Transparency International kritisiert tschechische Politiker wegen mangelnder Korruptionsbekämpfung

Im aktuellen Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International belegt Tschechien den 41. Platz von 180 verglichenen Ländern. Dies bedeutet keine Verbesserung gegenüber 2022. Und genau das kritisiert Transparency International in seinem Bericht.

Für seinen Korruptionswahrnehmungsindex schlüsselt Transparency International jedes Jahr auf, wie groß in den Ländern der Erde die angenommene Korruption ist. 100 ist dabei die bestmögliche Punktzahl, die in einem Land erreicht werden kann, in dem keine Korruption wahrgenommen wird. Null Punkte bedeuten das Gegenteil.

Am Dienstag hat die NGO das aktuelle Ranking für 2023 veröffentlicht. Tschechien landete dabei mit 57 Punkten auf Platz 41 der 180 verglichenen Länder. Sieben Punkte liegt das Land damit unter dem EU-Durchschnitt. Das sei wahrlich kein Grund zur Freude, meint David Kotora, Sprecher der tschechischen Zweigstelle von Transparency International:

„Aus unserer Sicht sind das keine rosigen Neuigkeiten. Tschechien wird schon seit mehreren Jahren in dem Index geführt. Das Land sollte in jedem Fall auf den EU-Durchschnitt und natürlich darüber hinaus abzielen.“

Foto: Transparency International

Gemessen wird die Wahrnehmung der Korruption in Tschechien seit 2012. Zwar hat das Land im aktuellen Ranking im Vergleich zu 2022 einen Punkt gutmachen können, im Ländervergleich war Tschechien aber auch schon 2022 auf dem 41. Platz gelandet.

Anscheinend herrscht hierzulande in Sachen Korruptionsbekämpfung also Stillstand. Aber woran liegt das? Transparency International sieht drei Problemfelder. Vor allem fehle eine strategische Lösung des Problems, heißt es. Oft würden andere Baustellen wie die Inflation, die steigenden Lebensmittelpreise oder der Krieg in der Ukraine vorgeschoben. Für Kotora steht dafür nicht nur die derzeitige Regierung in der Verantwortung, sondern auch die vorhergehenden. In den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks sagte er:

„Die politischen Führungspersönlichkeiten bemühen sich einfach nicht, die Korruption einzudämmen und das Problem strategisch und gesamtstaatlich innerhalb der Regierung anzugehen. Unser zweiter Kritikpunkt ist die Einführung von Anti-Korruptions-Gesetzen. Tschechien ist hier sehr träge und führt neue Regelungen nur ein, wenn es Druck von außen gibt – also von der EU.“

David Kotora | Foto: Jan Volejníček,  Transparency International

Außerdem bemängelt Transparency International die politische Kultur im Land. Gemeint ist damit, dass aus Skandalen von Politikern und ihren Mitarbeitern oft nicht die nötigen Konsequenzen gezogen werden.

Dennoch nennt die NGO auch Positives in ihrem Bericht. Als Entwicklung in die richtige Richtung wurde die Verabschiedung des Whistleblower-Gesetzes herausgestellt oder eine Novelle des Gesetzes zu Interessenkonflikten. Petr Leyer, der als Jurist für Transparency International arbeitet, sieht in diesen Schritten aber allenfalls einen Teilerfolg. Im öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen sagte er:

„Die Schritte sind nötig und können natürlich dazu beitragen, die Lage zu verbessern. Aber sie bedeuten noch lange keinen Durchbruch. Es geht da um Dinge, die mehrere Jahre oder sogar Jahrzehnte lang diskutiert wurden, ehe man sie umgesetzt hat. Sicherlich ist es gut, dass es das Hinweisgeberschutzgesetz nun auch in Tschechien gibt. Es wurde aber mit anderthalb Jahren Verspätung angenommen – erst nachdem die Europäische Kommission Tschechien mit Strafen gedroht hat, weil das Gesetz hier noch nicht angenommen wurde. Die Änderungen passieren also nur durch Druck von außen – nicht, weil die Regierung sie wirklich will.“

Das tschechische Justizministerium sieht das anders. In einer Erklärung, die der Presseagentur ČTK vorliegt, hieß es am Dienstag, das vergangene Jahr habe einen Umbruch in Sachen Korruptionsbekämpfung bedeutet – gerade wegen rechtlicher Neuerungen wie dem Whistleblower-Gesetz. Die Änderungen würden sich nur noch nicht im aktuellen Ranking widerspiegeln, so die Erläuterung für das gleichbleibend mittelmäßige Ergebnis. Außerdem hob das Ministerium hervor, dass Tschechien auf dem besten Platz der vier Visegrád-Staaten gelandet ist.

Am besten Schnitten im Korruptionswahrnehmungsindex Dänemark (90 Punkte) und Finnland ab, die hinteren Plätze belegten Somalia (11 Punkte), Südsudan und Syrien. Deutschland und die Schweiz rangieren unter den zehn bestplatzierten Staaten, Österreich landete auf Platz 20.

Autoren: Ferdinand Hauser , Kateřina Bečková
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