Blumen und Liebe verbinden die Nachbarn

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Die grenzüberschreitende Gartenschau, gemeinsam ausgetragen in Eger (Cheb) in Westböhmen und in Marktredwitz in Oberfranken, geht in ihre letzte Runde. Die Blumenhallen werden derzeit für die abschließenden Ausstellungen bepflanzt, in denen langsam, aber sichtbar der Herbst Einzug hält. Aber viel neu Entstandenes wird den Menschen der Region auch weiterhin erhalten bleiben. Wie nachhaltig die Schau angelegt ist und welchen Beitrag sie zur Völkerverständigung im zusammenwachsenden Europa leistet, hat Daniela Honigmann in Erfahrung gebracht.

In ihrer Außenwirkung ist die "Grenzenlose Gartenschau" ein europäisches Projekt. Schon die Themenstellung "Gärten des Westens, Gärten des Ostens" spiegelt die Annäherung innerhalb der sich stetig vergrößernden Europäischen Union wider. Vor allem aber entfaltet die Ausstellung ihre Wirkung direkt in der Region um Eger und Marktredwitz. Abgerundet durch bezaubernde Blumen- und Pflanzenanlagen sowie interessante Freizeitangebote sollen ökologische, städtebauliche und touristische Projekte dem strukturschwachen Grenzgebiet langfristig zu einer verbesserten Lebensqualität verhelfen. Nachhaltigkeit war daher ein zentrales Stichwort bei den Planungen zu dieser ersten grenzüberschreitenden Gartenschau mit einem neuem EU-Mitgliedsstaat. Der erhebliche Aufwand, mit dem die Schau mehr als drei Jahre lang vorbereitet worden war, soll auch nach ihrer Schließung am 24. September nicht hinfällig sein. Max Wittmann, Geschäftsführer der Schau in Marktredwitz, verdeutlicht das:

"Auf beiden Geländen ist die Stadtentwicklung von großer Bedeutung. Wir haben in Marktredwitz eine alte Industriebrache revitalisiert und mit neuem Leben erfüllt. Marode Sportflächen und verfallene industrielle Areale wurden nachhaltig als Grünflächen gestaltet."

Sein Kollege Michal Pospísil, als Manager verantwortlich für die tschechische Seite, kann ebenso von Verschönerungsmaßnahmen in der Stadt Eger berichten:

"Wir haben das Egertal, ein historisches Gebiet, komplett vom Damm bis zur Kaiserburg saniert. Gleichzeitig wurden die Burg und die Vorburg erneuert. Das bedeutet, dass diese Auenlandschaft jetzt eine ganz neue Qualität bekommen hat."

Neben dem sinnlichen Erlebnis, das Einheimischen wie auch Besuchern der Gartenschau durch ein verschönertes Stadtbild und natürlich durch verschiedenartigste Blumengärten und Parks geboten wird, soll auch ihr ökologisches Bewusstsein angeregt werden. In mehreren Pavillons werden Methoden der Öko-Landwirtschaft sowie Ausstellungen zu den Themen "Böden", "Obst", "Wasserwirtschaft" und ähnlichem gezeigt. Möglichkeiten der erneuerbaren Energien werden dem Besucher sogar ganz praktisch nahegebracht, erläutert Max Wittmann:

"Wir haben zum Beispiel ein marodes altes Naturbad wieder neu hergerichtet, mit einer Reinigung, die durch eine Schilfkläranlage erfolgt. Die Sonne erwärmt das Wasser, daher ist es eine sehr nachhaltige Einrichtung, ohne Chlor und ohne Energieaufwand."

All diese ehrgeizigen Unternehmungen kosten selbstverständlich Geld. Und hier offenbaren sich die nach wie vor bestehenden Unterschiede in den finanziellen Möglichkeiten der Partner. In Marktredwitz kann man aus einem Etat von insgesamt etwa 21 Millionen Euro schöpfen, während auf tschechischer Seite weniger als 6 Millionen Euro ausgegeben werden. Beide Budgets wurden aber durch Fördergelder der EU unterstützt, das deutsche mit mehr als 10 Millionen Euro, das tschechische mit etwa 1,4 Millionen. Aufgrund des Einkommens- und Währungsgefälles zwischen Deutschland und Tschechien waren auch einheitliche Eintrittspreise für die Schau nicht möglich. Kostet ein Ticket, das den Zutritt zu beiden Arealen erlaubt, in Marktredwitz 13 Euro, liegt der Preis in Eger mit etwa 5 Euro (150 Kronen) um einiges niedriger.

"Dann gibt es die Dauerkarten, die bei uns 600 Kronen (etwa 20 Euro) kosten. Wir haben das so organisiert, dass tschechische Bürger mit dieser Karte auch nach Marktredwitz kommen dürfen, ohne einen Aufpreis zu bezahlen. Bürger aus anderen Ländern müssen hingegen 8 Euro nachzahlen",

so Michal Pospísil. Trotz solch angleichender Maßnahmen stellen die Tschechen, wenn sie auch auf diese Neuheit grundsätzlich positiv reagierten, nur etwa ein Viertel der Besucher der Ausstellung. Die Organisatoren konnten bisher insgesamt über 400 000 Menschen zählen. Der tatsächliche Austausch gestaltet sich aber verhaltener, als man vielleicht erwarten könnte. Nur etwas mehr als die Hälfte der Besucher erwirbt eine Kombikarte, besucht also auch das Areal auf der jeweils anderen Seite der Grenze. Der Beitrag, den die Gartenschau zum Völkeraustausch leistet, beginnt aber zweifelsohne mit der Zusammenarbeit der Organisatoren in Tschechien und Deutschland selbst. Haben Letztere schon eine gewisse Routine, ist für die Tschechen eine Ausstellung dieser Art, zumal in Kooperation mit dem deutschen Nachbarn, Neuland. Bevor am 8. September 2003 der erste Spatenstich zelebriert werden konnte, mussten die Zuständigkeiten noch geklärt werden, erinnert sich Max Wittmann:

"Am Anfang war das noch nicht ganz leicht. In Eger haben die zuständigen Personen immer wieder gewechselt, auch bedingt durch mehrere Kommunalwahlen. Wir ergänzen uns jetzt ganz gut. Wir auf bayrischer Seite planen natürlich sehr strategisch, und die tschechische Seite improvisiert gut."

Manager Pospísil zieht ein positives Fazit:

"Es war eine reizvolle Zusammenarbeit mit den deutschen Kollegen. Es ist sehr wichtig, dass die Kontakte hier persönlich entstehen."

Die Annäherung von Tschechen und Deutschen zeigt sich insbesondere beim die Schau begleitenden Kultuprogramm, betont Max Wittmann:

"Wir haben hier zum Beispiel ein Musical zum Thema "Liebe/ Laska" entwickelt. Daran haben Personen sowohl aus Eger als auch aus Marktredwitz mitgewirkt. Es gibt eine Vielzahl von Veranstaltungen, die sich gegenseitig ergänzen. Das sind Musikbeiträge oder Sportveranstaltungen, und wir haben immer darauf Wert gelegt, dass diese Beiträge eben zusammen entwickelt werden und auf beiden Ausstellungsgeländen auch gezeigt werden."

Auch in Seminaren, Workshops und Foren wird die Völkerverständigung ganz konkret praktiziert. Michal Pospísil erläutert ein Beispiel:

"Es gibt hier Seminare oder ähnliche Treffen. Am 15. und 16. September findet das Egerer Treffen statt, ein Diskussionsforum, wo sich Deutsche und Tschechen treffen. Da sind alle herzlich zu eingeladen."

Über die Annäherung der unmittelbaren Nachbarn hinaus wird, so hoffen die Veranstalter auf beiden Seiten, die Schau mehr Touristen in die Region locken. Neben den im Rahmen des Unternehmens verbesserten Naherholungsangeboten sollen auch renovierte Verkehrswege den Tourismus sowohl auf deutscher wie auch auf tschechischer Seite ankurbeln. Nicht zuletzt konnte mit der Gartenschau auch, davon ist Michal Pospísil überzeugt, der gebeutelte Ruf seiner Heimatstadt aufgewertet werden:

"Sehr oft wird der Stadt Eger ein schlechtes Image zugeteilt. Es stimmt nicht, dass es hier nur Billigwaren, Fälschungen und Prostitution gibt. Die Leute können sich direkt auf dem Gelände oder in der Stadt persönlich davon überzeugen, dass die Qualität in Eger völlig anders ist und dass die Stadt auch etwas anderes bieten kann."

Die Möglichkeit dazu bietet sich allen Interessierten noch bis zum 24. September. Dann wird die "Grenzenlose Gartenschau" mit einem Feuerwerk feierlich ihre Tore schließen.