City-Killer Grüne Wiese? Konferenz für mehr Vitalität in Tschechiens Innenstädten
Mehr Vitalität für Tschechiens Innenstädte: Unter diesem Motto stand eine Konferenz, zu der am Freitag über 300 Stadtplaner, Architekten, Einzelhändler und Immobilien-Developer aus ganz Europa im Prager Gemeindehaus zusammenkamen. Gerald Schubert war dabei.
"Vital Cities" heißt das EU-Förderprojekt, das den Rahmen für die Prager Konferenz gab. Der Name ist Programm: Lebendige Innenstädte sollen von der Politik aktiv unterstützt werden, so die Veranstalter.
These: Die rasche Verbreitung von Einkaufszentren "auf der grünen Wiese" fördert auch in Tschechien den Zersiedlungsprozess und führt obendrein zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen. Die Innenstädte geraten in einen Teufelskreis: Die Kunden kaufen immer häufiger in den Hypermärkten vor den Toren der Stadt ein. Dadurch, so heißt es, wächst der Druck auf Einzelhändler, sich ebenfalls an der Peripherie anzusiedeln. Als Folge können Innenstädte entstehen, die von den Menschen kaum noch zum Einkaufen oder einfach nur zum Bummeln genutzt werden.
Die Kommunalpolitik kann hier gegensteuern. In Hamburg etwa gibt es so genannte Business Improvement Districts, klar definierte Gebiete, in denen Geschäftsleute und Stadtverwaltung gemeinsam an einem attraktiveren Umfeld arbeiten. Der Trick: Vorher gibt es eine Art Referendum, ab einer gewissen Mindestzustimmung müssen alle mitmachen. Heinrich Doppler, Hamburger Staatssekretär für Stadtentwicklung und Umwelt:
"Wir haben in Hamburg damit gute Erfahrungen. Die Einzelhändler wollen das, und es gibt nur ganz wenige, die sich sträuben. Das System hat den Vorteil, dass die Trittbrettfahrer, die für sich nur das Beste herausholen aber für die Attraktivität einer Straße oder eines Viertels nichts leisten wollen, ebenfalls mit einbezogen werden und ihren Beitrag leisten müssen."
Ähnliche Initiativen gibt es in Prag derzeit noch nicht, bedauert Jan Kasl, ehemaliger Oberbürgermeister der tschechischen Hauptstadt und auch heute noch Abgeordneter im Rathaus:
"Bis jetzt ist es uns nicht gelungen, in Prag solche Instrumente zu entwickeln. Ich glaube aber, die Zeiten ändern sich. Immer mehr Stadtpolitiker gelangen zur Ansicht, dass Politik nicht dazu da ist, private Initiativen mit einem Flächenwidmungsplan entweder zu verhindern oder zu erlauben. Man kann die Dinge nicht einfach sich selbst überlassen, denn Chaos ist sicher kein optimaler Zustand. Andererseits aber kann die Stadt nicht lediglich als Regulator auftreten und immer nur Nein sagen. Es ist nötig, aktiv zu handeln und damit etwas Positives für die Entwicklung zu tun."
Wer die überaus lebendige Prager Innenstadt kennt, der wird sich um ihre akute Verwaisung aber keine allzu großen Sorgen machen müssen. In letzter Zeit gibt es sogar Positives von der "grünen Wiese" zu berichten: Neue Einkaufszentren entstehen meist direkt an der U-Bahn. 10 Minuten von der Innenstadt, erreichbar ohne Stau und ohne Abgase. Shopping mit City-Flair - den Cappuccino danach kann man dann problemlos auch in einem Innenstadt-Cafe trinken.