Burg Kamen
Für tschechische Motorsportfans ist die Burg Kamen ein Begriff. Diese Popularität verdankt die gotische Burg der historischen Motorradausstellung, die dort bereits in den 1970er Jahren installiert wurde. Kamen verbirgt jedoch viel mehr als die einzigartigen Motorradexemplare. In die Burg laden Sie Martina Schneibergova und Thomar Kirschner im folgenden Reiseland Tschechien ein.
Die Burg Kamen sowie die gleichnamige Gemeinde liegen an der Landstraße zwischen dem südböhmischen Tabor und der Stadt Pelhrimov / Pilgram, ungefähr sechs Kilometer südlich von der Stadt Pacov / Patzau entfernt. Pacov ist unter anderem dadurch bekannt geworden, dass dort im Jahr 1905 das überhaupt erste internationale Motorradrennen auf dem Gebiet Österreich-Ungarns stattfand. Die Burg erhielt ihren Namen "Kamen" zu deutsch "Stein" nach dem beachtenswerten Felsen, auf dem sie errichtet wurde. Der Kastellan Miloslav Vanha dazu:
"Die Burg Kamen ist ursprünglich eine gotische Burg, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut wurde. Die ältesten schriftlichen Belege über die Existenz der Burg stammen aus den Jahren 1316 und 1318. Das sozusagen ´goldene Zeitalter´ erlebte die Burg sowie das ganze Herrengut, als sie dem Adelsgeschlecht Malovec gehörten, das heißt seit dem Anfang des 16. Jahrhunderts fast bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Danach verlor die Burg allmählich an Bedeutung. Die Besitzer wechselten oft, und das schadete dem ganzen historischen Objekt."
Der älteste Teil der Burg, der alte Palast, wurde auf einer schwierig zugänglichen Stelle des Felsenmassivs erbaut. Da die Fundamente des Palastes in den Felsenrissen errichtet wurden, ist der Grundriss des Gebäudes auffallend unregelmäßig. Der Burgpalast war ein mächtiger bewohnter Turm, der auch als Abwehranlage genutzt wurde. Im Erdgeschoss gab es einst eine Rüstkammer, in der Etage einen Wohnsaal. Die Burg konnte man einst nur über eine Fallbrücke erreichen. Der erwähnte große Saal diente im Mittelalter zu Repräsentationszwecken. Im 14. Jahrhundert wurden zum ursprünglichen Palast drei Flügel zugebaut, die von der Burgmauer geschützt wurden.Im südlichen Turm der Burg Kamen kann man den so genannten "Rittersaal" besichtigen. Im romantischen 19. Jahrhundert wurden ähnliche Säle zur historischen Repräsentation genutzt. Sie sollten den Eindruck der Altertümlichkeit und Ritterlichkeit erwecken. Im Saal kann man unter anderem Waffen bewundern, die bei den archäologischen Ausgrabungen in der Region von Pacov und Pelhrimov gefunden wurden. Sie stammen alle aus der Zeit um das Jahr 1400. Viele der Burgbesucher kommen aber nach Kamen, um eine rein technische Ausstellung zu besichtigen. Der Kastellan dazu:
"Im Jahre 1974 wurde in den Burgräumlichkeiten eine Ausstellung historischer einspuriger Fahrzeuge feierlich eröffnet. Diese Ausstellung entsprach damals natürlich dem kommunistischen Zeitgeist. Seit 1997 wurde die Ausstellung umgestaltet. In den Jahren 1997-2003 wurde auf der Burg außerdem eine historische Ausstellung installiert, die den Lebensstil auf einem nicht sehr reichen Herrensitz im 19. Jahrhundert dokumentiert."Zu den meist bewunderten Exponaten der Motorradausstellung gehören die Zweizylinder-Walter B aus dem Jahr 1913 sowie die Laurin & Klement-Motorräder aus den Jahren 1902 und 1904. Zu sehen ist auch ein Motorrad der Marke Hildebrand-Wolfmüller, das erste Motorrad, das in Serie hergestellt wurde. Das ausgestellte Exemplar ist angeblich das erste Motorrad, das in den böhmischen Ländern gefahren ist. Die alten Motorräder sind in der Ausstellung durch ein Hochrad aus dem Jahr 1874 ergänzt. Die Exponate werden ständig ergänzt oder auch ausgewechselt. Kastellan Vanha meint:
"Die 1974 begründete Tradition, als die Motorradausstellung installiert wurde, wird auch weiterhin fortgesetzt. Diese Ausstellung ist jedoch nicht im Besitz der Burg Kamen. Die Exponate gehören dem Prager Nationalmuseum für Technik, den Firmen Jawa Tynec und CZ Strakonice sowie einigen privaten Sammlern."
Seit 2003 ist die Burg Kamen in der Trägerschaft des Landkreises Vysocina. Dem Kastellan zufolge ist der Landkreis ein sehr guter Verwalter und kümmert sich vorbildlich um die Burg. Über das Besucherinteresse sagte Kastellan Vanha:
"Unter den Touristen, die die Burg besuchen, sind viele Motorsportfans aus ganz Europa. Die Besucherzahl ist leider in der letzten Zeit gesunken. Dies ist jedoch nicht nur das Problem der Burg Kamen, sondern auch anderer historischer Sehenswürdigkeiten. Die Menschen haben vielleicht andere Interessen."Während der Saison, das heißt von April bis Oktober, werden auf der Burg zahlreiche Veranstaltungen organisiert, wobei es sich nicht nur um Konzerte oder Ausstellungen, sondern auch um Ereignisse sportlicher Art handelt. So ist die Burg am vergangenen Sonntag zum Treffpunkt der tschechischen und deutschen Oldtimerfreunde geworden. Der Präsident des Berliner Schnauferl-Clubs, Jürgen Erbe, sagte über die präsentierte Oldtimerkolonne:
"Wir haben Autos aus vier europäischen Nationen dabei. Ganz selten ist ein englischer Railton von 1934. Das ist ein Traumauto, das es weltweit - glaube ich - nur noch zweimal gibt. Dann haben wie ein sehr seltenes Auto aus Frankreich, das dem Namen nach wenig bekannt ist. Es ist ein Rosengart. Aus der italienischen Autoproduktion haben wir drei Alfa, davon ein Alfa, der in der Schweiz gebaut wurde und eine einmalige Karosserie hat. Dann haben wir deutsche Wagen - einen Opel Kapitän und mehrere Mercedes, sodass unsere Flotte recht international ist, und wir freuen uns, dass alle bisher durchgehalten haben."
Hat ihre Flotte während der Reise aus Berlin Aufmerksamkeit erweckt?
"Das passiert immer, wenn man mit solchen alten Wagen unterwegs ist. Als wir gestern in die Innenstadt von Tabor fuhren, gab es dort eine große Veranstaltung des hiesigen Automobilklubs, und wir sind mitgefahren. Es waren dort Hunderte oder Tausende von Menschen. Ich fuhr schon sehr viele internationale Rallyes im Ausland, und ich muss sagen, dass diese Leute, die hier auf dem Marktplatz waren, so diszipliniert waren, wie ich es nie erlebt habe. Sie haben die Autos besichtigt, aber nicht angefasst, das war bewundernswert. Ich fühle mich hier sehr wohl. Es ist kein formales Versprechen, sondern es kommt aus dem Herzen: Wir kommen alle wieder."
Die Burg Kamen ist vom Mai bis September täglich außer Montag von 10 bis 17 Uhr beziehungsweise im Juli und August bis 18 Uhr geöffnet. Im April und im Oktober ist die Burg nur am Samstag und Sonntag geöffnet. In den anderen Monaten kann man die Burg nur nach einer vorherigen Vereinbarung besuchen ([email protected]).