Biolebensmittel in Tschechien: teuer und meistens importiert

In Österreich, Deutschland und der Schweiz gehört es ebenso wie in vielen anderen Ländern beinahe schon zum guten Ton: Bio zu kaufen. Doch wie sieht die Situation in Tschechien aus? Gibt es in den heimischen Supermärkten überhaupt Biolebensmittel, wo kommen sie her und wer kauft sie? Und was unternimmt die Politik, um den Absatz der gesunden und umweltgerecht produzierten Lebensmittel zu fördern?

Ein großer Supermarkt am Prager Stadtrand: zur abendlichen Haupteinkaufszeit haben beinahe alle der rund 40 Kassen geöffnet, schwer bepackt verlassen die meisten Kunden das Geschäft. Das Angebot in dem Riesen-Markt ist kaum mehr zu überblicken; von allem gibt es im Überfluss. Biolebensmittel fristen in dem Laden dennoch ein Schattendasein. Am ehesten fündig wird man im Kühlregal: Joghurt, Vollmilch, Buttermilch und einige weitere Milchprodukte gibt es auch aus biologischer Landwirtschaft. Doch sieht man genauer hin, wird schnell klar: fast alle der Produkte sind importiert. Die Vollmilch kommt aus der Slowakei, das Joghurt aus Deutschland. Nur die Buttermilch wird in Tschechien hergestellt. Einige Schritte weiter werden Eier angeboten: die meisten aus Käfig-, einige aus Bodenhaltung. Ganz in der Ecke findet der Kunde in grünen Kartons Bio-Eier, auch sie kommen aus der Slowakei. Der Frühstücks-Schinken aus biologischer Landwirtschaft gleich nebenan wiederum wird aus Österreich eingeführt. Woran liegt es, dass die in Tschechiens Supermärkten verkauften Bio-Lebensmittel fast alle importiert werden? Martin Leibl, Leiter der Abteilung biologische Landwirtschaft im tschechischen Landwirtschaftsministerium, nennt historische Gründe:

„Das liegt vor allem an der Struktur der tschechischen Landwirtschaft. Wir haben sehr große Flächen, die nur sehr schwer auf ökologische Landwirtschaft umgestellt werden können. Aber der Trend ist positiv, immer mehr Felder werden nach den Richtlinien der ökologischen Landwirtschaft bestellt. Und damit sinkt auch der Anteil der Importware: Mehr als 40 Prozent der Bioprodukte kommen bereits aus Tschechien“, so Martin Leibl vom Umweltministerium.

Tatsächlich ist die tschechische Landwirtschaft nach wie vor von der Kollektivierung unter dem kommunistischen Regime gezeichnet. Neben den genossenschaftlich organisierten Großbetrieben existieren nur wenige private Kleinbauern.

Dennoch, die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt, auch dank der gezielten Werbekampagnen des Ministeriums. Jedes Jahr wird der September zum Monat der Bio-Lebensmittel erklärt, in allen größeren Städten gibt es dann Informationsveranstaltungen und Verkostungen. Die Hersteller von Bio-Lebensmitteln bekommen außerdem Zuschüsse zu Vermarktung ihrer Produkte.

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„Wir erleben gerade so etwas wie einen Bio-Boom: Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft sind in aller Munde und das Bewusstsein bei dem Konsumenten wächst. In Tschechien gibt jeder Einwohner pro Jahr 200 Kronen, also rund 8 acht Euro, pro Jahr für Biolebensmittel aus, in der Schweiz sind es im gleichen Zeitraum 120, in Österreich 100 und in Deutschland 77. In Polen hingegen geben die Leute im Durchschnitt nicht einmal einen Euro pro Jahr für Bio-Produkte aus. Tschechien liegt also im Mittelfeld.“

Die Kunden in Tschechien zeigen sich also noch relativ zurückhaltend. Dies liegt vor allem am im Vergleich zu den übrigen Produkten deutlich höheren Preis, der angesichts eines Durchschnitts-Bruttolohns von nur etwas mehr als 1000 Euro noch viel stärker ins Gewicht fällt als in anderen Ländern. Auch die Prager Supermarkt-Kunden finden die Preise zu hoch:

„Nein, ich kaufe keine Biolebensmittel. Für uns Rentner sind die einfach zu teuer", sagt diese ältere Dame.

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„Ich würde gerne mehr Biosachen kaufen, denn die sind bestimmt gesünder. Aber als Frührentner habe ich für sowas einfach keine Kohle," bedauert dieser Herr am Stock.

„Nein, nein. Kaufe ich nicht. Mir kommen die Biolebensmittel zu teuer vor, und außerdem weiß man nicht, was drinsteckt", meint diese Hausfrau.

Die Befürchtung, Produkte aus herkömmlicher Produktion könnten zu höheren Preisen als Biolebensmittel verkauft werden, zerstreut Abteilungsleiter Leibl aus dem Landwirtschaftsministerium: Die Kontrollen in Tschechien seien genauso streng wie in den übrigen EU-Ländern und ein eigenes Gütesiegel garantiere die Qualität. Auch Petr Vorliček von der Umweltschutzorganisation „Hnutí Duha“ - zu Deutsch „Bewegung Regenbogen“ – zeigt sich zufrieden mit der Qualität der Biolebensmittel und lobt die Vermarktungs-Initiativen des Landwirtschaftsministeriums. Gleichzeitig fordert er aber mehr Nachhaltigkeit beim Verkauf der ökologischen Produkte: Man müsse wegkommen vom Import und auch der Vertrieb über die großen Handelsketten sei problematisch:

„Wir unterstützen den lokalen Vertrieb. Wir helfen den Bauern bei der Direktvermarktung; dazu gründen wir so genannte Bioklubs. Das sind Vereinigungen von Endverbrauchern, die gemeinsam bei den Biobauern bestellen und dann direkt an ihrem Wohnort beliefert werden.“

Dadurch sinke nicht nur der Transportaufwand, sondern auch die Preise: Diejenigen der Ab-Hof-Produkte lägen deutlich unter denen vergleichbarer Import-Ware in den großen Supermärkten, so Umweltaktivist Vorliček.