Cabernet Moravia und sein Züchter Lubomír Glos
Er duftet und schmeckt nach schwarzen Johannisbeeren, hat eine dunkelrote Farbe und gehört in Tschechien zu den beliebtesten Rotweinen: der Cabernet Moravia. Gezüchtet wurde die Rebsorte in der mährischen Slowakei von einem der bekanntesten tschechischen Weinexperten der Gegenwart, Lubomír Glos.
Einen Tag vor Sankt Martin haben die Winzer in Moravská Nová Ves / Mährisch Neudorf den Weinliebhabern ermöglicht, nicht nur die einzelnen Weinkeller zu besichtigen, sondern auch ihre Weinproduktion zu bewerten. Die Weinkeller findet man praktisch in zwei Gässchen am Rande der Gemeinde – in Výmolí und in Zátiší. Dort, wo die Gasse Výmolí steil abfällt, hat Stanislav Miklica seinen Weinkeller. Während des „Tags der offenen Keller“, an dem die Winzer von Moravská Nová Ves in erster Linie ihre Jungweine vorstellten, war auch im Keller bei Herrn Miklica reger Verkehr. Der erfahrene Winzer hat sich geduldig bemüht, alle Fragen der neugierigen Besucher zu beantworten und ihnen die Besonderheiten seiner Weine zu erklären:
„Ich habe da beispielsweise den Grünen Veltliner oder den Grünen Silvaner, den Mährischen Muskat oder Chardonnay angeboten. Von den Rotweinen habe ich Zweigeltrebe und Cabernet Moravia zur Verkostung serviert. Cabernet Moravia ist eine Weinsorte, die mein langjähriger Freund Lubomír Glos gezüchtet hat. Es reicht nicht nur, schöne, reife Weintrauben zu ernten. Das bedeutet noch nicht, dass man auch einen guten Wein haben wird. Es ist notwendig, bestimmte technologische Verfahren einzuhalten. Es ist nämlich einfacher, einen Weinberg zu bestellen, als dann den Wein zu produzieren. Ich bemühe mich, Weine mit natürlicher Süße herzustellen, denn dann sind sie feiner.“ Das Ideal jedes Winzers ist es, die Qualität der Trauben auch in die Qualität des Weines umzusetzen, betont Herr Miklica. Der Tag der offenen Weinkeller wurde zwar vom lokalen Vinařský spolek, dem Winzerverein von Moravská Nová Ves, veranstaltet, in der Region ist jedoch noch eine andere Winzervereinigung tätig, die auf eine längere Tradition zurückblicken kann: das Collegium Vinitorum. Stanislav Miklica ist eines der langjährigen Mitglieder:„Wir fingen 1968 an uns regelmäßig zu treffen. Zufälligerweise kamen wir damals zum ersten Mal bei mir im Haus zusammen. Am Anfang waren nur Lubomír Glos und noch zwei weitere Winzer dabei, später sind noch andere Winzer hinzugekommen. Wir haben immer einige Weinproben mitgebracht und dann anonym verkostet und bewertet. Da wir jeden Freitag zusammenkamen, hat man uns dann ´pátkaři´ - also Freitägler - genannt. Nach der Wende haben wir dann einen Verein gegründet und ihn nach einer Konsultation mit dem bekannten Weinkenner Professor Vilém Kraus ´Collegium Vinitorum´ genannt.“
Lubomír Glos ist nicht nur der zweifelsohne bekannteste Winzer und Weinexperte in Moravská Nová Ves, sondern auch einer der größten Weinkenner in Tschechien überhaupt. Seinen Namen findet man inzwischen auch in Fachlexika. Vor Jahren züchtete er die Rebsorte Cabernet Moravia, offiziell wurde sie aber erst 2001 ins staatliche Rebsortenbuch eingetragen. Wie kommt eine neue Weinsorte zur Welt? Ist es das Resultat langjähriger und unzähliger Experimente? Dies wollte ich von Lubomír Glos wissen:
„Wie ich drauf gekommen bin? 1965 ist Professor Vilém Kraus aus Žernoseky in Böhmen, wo er sich mit der Zucht und Veredelung von Rebstöcken befasste, nach Südmähren gekommen. Hier begann er an der landwirtschaftlichen Universität in Lednice / Eisgrub zu unterrichten. Er brachte viele Reben mit. Es waren Pflanzen, die er von verschiedenen Forschungsinstituten bekam, aber auch von ihm selbst gezüchtete und veredelte Reben. Er musste das Material, das zu Forschungszwecken dienen sollte, natürlich auch irgendwo anpflanzen. Ich arbeitete damals hier in einer Genossenschaft, wo wir auch Weinreben hatten, und so habe ich die Rebsorten angepflanzt und fing an, mit Professor Kraus zusammenzuarbeiten. Zur Kreuzung der Weinreben hat er mich gebracht.“
Lubomír Glos züchtete damals auch die Weinrebe Cabernet Franc, die jedoch wenige Früchte brachte, obwohl die Weinqualität sehr gut war. In den südmährischen klimatischen Bedingungen war es ein spät reifender Wein. Außerdem war Glos zufolge das Erbmaterial schon degeneriert. Professor Kraus empfahl dem experimentierenden Winzer damals, diese Weinrebe mit einheimischen Sorten zu kreuzen, um eine Weinsorte zu erhalten, die unter den klimatischen Bedingungen der Region besser gedeihen könne. Wie Lubomír Glos sagt, ist aus ihm damals ein Amateurzüchter geworden. Er versuchte verschiedene in Mähren übliche Rebsorten mit Cabernet Franc zu kreuzen und wertete die Eigenschaften der Sämlinge aus.„Am besten schien die Kreuzung mit Zweigeltrebe zu sein. Das war 1975. Die ersten Trauben brachte der Sämling 1979, und sie schmeckten sehr gut. Ich habe eine kleine Weinmenge davon produziert, und auch der Wein war sehr interessant, er behielt das Cabernet-Aroma, aber enthielt wenig Säuren. Dieser viel versprechende Sämling wurde vermehrt. Damals war aber alles sozialistisch, und so wurde ich als Privatzüchter nicht gerade ernst genommen, obwohl die Rebsorte den Profi-Züchtern gefiel. Die Weinsorte verbreitete sich dann hier in der Region von Podluží schnell, weil sie sehr fruchtbar war und die Leute damals Wein nur auf ganz kleinen Flächen züchteten. Erst nach der Wende konnte ich die Rebsorte offiziell zu Weintests anmelden. Diese Tests dauern drei fruchtbare Jahre lang, und so wurde der Cabernet Moravia erst 2001 in das Rebsortenbuch eingetragen.“
Für Lubomír Glos, für den die Weinveredelung vor der Wende nur ein Hobby war, war dies zweifelsohne eine Genugtuung. 1995 begann er mit seiner Familie seine eigene Weinfirma aufzubauen. Die Weine von Lubomír Glos wurden inzwischen schon mehrmals bei verschiedenen Weinausstellungen ausgezeichnet.