. Dominik Hronec ist Kreativdirektor von Scandi. Er sagte gegenüber Radio Prag International:

Dominik Hronec | Foto: Martina Schneibergová,  Radio Prague International

„Das Interesse für die skandinavische Kultur ist schon seit mehreren Jahren groß, egal ob es um Literatur, Musik oder Design geht. Das alles gibt es miteinander verbunden in den Filmen. Diese haben sehr gute Drehbücher, Regie und Schauspieler. Die besten Produktionen werden jedes Jahr bei den großen Filmfestivals in Berlin, Venedig und Cannes präsentiert. Sie werden oft für Oscars nominiert und in die ganze Welt verkauft. Das Interesse für unser Festival steigt ständig. Das freut uns natürlich sehr. Im vergangenen Jahr haben mehr als 25.000 Zuschauer das Scandi-Festival in Tschechien und in der Slowakei besucht.“

In diesem Jahr werden die Filme in 41 Kinos in 31 Städten Tschechiens gezeigt. Die Kinobetreiber seien sehr aktiv, lobt Dominik Hronec:

„Wir schicken ihnen immer ein Angebot, das sie mit Freude annehmen. Zudem ist unser Festival das erste Filmereignis des Jahres, was günstig ist. Es ist schön, dass viele Zuschauer kommen, denn ohne sie würden wir das nicht schaffen.“

Es dauere ein bis zwei Jahre, die Filme für einen Scandi-Jahrgang auszusuchen, wie Dominik Hronec betont. Auf dem Programm muss laut dem Kreativdirektor immer mindestens eine neue Produktion aus jedem der fünf Länder Nordeuropas stehen. In diesem Jahr werden auch einige Filme mit politischen Themen gezeigt.

„Das war eigentlich keine Absicht. Aber es hat es sich so ergeben, dass mehrere Streifen über Politiker und Aktivisten zu sehen sein werden. Dazu gehört das historische Drama ,Quislings siste dager‘ (Quislings letzte Tage, Anm. d. Red.) vom norwegischen Regisseur Erik Poppe. Er erzählt eine fiktive Geschichte über die letzten Tage des realen Nazi-Kollaborateurs Vidkun Quisling, der als norwegischer Premier an der Spitze einer Marionettenregierung stand. Winston Churchill nannte ihn ,Norwegens Verräter‘.“

Gezeigt werden des Weiteren zwei Folgen aus der mit internationalen Preisen gewürdigten norwegischen Serie „Makta“. Sie schildert Dominik Hronec zufolge die Ereignisse aus der Zeit, als in Norwegen die erste Ministerpräsidentin gewählt wurde – die Sozialdemokratin Gro Harlem Brundtland.

Die finnische absurde Komödie, die in Deutschland unter dem Titel „Neuigkeiten aus Lappland“ läuft, geht wiederum von einem Ereignis aus, das sich 1984 abspielte. Damals flog eine russische Rakete in einen See in dem skandinavischen Staat. Finnland ist bei Scandi diesmal zudem durch einen Dokumentarfilm vertreten. Der Kreativdirektor:

„Es ist eine aktivistische, ökologische Doku über ein Thema, das uns täglich stark betrifft – die Klimakrise. Die Regisseurin Virpi Suutari begleitet junge Aktivistinnen, die sich für den Schutz finnischer Wälder einsetzen. Finnland ist zwar voll von Wäldern, aber Holz wird dort in großem Maße abgebaut. Es ist kein aggressiver, sondern ein sehr poetischer Film. Er enthält jedoch auch Gespräche mit Vertretern von Institutionen und Firmen, die Holz fördern. Deren Argumente sind für die Aktivisten inakzeptabel.“

Ohne Krimis wäre Scandi unvorstellbar. Mit dem dänischen Thriller „Den grænseløse“ (in Deutschland unter dem Titel „Verheißung – Der Grenzenlose“) von Regisseur Ole Christian Madsen wird das Festival diesmal in Prag eröffnet. Dominik Hronec:

„Mindestens ein Krimi muss immer auf dem Programm stehen. Der diesjährige Auftaktfilm wurde nach dem gleichnamigen Roman von Jussi Adler-Olsen gedreht. Die Noir-Filme sind, würde ich sagen, einer der Schätze Skandinaviens. An der Festivaleröffnung in Prag wird auch der Hauptdarsteller, der renommierte dänische Schauspieler Ulrich Thomsen, teilnehmen. Er hat mehr als 100 Filme auf dem Konto. Einige davon wurden auch hierzulande gezeigt.“

Und im isländischen Krimi „Kuldi“ (in Deutschland unter dem Titel „Cold – Tod im Eis“) gehe es ähnlich wie im dänischen Thriller um einen vergessenen Fall aus der Vergangenheit, berichte Hronec.

Das Drama „Armand“ gewann letztes Jahr in Cannes die Goldene Kamera für das beste Debüt. Der norwegische Regisseur Halfdan Ullmann Tøndel sei ein Enkelsohn von Ingmar Bergmann, verrät Dominik Hronec:

„Er ist ein junger Regisseur. Dabei wurde der Film schon in Cannes gezeigt. Das Thema ist sehr schwer und intim. Die Mutter eines sechsjährigen Jungen wird zur Schule gebeten, wo sie erfährt, dass ihr Sohn einen Mitschüler sexuell belästigt haben soll. Der Film steht auf der norwegischen Shortlist für die Oscar-Nominierungen. Ich hoffe, dass er für das Land antritt.“

Genauso wie letztes Jahr wird auch diesmal eine Studentenjury den besten Festivalfilm aussuchen.

Das Festival Scandi wird am Mittwoch im Prager Kino Lucerna eröffnet. Es dauert bis 22. Januar. Anschließend werden die Filme auch in der Slowakei gezeigt.

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