Besuch von Baerbock in Tschechien im Zeichen des Kriegs in der Ukraine
Der Waffen-Ringtausch und die Frage von Gaslieferungen sowie neu Pläne für die tschechisch-deutschen Beziehungen. Das alles stand im Mittelpunkt des Besuchs der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock am Dienstag in Tschechien.
Der Umgang mit den Folgen des Kriegs gegen die Ukraine – er nahm große Teile des Gesprächs ein zwischen dem tschechischen Außenminister Jan Lipavský (Piraten) und seiner deutschen Amtskollegin Annalena Baerbock (Grüne) am Dienstagmorgen in Prag. Unter anderem ging es dabei um den Ringtausch schwerer Waffen, damit die Ukraine mit Militärmaterial beliefert werden kann.
„Ich bin froh, dass der Ringtausch mit Tschechien auf einem guten Weg ist. Wir müssen auch bei den anderen Ringtauschen schauen, dass dies – so wie es mit Tschechien auf den Weg gebracht ist – ebenfalls passiert“, so Baerbock.
Tschechien hat den Medieninformationen nach unter anderem bereits 20 Panzer sowjetischen Typs an die Ukraine geliefert. Dafür soll das Land nun modernere Panzer wie den Leopard 2 aus Deutschland erhalten. Ähnlich ist dies auch mit weiteren Staaten angedacht. Doch vor allem mit Polen gibt es Streit darüber.
In Prag jedenfalls sieht man bei den Lieferungen von schweren Waffen wohl Deutschland noch etwas mehr in der Pflicht. So sagte Lipavský bei der Pressekonferenz nach dem gemeinsamen Gespräch mit Baerbock:
„Die Waffen sowjetischen Typs gehen langsam aus oder haben nicht die nötige Qualität. Da müssen wir uns auch darüber unterhalten, welche Waffen westlichen Typs der Ukraine zur Verfügung gestellt werden. Einige Staaten sind da schon weitergekommen. Wir sehen das vor allem bei den USA, aber auch bei Frankreich und Großbritannien. Die modernen Waffentypen machen den Unterschied aus dafür, wie sich die Ukraine wehren kann. Ich werde es auf jeden Fall begrüßen, wenn diese Debatte auch in Deutschland weiter voranschreitet.“
Gerade Deutschland könne mit seinem Potenzial den Unterschied bedeuten, so der tschechische Außenminister weiter.
Annalena Baerbock betonte zudem, dass Russland einen hybriden Krieg führe und auch die Energie als Waffen einsetze. Stichwort „drohender Gaslieferstopp“.
„Gerade heute wird in Brüssel darüber gesprochen, wie wir uns in der EU auf den Winter vorbereiten können. Wir sind alle offensichtlich keine Hellseher. Aber wir wissen, was unsere Stärke ist – zusammenzustehen gerade in nicht einfachen Zeiten. Wir wissen, dass wir am besten vorbereitet sind, wenn wir mit allen Szenarien rechnen – auch den unwahrscheinlichen“, sagte die Bundesaußenministerin.
In diesem Zusammenhang lobte sie die tschechischen Bemühungen im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft um einen Gas-Notfallplan und die sich abzeichnende Einigung der EU-Minister.
Jan Lipavský wiederum nahm die Herausforderungen bei der Energieversorgung zum Anlass, um die Bedeutung guter partnerschaftlicher Beziehungen innerhalb Europas herauszustreichen. Und weiter sagte er:
„Zu den wichtigsten Beziehungen für Tschechien gehören jene zu Deutschland. Wir haben eine gemeinsame strategische Partnerschaft, die nicht nur den Handel, sondern auch die Außen- und Sicherheitspolitik betrifft.“
Und dieser sogenannte Strategische Dialog wurde nun von Baerbock und Lipavský mit neuen Inhalten gefüllt. So unterzeichneten sie bei ihrem Treffen am Dienstag ein neues Arbeitsprogramm für die kommenden zwei Jahre. Die Bundesaußenministerin unterstrich dabei, dass man keine Überschriften, sondern konkrete Projekte wolle:
„So wird zum Beispiel als ein wirklich sichtbares Zeichen unserer gemeinsamen Kooperation und vor allem unserer zukunftsausgerichteten Strategie eine wasserstoffbetriebene Fernbuslinie zwischen Prag und Dresden angestoßen.“
Im Anschluss an das Gespräch im Außenministerium in Prag fuhren Baerbock und Lipavský zur Gedenkstätte nach Lidice. Der Ort in Mittelböhmen war vor 80 Jahren als Rache für das Attentat auf Reinhard Heydrich von deutschen Sicherheitskräften komplett zerstört worden. Die männlichen Bewohner wurden erschossen, die Frauen in Konzentrationslager deportiert und die meisten Kinder vergast.
„Um solchem Horror auf ewig entgegenzuwirken, um solchen Horror auf ewig zu verhindern, wurde unsere gemeinsame Europäische Union gebaut. Und es ist die Aufgabe unserer Generation, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder und Enkelkinder in Frieden leben können und unsere beziehungsweise ihre Europäische Union gesichert wird“, betonte Baerbock.