Buchhandlung, Verlagsräume und gesamter Warenbestand des Vitalis-Verlags auf der Prager Kleinseite vom Hochwasser vernichtet
Die Bilder waren erschütternd, entsprechend erschütternd ist auch die Bilanz der Hochwasser-Katastrophe für den Prager Vitalis-Verlag. Auf der mit am schwersten getroffenen Prager Kleinseite versank vergangene Woche die verlagseigene Buchhandlung mit dem gesamten Warenbestand in Schlamm und Wasser. Auch das unweit gelegene Verlagslager wurde überschwemmt. Nach dem Ausmaß der Schäden und ihrer Bedeutung für die weitere Verlagstätigkeit fragte Silja Schultheis den Verleger von Vitalis, Dr. Harald Salfellner.
"Die materiellen Schäden sind exorbitant. Wir haben unser zentrales Prager Auslieferungslager praktisch geflutet, und zwar vollständig. Die kleine Buchhandlung, die ja so ein Liebhaber-Ort für viele war, ist vollkommen vernichtet, ist auch schon ausgeräumt, wird geschlossen sein. Und im Verlag selbst haben wir Teilschäden, leider auch einen Verlust von immateriellen Werten, den wir noch nicht genau beziffern können, man kann ja auch noch nicht hingehen. Es ist noch relativ schwierig, das abzusehen, aber es geht bestimmt in die Millionen."
Für Harald Salfellner, der vor 13 Jahren aus Österreich nach Prag gekommen ist und hier 1993 den Vitalis-Verlag gegründet hat, bedeuten die jetzt entstandenen horrenden Schäden auch die teilweise Zerstörung seines persönlichen Aufbau-Werks von mehreren Jahren. Ein Lichtblick waren für ihn in dieser Situation die zahlreichen Solidaritätsbekundungen, die er in den vergangenen Tagen erhalten hat:
"Insbesondere in Deutschland haben wir viele, viele Angebote bekommen von Buchhändlern und auch Privatpersonen. Auch in der Schweiz. Also eine ganz große Solidarität. Die Presse hat praktisch deutschlandweit berichtet und viel berichtet. Das hat mir viel Auftrieb gegeben. Das hat mir auch gezeigt, beim Vitalis-Verlag geht es nicht um einen Wirtschaftsbetrieb, sondern da ist mehr dahinter. Nicht dass ich das nicht gewusst hätte, aber man kriegt es dann doch ganz gerne wieder einmal bestätigt."
Auch aus Prag, so Salfellner weiter, habe er ein Hilfsangebot erhalten, das ihn sehr beeindruckt hätte: Die Editio Bärenreiter, mit der Vitalis zuvor keinerlei Kontakt hatte, habe dem geschädigten Verlag selbstlos ihre Lager angeboten. Ob er von der tschechischen Regierung, die den vom Hochwasser Betroffenen finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt hatte, Hilfe erwarte?
"Ich denke, dass man sich zunächst einmal eher um humanitäre Gesten Privatpersonen gegenüber kümmert. Ich muss sagen, ich bin von diesem Hochwasser wirklich schockiert, von der Massivität der Vernichtung, von dem ganzen Dreck und Müll, das steckt man nicht so einfach weg. Die Vorstellung, dass dies einen Privathaushalt trifft, halte ich für noch schlimmer."
Über die Zukunft seiner Buchhandlung auf der Prager Kleinseite zeigt sich Harald Salfellner trotz der verheerenden Schäden vorsichtig optimistisch:
"Es besteht die Hoffnung, dass man, wenn alles erst einmal getrocknet ist, wieder von vorne beginnt. Das wird aber bestimmt nicht mehr in diesem Jahr sein."
Ein ausführliches Gespräch mit dem Verleger Dr. Harald Salfellner vom Prager Vitalis-Verlag hören Sie in einer der nächsten Ausgaben unserer Sendereihe "Heute am Mikrophon".