Brüssel kritisiert Tschechien wegen Haushaltsdefizit - Prag nimmt Kritik an
Die Europäische Kommission hat gerügt, dass Tschechien in diesem Jahr seine eigenen Haushaltsziele nicht einhalten wird. Man hatte sich festgelegt, dass die Neuverschuldung des Staatshaushaltes nicht über 3,3 Prozent steigt. Das ist deswegen wichtig, um das geplante Ziel Euro-Einführung zu erreichen. Doch alles deutet darauf hin, dass sich die öffentlichen Haushalte um satte 4 Prozent neu verschulden werden.
"Die Kritik ist natürlich unangenehm. Noch viel unangenehmer ist aber, dass sie objektiv und richtig ist. Die Tschechische Republik hat keinen Grund, nach mehreren Jahren Wirtschaftswachstum ein so großes Haushaltsdefizit vorzuweisen. Der Grund ist politische Verantwortungslosigkeit."
Also Asche auf die Häupter Regierungsvertreter? Von wegen - Premier Mirek Topolanek hat die Schuldigen vielmehr beim politischen Gegner ausgemacht: den Sozialdemokraten. Diese hätten unter ihren letzten drei Premierministern die Staatsausgaben nach oben getrieben. Der frühere sozialdemokratische Finanzminister Bohuslav Sobotka weist dies allerdings zurück. Zu den Hauptschuldigen gehöre viel mehr Kalousek selbst. Er habe damals, als er noch in der Koalition mit den Sozialdemokraten saß, beispielsweise die starke Erhöhung des Elterngeldes gefordert. Ebenso hätten die Abgeordneten der größten Regierungspartei, der Bürgerdemokraten, mit ihren Vorschlägen die Staatsausgaben nach oben getrieben.
Wie auch immer, bisher hat Brüssel nur die gelbe Karte gezeigt. Tschechien hat nun bis Oktober Zeit bekommen, um nachzubessern. Die Regierungskoalition will dabei den Druck durch die Europäische Kommission nutzen, um auch die Opposition von ihrem zentralen Projekt zu überzeugen: der Reform der öffentlichen Finanzen. Die will das Kabinett schließlich im Sommer heil durch das Abgeordnetenhaus bringen und braucht wegen mangelnder eigener parlamentarischer Mehrheit dazu Unterstützung von außen. Industrie- und Handelsminister Martin Riman:"Ich denke, es ist ein weiterer Beweis für das, was unsere Regierung will. Nämlich das Haushaltsdefizit zu senken und die Ausgaben umzustrukturieren. Dieser Plan ist richtig, und wir machen ihn nicht nur für uns, sondern weil wir dazu verpflichtet sind durch den Zusammenschluss der Länder, dem wir angehören - der Europäischen Union."Für die tschechische Regierung ist es in jedem Fall ein Rennen auf Zeit. Sollte die Haushaltsreform nicht verabschiedet werden, könnte auch die Einführung des Euro wieder in weite Ferne rücken. Schon einmal, nämlich vergangenes Jahr, wurde der Termin nach hinten verschoben. Finanzminister Kalousek hat nun 2012 angepeilt. Um dies zu erreichen müsste spätestens 2009 die Haushaltsneuverschuldung auf unter drei Prozent sinken. Andernfalls würde Tschechien die so genannten Maastricht-Kriterien für die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung nicht erfüllen.