Brünn bedauert die Vertreibung der Deutschen

Brno

Die mährische Metropole Brno (Brünn) hat am Donnerstag offiziell die Vertreibung deutscher Einwohner nach dem Zweiten Weltkrieg bedauert. Der Rat der zweitgrößten Stadt des Landes hat der Erklärung einer zwölfköpfigen Kommission zugestimmt, die den berüchtigten "Brünner Todesmarsch" von Ende Mai 1945 untersucht hatte. Markéta Maurová weiß mehr.

Petrov in Brünn
Im Mai 1945 waren etwa 20.000 Deutsche von Brno (Brünn) auf einen sog. "Todesmarsch" nach Österreich geschickt worden. 1500 der Teilnehmer, überwiegend alte Leute, Frauen und Kinder, sind während des Transports gestorben. 55 Jahre nach Kriegsende forderte die Organisation "Jugend für interkulturelle Verständigung" den Brünner Stadtrat auf, Position zu diesem Ereignis zu beziehen, bzw. diese Tat zu verurteilen und sich dafür zu entschuldigen.

Der Stadtrat reagierte mit der Gründung einer Expertengruppe, die alle zugänglichen Unterlagen ausgewertet und historische Recherchen durchgeführt hat. Wie ich vom Vorsitzenden der Arbeitsgruppe, Jiri Löw, erfahren habe, wurde dabei festgestellt, dass der damalige Stadtrat den Transport der Deutschen aus der Stadt wirklich beschlossen hatte. Anders war es mit der Aussiedlung aus der Tschechoslowakei.

"Eine andere Sache ist es, wie es dazu kam, dass die Leute nicht nur nach Rajhrad, wie es befohlen wurde, sondern auch weiter geführt wurden - nach Pohorelice, Mikulov und bis nach Österreich. Darüber wissen wir nichts. Es war keine Anordnung des Stadt- oder Landesausschusses, auch die Stadtvertreter waren davon überrascht. Wahrscheinlich kam es zu dieser Entscheidung ad hoc, jemand hat gesagt, wir werden den Umzug weiter führen. Es handelte sich aber nicht um die Ausführung einer rechtlichen Entscheidung."

"Der Stadt Brünn tun alle Mitbürger sehr leid, die in jener Zeit zu Unrecht gelitten haben und unter tragischen Umständen Brünn verlassen mussten," steht in der Erklärung, die der Stadtrat am Donnerstag verabschiedet hat. Diese Erklärung bezieht sich nicht nur auf Deutsche, sondern auch auf Juden, Roma und weitere Opfer, die während des Krieges Brünn verlassen mussten und meistens in KZs verschleppt wurden.

Vom Dokument distanzierte sich die Repräsentantin der deutschen Minderheit in Brünn, Dora Müller, die ein Mitglied der Arbeitsgruppe war. Sie kritisiert, dass im Text zwar von Bedauern, aber nicht von einer Verurteilung die Rede ist.

Der Vorsitzende der Arbeitsgruppe, Jiri Löw, meint dazu:

"Ich glaube, dass es sich um ein Missverständnis handelt. Dass wir diese Vertreibung verurteilen ist selbstverständlich, man muss das nicht nur im Falle Brünns betonen. Der ganze Staat und alle Leute verurteilen natürlich jede kollektive Schuld und jede kollektive Straftat, jede Vertreibung der Leute aus ihrer Heimat, sei es nun hier oder im Kosovo, und egal zu welcher Zeit."