Benes-Statue in Prag enthüllt

Foto: CTK
0:00
/
0:00

Vor dem Prager Außenministerium steht seit Montag eine zwei Meter große Statue des tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Benes (1884-1948). Und damit des wohl am meisten umstrittenen tschechischen Politikers des 20. Jahrhunderts. Mehr zur Enthüllung der Benes-Statue von Silja Schultheis.

Foto: CTK
"Ich bin froh, dass Prag ab heute auch ein Denkmal für den großen Masaryk-Schüler und -nachfolger hat. Das haben sowohl unsere Stadt als auch dieser beachtenswerte Mann verdient, der an bedeutenden Wendepunkten unserer jüngeren Geschichte an der Spitze des Staates stand."

Der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek hob in seiner Ansprache das positive Vermächtnis von Edvard Benes hervor, den er als Mitgründer des unabhängigen tschechoslowakischen Staates von 1918 und glühenden Verfechter der parlamentarischen Demokratie würdigte:

"Wie wir wissen, sind Kontroversen um unsere Vergangenheit immer auch ein Kampf um die Gegenwart. Und so hoffe ich, dass auch die junge Generation sich immer an die enorme moralische Autorität erinnert, die Edvard Benes in der tschechoslowakischen Gesellschaft vor allem während der nationalsozialistischen Okkupation hatte. Und auch für uns Politiker sollte die Persönlichkeit von Edvard Benes eine Quelle der Inspiration und eine ewige Warnung für die Zerbrechlichkeit der Demokratie bleiben."

Foto: CTK
Eben für seine passive Haltung im Moment des Zusammenbruchs der Demokratie in der Tschechoslowakei durch Akzeptierung des Münchener Abkommens von 1938 ist Edvard Benes als historische Person umstritten. Auf deutscher bzw. sudetendeutscher Seite ist er es in erster Linie wegen einer Reihe von Dekreten, die als Grundlage für die Vertreigung von etwa drei Millionen Sudetendeutschen nach Kriegsende gedient hatten.

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hatte die Enthüllung der Statue am Sonntag daher als "Provokation" bezeichnet. Benes sei für viele Sudetendeutsche ein schmerzhaftes Symbol für die Vertreibung aus der Tschechoslowakei, so Stoiber, der Benes in diesem Zusammenhang mit Jossif Stalin verglich. Dazu der Präsident des tschechischen Abgeordnetenhauses, Lubomir Zaoralek:

Edmund Stoiber  (Foto: CTK)
"Es tut mir leid, dass ich auf diese Äußerung hier reagieren muss. Aber soetwas können wir von tschechischer Seite nicht einfach übergehen. Denn wer so etwas sagt, dem geht es nicht um einen Dialog oder ein Gespräch. Das ist ein Angriff auf unsere Staatlichkeit. Ein Angriff auf Benes ist zugleich ein Angriff auf den Staatsgründer Tomas Garrigue Masaryk und die Ideologie des 1918 gegründeten tschechoslowakischen Staates."

In der tschechischen Presse wurde in Zusammenhang mit der Enthüllung der Statue durchweg auf den widersprüchlichen Charakter von Benes und dessen historischer Rolle verwiesen. In diesem Zusammenhang kritisiert die Zeitung Lidove noviny den tschechischen Ministerpräsidenten dafür, dass er lediglich die positiven Seiten an Benesch hervorgehoben und den Rest einfach verschwiegen hätte. Nach Meinung von Lidove noviny hätten bei der Enthüllung der Statue, die auf die Initiative eines Förderkreises zurückgeht, überhaupt keine tschechischen Spitzenpolitiker zugegen sein müssen. Und die Zeitung Mlada fronta dnes kritisiert die allzu voreingenommene und undifferenzierte Bewertung des umstrittenen Präsidenten, und zwar sowohl auf tschechischer wie auch auf deutscher Seite.