Bierpreise in Tschechien steigen: Minibrauereien vor dem Aus?
Die Menschen in Tschechien trinken nach wie vor weniger Bier als vor der Corona-Pandemie. 136 Liter Gerstensaft wurden vergangenes Jahr laut dem tschechischen Verband der Brauereien und Mälzereien pro Kopf konsumiert – sechs Liter weniger als noch 2019. Grund dafür sind vor allem die steigenden Preise, wegen denen so manch einer nicht mehr so oft in die Kneipe geht. Besonders betroffen vom Absatzschwund sind die Kleinstbrauereien. Wegen einer geplanten Anhebung der Mehrwertsteuer dürften sie in Zukunft noch mehr zu kämpfen haben.
Milan Bohuslav stellt pro Jahr 350 Hektoliter Bier her. Er betreibt eine Minibrauerei in Březová-Oleško, einem Ort, der wenige Kilometer südlich von Prag liegt. Angeschlossen ist die Brauerei an das hauseigene Restaurant, einen Familienbetrieb, und das schon seit vier Jahren:
„Ich dachte mir, dass das die einzige Chance ist, unsere Dorfkneipe zu retten. Das Lokal betreibe ich seit 25 Jahren. In den letzten zehn Jahren ist es jedoch immer schwieriger geworden.“
Ein halber Liter Bier kostet in Bohuslavs Brauerei mittlerweile 38 Kronen. Getrunken wird es vor allem von den Stammgästen. Doch von denen kommen immer weniger. Eine Hoffnung sieht Milan Bohuslav nun in der teilweisen Umstellung des Betriebs zu einer Lohnbrauerei…
„Wir stellen auf Nachfrage Ales oder Lagerbier her – ganz nach Bedarf. Je halben Liter verdienen wir vier Kronen.“
Kleinstbrauereien wie die von Milan Bohuslav gibt es in Tschechien etwa 500.
„Das ist eine sehr gute Zahl. Wenn ich mich mit den Kollegen unterhalte, etwa aus Portugal, das ähnlich viele Einwohner hat wie Tschechien, fällt ihnen immer die Kinnlade herunter. Denn dort gibt es vielleicht 70 Minibrauereien“, sagt Michal Voldřich in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. Er steht an der Spitze des Verbandes der Minibrauereien.
Vor allem konzentrieren sich die Kleinstbrauer hierzulande auf obergärige Biere. Immer beliebter würden aber auch alkoholfreie werden, sagt die Leiterin des tschechischen Verbandes der Brauereien und Mälzereien, Martina Ferencová.
Sie weiß von den Problemen der Branche. Einer der Gründe, warum aktuell viele ins Straucheln kommen: die Corona-Pandemie. Vergangenes Jahr wurden in Tschechien laut dem Verband zwar fünf Prozent mehr Bier gebraut, Zahlen wie vor der Pandemie würde man aber noch nicht erreichen:
„Wenn wir das Vor-Corona-Jahr 2019 als Vergleich heranziehen, hängen wir immer noch eine Million Hektoliter hinterher“, so Ferencová.
Die Absätze der Brauereien sind auch stark abhängig vom Wetter. Und da es in diesem Jahr kälter sei als sonst, würde auch dieser Faktor den Bierproduzenten nicht gerade in die Karten spielen, so der Branchenverband.
Und dann ist da ja noch das Konsolidierungspaket der Regierung, das in der ersten Maihälfte vorgestellt wurde. Der Bierpreis wird dadurch wohl weiter steigen, da der Gerstensaft stärker besteuert werden soll. Statt bisher zehn Prozent Mehrwertsteuer, sollen demnächst 21 Prozent abgeführt werden müssen. Gabriela Krušinová ist Sprecherin des Finanzministeriums und erläutert die Pläne der Regierung:
„Der ermäßigte Steuersatz soll nur noch für Waren gelten, die von unstrittiger sozialer oder gesundheitlicher Bedeutung sind. Deshalb wird – mit Ausnahme von Leitungswasser – für Getränke, und so auch für Bier, künftig der Normalsteuersatz gelten.“
Wann genau und ob das Sparpaket der Regierung in Kraft tritt, ist noch unklar. Abgesegnet werden muss es noch vom tschechischen Parlament sowie dem Staatspräsidenten.
Verbunden
-
Endstation Brauerei: Bei Kocour in Varnsdorf werden seit 15 Jahren besondere Biere hergestellt
In der Brauerei Kocour in Varnsdorf / Warnsdorf wird seit 15 Jahren Bier gemacht. Das Areal befindet sich unmittelbar an der Grenze zu Deutschland.
-
Gose, IPA, alkoholfreies Craftbeer: Minibrauereien in Tschechien entwickeln kreative Neuschöpfungen
Der Craftbeer-Trend ist bereits vor einigen Jahren über den großen Teich nach Europa geschwappt. Auch in Tschechien ist die Mode längst angekommen – etwa in Kunovice.