Bundeskanzler Schröder in Prag: Für eine gemeinsame europäische Zukunft und gegen "selbst ernannte Propheten" aus dem Süden

Gerhard Schröder und Jiri Paroubek (Foto: CTK)
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Für eine gemeinsame europäische Zukunft Tschechiens und Deutschland und gegen die Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber zur Frage der Vertreibung der Sudetendeutschen sprach sich der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder am Mittwoch in Prag aus. Silja Schultheis berichtet.

Gerhard Schröder und Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Bereits zum fünften Mal kam Schröder am Mittwoch nach Prag - so häufig hat kein anderer Regierungschef in den vergangenen Jahren Tschechien besucht. Schröders Gastgeber, der tschechische Ministerpräsident Jiri Paroubek, würdigte denn auch zunächst das Engagement des Bundeskanzlers für die deutsch-tschechischen Beziehungen:

"In den letzten sieben Jahre, seit der Bundeskanzler im Amt ist, haben die deutsch-tschechischen Beziehungen die beste Entwicklung in ihrer Geschichte erlebt."

Gerhard Schröder in Terezin  (Foto: CTK)
Inhaltlich drehten sich die Gespräche der beiden Regierungschefs in erster Linie um europäische Themen. Bundeskanzler Schröder:

"Unsere gemeinsame Zukunft ist eine gemeinsame europäische Zukunft. Das ist das, worauf es jetzt ankommt: gemeinsam, Tschechien und Deutschland, Europa voranzubringen. Das ist unser fester Wille."

Im einzelnen sprachen die beiden Regierungschefs u.a. über den europäischen Verfassungsvertrag und die siebenjährige Übergangsfrist für Tschechen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Die Tschechische Republik hat mehrfach angekündigt, sich sehr um eine Verkürzung dieser Frist zu bemühen. Vor dem Hintergrund der erhitzten Debatte über den Missbrauch von Dienstleistungen in Deutschland ein eher aussichtsloses Unterfangen, meint Bundeskanzler Schröder:

"Sie haben völlig recht, wenn Sie auf die Diskussion, die es bei uns gibt, hinweisen. Wir sind im Moment weder in der Lage noch bereit, Veränderungen zu akzeptieren. Es wird also bei der siebenjährigen Frist bleiben."

Ein wesentlich größeres Echo als Schröders Stellungnahmen zur Europa-Politik lösten in Tschechien allerdings seine klaren Worte zur deutsch-tschechischen Vergangenheit aus, und hier insbesondere zu den Nachkriegsvertreibungen der Sudetendeutschen, dem wunden Punkt in den deutsch-tschechischen Beziehungen:

"Ich gehöre zu denjenigen, die ganz entschieden darauf beharren, dass Ursache und Wirkung nicht verwechselt werden. Und die Ursachen sind Besetzung und Krieg, und das ist von Deutschland ausgegangen."

Gerhard Schröder in Terezin  (Foto: CTK)
Wichtige Worte für Tschechien, die am Mittwoch von allen führenden Tageszeitungen zitiert wurden. Ebenso wie Schröders Attacke gegen den bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber. Dieser hatte unmittelbar vor Schröders Prag-Besuch der tschechischen Regierung Versäumnisse in der Aussöhnung mit den Vertriebenen vorgeworfen und in Tschechien für Empörung gesorgt. Stoiber sei "inhaltlich kein bedeutender Politiker", so Schröder, und seine Äußerungen hätten keine Auswirkungen auf die deutsch-tschechichen Beziehungen. Fazit:

"Die deutsch-tschechischen Beziehungen sind in einem ausgezeichneten Zustand und wir denken überhaupt nicht daran, sie durch die ein oder andere Sonntagsrede in Unordnung bringen zu lassen. Es gibt speziell im Süden bei uns offenbar selbst ernannte Propheten, die nun jeden Berg besteigen, um eine nicht akzeptable Botschaft loszuwerden. Aber gut, damit werden wir umgehen müssen."