„Der Einfluss der russischen Propaganda darf nicht unterschätzt werden“ – Europa-Minister Dvořák
Der tschechische Minister für Europäische Angelegenheiten, Martin Dvořák (Bürgermeisterpartei Stan), nahm unlängst an einer deutsch-tschechischen Konferenz teil, die von der Sdružení Ackermann-Gemeinde organisiert wurde.
Die Konferenz der Sdružení Ackermann-Gemeinde fand am 10. und 11. Februar in Hradec Králové / Königgrätz unter dem Motto „Von Versöhnung zum Aufbau eines gemeinsamen Europas“ statt. Den Einführungsvortrag hielt der tschechische Minister für Europäische Angelegenheiten, Martin Dvořák. Dabei ging er auf die deutsch-tschechische Versöhnung sowie die Haltung der tschechischen Bevölkerung zur Europäischen Union ein. Auf diese wirken seiner Meinung nach auch Fake News ein, die von Russland aus verbreitet werden. Aber nicht nur das, wie der Minister gegenüber Radio Prag International anmerkte:
„Diesen Einfluss würde ich nicht unterschätzen. Wir sollten jedoch nicht vertuschen, dass auch die Europäische Union Fehler macht. Mit dem übertrieben hohen Maß an Regelungen wird die Konkurrenzfähigkeit gefährdet. Ein weiterer Grund für die negative Beziehung eines Teils unserer Bevölkerung zur EU ist darin zu suchen, wie sich die Tschechische Republik selbst zur EU verhält. Vor allem geht es darum, wie in der Vergangenheit Fördergelder missbraucht wurden. Anstatt mit den EU-Geldern kleine und mittelgroße Unternehmen zu unterstützen, wurden die finanziellen Mittel an die größten Firmen verteilt, und diese profitierten sehr davon. Und Bürger waren durch diese Beobachtung frustriert.“
Der Minister zeigt sich jedoch davon überzeugt, dass den größten negativen Einfluss auf die Meinung der Tschechen über die EU die ständige russische Propaganda habe. Er erklärt:
„Dies sind Fake News und Desinformationen, die massiv über die sozialen Netzwerke verbreitet werden. Zu diesem Zweck werden auch verschiedene in Tschechien wirkende Vereine genutzt. Jeder kleine Widerspruch wird dazu missbraucht, die Spannungen und das Misstrauen gegenüber der EU zu steigern. Die Menschen werden davon abgehalten, nach anderen Informationsquellen zu suchen. Die russische ,Meinungsfabrik‘ läuft glänzend und auf volle Touren.“
Martin Dvořák meint, dass dieser Einfluss immer noch unterschätzt werde. Die Debatte über den Informationskrieg wird seinen Worten zufolge zwar geführt, dieser Krieg gehe aber trotzdem immer weiter. Glaubt die ältere Generation in Tschechien der russischen Propaganda mehr als die jüngeren Menschen? Der Minister:
„Ich würde sagen, dass sich die ältere Generation weniger in den sozialen Netzwerken bewegt. Die Jüngeren sind hingegen permanent verbunden. Wir unterschätzen die russischen Propagandisten, wenn wir davon ausgehen, dass ihre Mitteilungen nicht auch an jüngere Menschen auf TikTok oder anderen Plattformen adressiert werden, die jene tagtäglich nutzen. Dort ist allerdings nicht sehr viel Raum für eine politische Debatte. Ich bin davon überzeugt, dass dies eine Gefahr ist. Und wir wirken ihr nicht entsprechend entgegen. Der Kreml will ein schwaches und uneinheitliches Europa. Aber der Block der freien demokratischen Länder steht ihm ganz deutlich im Weg.“
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