Christdemokraten brechen Verhandlungen ab - Tschechien auf dem Weg zu Neuwahlen

KDU-CSL-Ex-Chef Miroslav Kalousek (Foto: CTK)

Bald drei Monate ziehen sich nun bereits die Verhandlungen um die Regierungsbildung in Tschechien. Lange hatte alles nach einer Zusammenarbeit der beiden großen Parteien ausgesehen. Dann platzte am Donnerstag eine politische Bombe: Sozial- und Christdemokraten wollten sich nun auf ein Minderheitskabinett einigen. Die Pläne hielten nur Stunden. Und wie es sich für eine Bombe gehört: alles was zurückbleibt, ist eine Trümmerlandschaft. Thomas Kirschner fasst die Entwicklung vom Wochenende zusammen.

 KDU-CSL-Ex-Chef Miroslav Kalousek  (Foto: CTK)
Es war ein Aufstand der Basis: Kaum einer der Orts- und Regionalverbände der Christdemokraten mochte Parteichef Miroslav Kalousek in die Verhandlungen mit den Sozialdemokraten folgen. Kalousek musste noch am Freitag das Ende der Gespräche und seinen Rücktritt als Parteichef verkünden. Der Grund: die geplante Minderheitsregierung wäre von der Tolerierung der Kommunisten abhängig gewesen - und genau das hatten die Christdemokraten immer auf das Schärfste ausgeschlossen. Gewichtiger als der Wortbruch sei für ihn aber die Gefahr gewesen, dass die kleine KDU-CSL zwischen den großen Parteien zerdrückt werden könnte, so Miroslav Kalousek:

"Kurz vor der Unterzeichung eines Oppositionsvertrages, quasi drei Minuten vor zwölf, habe ich es als meine Pflicht empfunden, den Fuß in die Tür zu stellen und zu versuchen, eine andere Lösung auszuhandeln - nicht, damit die KDU-CSL in der Regierung ist, sondern um das Bündnis der großen Parteien aufzubrechen und die Zukunft der KDU-CSL auf der politischen Bühne zu sichern."

 CSSD-Chef Jiri Paroubek  (Foto: CTK)
Eine Wahlrechtsreform, auf die sich Sozial- und Bürgerdemokraten bereits verständigt hatten, gab den Befürchtungen der kleinen Parteien Nahrung. Die Reform ist nun erst einmal vom Tisch, genau wie alle anderen Abmachungen. Nach dem turbulenten Wochenende sieht es in Tschechien nun doch nach vorgezogenen Neuwahlen aus. Bis zu den Kommunal- und Senatswahlen im Oktober will CSSD-Chef Paroubek eine Auszeit für die Verhandlungen:

"Vor den Wahlen Ende Oktober sehe ich keine andere Möglichkeit, als eine Minderheitsregierung der ODS zuzulassen, sofern Parteichef Topolanek zu so einer Regierung den Mut hat. Das aber unter der Einschränkung, die ich ja schon öffentlich gemacht habe: Wir können eine solche Regierung nicht unterstützen. Ernste Verhandlungen wird es dann wieder nach den Oktober-Wahlen geben."

ODS-Chef Mirek Topolanek  (Foto: CTK)
Der designierte Premier und ODS-Chef Mirek Topolanek hat derweil die Marschrichtung für seine Partei vorgegeben - eine ODS-Minderheitsregierung und baldige Wahlen:

"Ich werde eine Regierung bilden, die das Ziel hat, ohne die Kommunisten oder den Einfluss der Kommunisten auszukommen und die die Tschechische Republik zu Neuwahlen im kommenden Jahr führen soll."

Nach den verbissenen Verhandlungen der letzten Wochen könnte Tschechien damit also in wenigen Tagen eine neue Regierung haben - allerdings eine Regierung ohne Macht, geboren aus Erschöpfung und nicht aus einsichtigem Kompromiss.