Brittens Billy Budd im Prager Nationaltheater

Billy Budd (Foto: Patrik Borecký, Archiv des Nationaltheaters)

In Tschechien wurde vorige Woche zum ersten Mal Benjamin Brittens Oper Billy Budd aufgeführt.

Billy Budd  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters)
1951 wurde die Oper „Billy Budd“ von Benjamin Britten in London uraufgeführt. Doch erst vorige Woche, also ganze 67 Jahre später, feierte das Hochseedrama im Prager Nationaltheater seine tschechische Premiere.

Als literarische Vorlage für Billy Budd diente dem Komponisten die gleichnamige Novelle des US-Schriftstellers Herman Melville. Diese erschien erst 1924, lange nach dem Tod des Autors. Jitka Slavíková ist Dramaturgin im Prager Nationaltheater:

„Das Thema von Billy Budd, der schicksalshafte Kampf zwischen Gut und Böse, sowie der innere moralische Konflikt, den Kapitän Vere erlebt, haben Benjamin Britten sehr stark beeindruckt.“

Billy Budd  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters)
Die Librettisten haben sich streng an die literarische Vorlage gehalten. Die Handlung spielt auf einem britischen Kriegsschiff während der napoleonischen Kriege. Die Oper erzählt die Geschichte des jungen naiven Matrosen Billy Budd, der bei der Besatzung sehr beliebt ist. Allein der hinterhältige Schiffsprofoss Claggart hat nur Hass für den Jungspund. Er beschuldigt ihn der Meuterei. In einer Rangelei tötet Billy ungewollt seinen Peiniger und wird zum Tode verurteilt. Das Schicksal von Billy Budd liegt danach in den Händen von Kapitän Vere.

Der aus der Slowakei stammende Tenor Štefan Margita hat den Kapitän gesungen, und zwar zum ersten Mal in seiner Opernkarriere:

Billy Budd  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters)
„Als ich im Februar vergangenen Jahres den Klavierauszug aufmachte, war mir klar, dass ich sofort anfangen muss, die Rolle einzustudieren. Ich habe damals oft in Paris gesungen, dank eines Korrepetitors habe ich meine Passagen jedoch nach einer Zeit beherrscht. In Verdis Opern habe ich eine oder zwei Arien, in Billy Budd singe ich aber etwa sechs. Zum Schluss, wenn man schon müde ist, kommt noch eine sieben Minuten lange Arie. Die Zusammenarbeit mit Dirigent Christopher Ward war hervorragend. Die Rolle ist wirklich anspruchsvoll, vor allem da die Oper nur mit einer einzigen Besetzung einstudiert wurde.“

Daniel Špinar leitet das Schauspielensemble des Nationaltheaters. Er führte die Regie bei Billy Budd. In Brittens Oper gebe es drei Hauptfiguren, die fast Symbolcharakter hätten, sagt der Regisseur:

„Kapitän Vere ist jemand wie Gott oder ein Richter. Billy Budd ist wie Jesus oder das Lamm Gottes und Claggart wie der Teufel. Die Musik ist herrlich. Sie ist sehr inspirierend. Für mich als Regisseur war der Gewissenskonflikt von grundlegender Bedeutung, abgesehen davon, dass sich auf der Bühne eine besondere Lovestory zwischen drei Männern abspielte.“

Billy Budd  (Foto: Patrik Borecký,  Archiv des Nationaltheaters)
Als Regisseur beim Schauspiel mach es ihm Spaß, die Stücke etwas surrealistisch zu inszenieren, meint Špinar:

„Der Kapitän liegt im Sterben und erzählt die Geschichte von Billy Budd als das dramatischste Ereignis in seinem Leben. Ich wollte keine realistischen Szenen aus der Militärgeschichte zeigen. Vielmehr suchte ich nach einer symbolischen Darstellung. Es handelt sich um das Bild eines Menschen, der kurz vor seinem Tob Bilanz zieht. Ich habe verschiedene Inszenierungen dieser Oper im Ausland gesehen, und es kam mir vor, dass sie stark maskulin waren. Ich habe dem Opus die homosexuelle Ästhetik der Barockzeit verliehen. So fühle ich die Musik sowie die Handlung.“

Die Titelrolle von Billy Budd singt der US-amerikanische Bariton Christopher Bolduc, seinen Widersacher Claggart singt der aus Israel stammende Bassbariton Gidon Saks.

Benjamin Brittens Oper „Billy Budd“ wird in dieser Saison noch am 25. und 27. April im Prager Nationaltheater aufgeführt.