Bürokratie bei Förderanträgen bremst tschechische NGOs in der Flüchtlingshilfe aus

Laut Angaben der tschechischen Regierung befinden sich derzeit 125.000 aus der Ukraine geflüchtete Kinder im Alter von 3 bis 18 Jahren im Land. Diese können unter anderem in sogenannten „Adaptationsgruppen“ zusammenkommen, wo ihnen auch die ersten tschechischen Worte beigebracht werden. Für diese Eingewöhnungstreffen hat die Regierung 1,25 Milliarden Kronen (fast 50 Millionen Euro) bereitgestellt. Doch laut einigen NGOs sind die Hürden für die Beantragung des Zuschusses zu hoch.

Illustrationsfoto:  ČT24

Noch bis Ende Mai können Schulen, Gemeinden und Nichtregierungsorganisationen beim Bildungsministerium Fördergelder für sogenannte „Adaptationsgruppen“ beantragen. Daniel Hůle von der Menschenrechtsorganisation Člověk v tísni (Mensch in Not) schilderte in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks die Schwierigkeiten bei der Antragstellung:

„In einer Gruppe müssen 12 bis 24 Kinder sein. Man kann aber praktisch gar nicht sicherstellen, dass die Kinder nicht in andere Gegenden Tschechiens umziehen – gerade weil viele noch in provisorischen Unterkünften leben. Wenn in einer Gruppe 13 Kinder sind und nun aber zwei von ihnen weggehen, bekommt der Organisator der Adaptationsgruppe keine Unterstützung mehr ausgezahlt.“

Daniel Hůle | Foto: Bohumila Reková,  Tschechischer Rundfunk

Eine weitere Hürde besteht laut Hůle darin, dass nur Organisationen, die mindestens seit zwei Jahren existieren, den Zuschuss beantragen können.

„Das Problem ist, dass viele Geflüchtete derzeit auf dem Land leben. Dort gibt es keine Hilfsorganisationen, aber dafür zahlreiche Freiwillige, die helfen wollen. In der heutigen Lage gibt es ja von allen Seiten viel Unterstützung, auch in Form von Wohnraum oder Geld. Wenn nun eine Gruppe Freiwilliger in einem Dorf eine Organisation gründet, hat sie keinen Anspruch auf die Gelder für die Adaptationsgruppen. Auch viele evangelische Kirchengemeinden engagieren sich in der Flüchtlingshilfe. Sie sind jedoch ebenso ausgeschlossen, da sie besondere Rechtssubjekte sind und daher keinen Anspruch auf die Förderung haben.“

Die Adaptationsgruppen sollen ukrainischen Kindern im Alter von 3 bis 15 Jahren helfen, sich in ihrem neuen Umfeld zurechtzufinden, ein wenig Tschechisch zu lernen und so später Kindergärten und Schulen besuchen zu können. Außerdem erfüllen sie die Aufgabe der Kinderbetreuung, sodass die Eltern Zeit haben, arbeiten zu gehen. Bisher sind jedoch lediglich 205 Förderanträge beim Bildungsministerium eingegangen – laut Daniel Hůle ist das zu wenig.

Illustrationsfoto:  ČT24

Dem Ressort zufolge ist derzeit keine Anpassung der Antragsbedingungen geplant. Bis das Geld ausgezahlt wird, könnte zudem noch einige Zeit vergehen.:

„Wir denken, dass wir den ersten Antragstellern Anfang Juni die Finanzmittel auszahlen werden. Wir können das aber noch nicht sicher sagen“, sagt Aneta Lednová, Sprecherin des Bildungsministeriums. „Das Geld müssen wir nämlich zunächst beim Finanzministerium beantragen. Dies ist aber erst möglich, wenn wir die konkrete Summe kennen, die sich aus den eingereichten Anträgen ergibt“, fährt Lednová fort.

Bis die Mittel zu den hilfeleistenden Organisationen gelangen, kann es also noch dauern. Da das Geld jedoch sofort gebraucht wird, unterstützt etwa die Menschenrechtsorganisation Člověk v tísni direkt entsprechende Initiativen und Projekte.

Martin Rozumek | Foto: Kateřina Cibulka,  Tschechischer Rundfunk

Auf derartige unbürokratische Unterstützung angewiesen ist etwa die Organisation für die Hilfe Geflüchteter (OPU). Seit 31 Jahren arbeitet sie mit Migranten zusammen. Dennoch sei es nicht leicht, staatliche Fördergelder zu bekommen, erläutert der Geschäftsführer der NGO, Martin Rozumek:

„Von den öffentlichen Institutionen haben uns bisher nur die Städte Prag und Ostrau unterstützt. Wir werden auch die Förderung für die Adaptationsgruppen beantragen, aber die Bedingungen sind nicht gut. Die Gruppen müssen sehr groß sein“, so Rozumek in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks. „Wir bemühen uns, das in Prag und Brünn zu erreichen. Aber in Pilsen, Hradec Králové und Ostrau haben wir es gar nicht erst versucht.“

Illustrationsfoto: Vlasta Gajdošíková,  Tschechischer Rundfunk

Es gibt jedoch einige Organisationen, die keine Probleme bei der Antragstellung melden, etwa der Prager Ableger der tschechischen Freizeitzentren Dům dětí a mládeže (DDM). Worin sich jedoch die meisten Hilfsorganisationen einig sind, ist, dass die Fördergelder schneller zur Verfügung gestellt werden sollten, als dies das Bildungsministerium bisher vorsieht.

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