Behörde zum Schutz von Whistleblowern in Tschechien?

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Tschechien gilt innerhalb der EU eher als korruptionsanfälliges Land. Zumindest wenn man dem Ranking von Transparency International glauben mag. Auch wenn seit vielen Jahren die Regierungen hierzulande immer den Kampf gegen die Korruption als Ziel ausgegeben haben, gibt es bisher keinen wirklichen Schutz für sogenannte Whistleblower. Das heißt jene, die auf Missstände oder Verbrechen in Politik, Verwaltung oder der Wirtschaft hinweisen, werden nicht selten diskriminiert. Doch nun könnte eine eigene Behörde entstehen, die solche Hinweisgeber schützt.

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Es ist ein aktuelles Beispiel. Jaroslava Rákosníková war als Buchhalterin beim Institut für das Studium totalitärer Regimes in Prag beschäftigt. In ihren Zuständigkeitsbereich fiel auch die Sanierung des Gebäudes, in dem das Institut sitzt. Ab September 2017 beschlichen Rákosníková aber Zweifel an der Arbeit der Baufirma. Letztlich wollten das Unternehmen Strabag und die Leitung des Instituts gemeinsam den Preis für den Auftrag um die Hälfte erhöhen. Die Buchhalterin stemmte sich dagegen – und wurde nach einiger Zeit entlassen. Sie sagt:

„Als ich meine Kündigung abgeholt habe, sagten die Leute auf den Gängen des Instituts, dass ich eine Denunziantin sei. Meine Familie und meine engsten Freunde verstehen mich aber.“

Mittlerweile ermittelt aber die Polizei wegen der möglichen Veruntreuung von Geldern beim Umbau des Institutsgebäudes. Außerdem wurden die Bauarbeiten eingestellt, und der Auftrag soll neu ausgeschrieben werden. Rákosníková ist jedoch ihren Job los. Die Institutsleitung sagt, für ihre Entlassung habe es mehrere Gründe gegeben. Die Buchhalterin selbst würde sich aber eine unabhängige Institution wünschen, an die sie sich mit ihrem Fall wenden könnte.

„Dort würde jemand die Lage analysieren und sagen können, ob ich im Recht gewesen bin oder nicht“, so Jaroslava Rákosníková.

Bisher gibt es so etwas in Tschechien aber nicht – zumindest noch nicht. Denn die Europäische Union verlangt, dass alle Mitgliedsländer einen Schutz von Whistleblowern einführen. Das Justizministerium in Prag hat daher eine Gesetzesnovelle entworfen. Die Idee bisher war, eine Agentur mit Sitz im Ressort aufzubauen. Den neuesten Plänen nach könnte aber sogar eine eigenständige Behörde entstehen.

„Die Angestellten der Behörde sollen vor allem Hinweise auf mögliche Verfehlungen annehmen und sie beurteilen. Das schließt ein, dass sie in begründeten Fällen die Hinweise beglaubigen. Zudem sollen sie die Öffentlichkeit unterrichten sowie wissenschaftlich und fachlich über den Schutz von Whistleblowern beraten“, erläuterte Ministeriumssprecher Vladimír Řepka.

Justizministerin Marie Benešová (parteilos) will das Gesetz im September dem Regierungskabinett vorlegen. Gerade Nichtregierungsorganisationen plädieren für eine möglichst unabhängige Institution. Transparency International berät auch selbst Whistleblower. Dafür ist bei der Zweigstelle in Tschechien vor allem der Anwalt Jan Dupák zuständig. Gegenüber den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er, dass Hinweisgeber ein Umfeld des Vertrauens bräuchten:

Jan Dupák  (Foto:Transparency International)
„Ministerielle Abteilungen oder andere Behörden sind in diesem Sinn eher problematisch. Untersteht der Whistleblower dem Beamtengesetz, kann seine Stelle jederzeit einfach gestrichen werden. Ist aber die Unabhängigkeit garantiert, und es gibt ein gewisses Vertrauen in die Institution, dann werden sich mehr Menschen an sie wenden.“

Hierzulande muss aber überhaupt erst einmal ein Rechtsschutz geschaffen werden für Whistleblower und ihr Umfeld. Das ist das erste Ziel der Gesetzesnovelle. Sie soll sich auf eine große Gruppe Menschen beziehen. Außer Beamte und Verwaltungsangestellte sind dies Unternehmer und Arbeitnehmer, Praktikanten und Stellenbewerber sowie Kollegen und Verwandte der Hinweisgeber. Sie sollen dann besser geschützt sein gegen Entlassungen, Lohnabzüge oder Diskriminierungen wegen ihres Vorgehens. Im Vergleich mit anderen Ländern der EU sei Tschechien aber eher ein Nachzügler, sagt Jan Dupák von Transparency International:

„Großbritannien war das erste Land in der EU, das solch ein Gesetz erlassen hat. Dazu kam es gegen Ende der 1990er Jahre. Ein Drittel der Mitgliedsstaaten hat mittlerweile nachgezogen, ein weiteres Drittel hat zumindest bestimmte Regeln eingeführt. Der Rest gewährt keinerlei Schutz, was sich aber bis Ende 2021 ändern muss. Von den Visegrád-Ländern hat die Slowakei seit 2013 ein entsprechendes Gesetz. Und jetzt wird dort gerade eine unabhängige Behörde eingerichtet, für die das Parlament in Bratislava zurzeit einen Leiter sucht.“