Corona-Lage: Notstand verlängert, erste Restriktionen gelockert
Am Donnerstag hat das tschechische Abgeordnetenhaus wie erwartet den Notstand verlängert. Allerdings nicht bis zum 20. Dezember, wie es die Regierung wünschte, sondern nur bis zum 12. Dezember. Doch auch dies erlaubt es dem Kabinett, die von ihm verordneten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus aufrechtzuerhalten. Am Montag will die Regierung dennoch einige Restriktionen lockern.
Ohne die Entscheidung des Parlaments, den Notstand zu verlängern, wäre dieser um Mitternacht des 20. zum 21. November zu Ende gegangen. So aber konnte die Regierung am Freitag beschließen, all ihre Anti-Corona-Verordnungen bis einschließlich Sonntag zu verlängern. Ab Montag aber sollen, ihren Ankündigungen zufolge, mehrere Maßnahmen gelockert werden. Warum dies möglich ist, dazu sagte Gesundheitsminister Jan Blatný (parteilos) am Donnerstag vor den Abgeordneten:
„Seit Mittwoch liegt das Infektionsrisiko in unserem Land bei einem Wert, der der Risikogruppe vier entspricht. Deshalb werde ich auf der morgigen Regierungssitzung vorschlagen, dass der Risikograd in unserem Land ab Montag von Stufe fünf auf Stufe vier herabgestuft wird.“
Es ist davon auszugehen, dass auch dieser Beschluss nur noch eine formelle Angelegenheit ist. Das bedeutet, dass am 23. November einige Lockerungen bei den Restriktionen automatisch in Kraft treten. Dann dürfen in der Öffentlichkeit wieder bis zu sechs Menschen anstatt der bisherigen zwei zusammenkommen. Zu Hochzeiten, Beerdigungen und Gottesdiensten sind dann 20 anstatt nur 15 Personen zugelassen. Die nächtliche Ausgangssperre wird um zwei Stunden verkürzt, sie gilt ab nächster Woche von 23 bis 5 Uhr. An die Schulen wird in zwei Wellen der Großteil der Schüler und Studenten zurückkehren. Ab kommenden Mittwoch sind dies zunächst die Schüler der Abschlussklassen in den Mittelschulen. Ab dem 30. November folgen ihnen die dritten bis fünften sowie neunten Klassenstufen der Grundschulen nach. Die Schüler der sechsten bis achten Klassen werden die Schule dann im wöchentlichen Wechselmodus besuchen. Diese Vorgehensweise erläuterte Bildungsminister Robert Plaga (parteilos) wie folgt:
„Damit sich die Schulen auf die mit der Risikostufe vier verknüpften Änderungen vorbereiten können, haben wir beschlossen, dass die Rückkehr des Großteils der Schüler an den Grundschulen sowie der unteren Klassenstufen an den Gymnasien am Montag, dem 30. November erfolgt.“
Die Abgeordneten riefen die Regierung zudem auf, die tschechischen Einzelhändler mit den großen internationalen Handelsketten gleichzustellen. Der Abgeordnete und Vorsitzende der Rechtsaußenpartei „Freiheit und direkte Demokratie“ (SPD), Tomio Okamura, äußerte sein Unverständnis darüber, dass die einen geöffnet haben dürfen und die anderen nicht. Der Chef der Bürgermeisterpartei Stan, Vít Rakušan, sagte zu diesem Thema:
„Warum ermöglichen wir gegenwärtig nicht auch den kleinen Händlern, ihre Geschäfte zu öffnen? Für sie spricht doch, dass sie kein Problem damit haben, dass sich auf einer bestimmten Verkaufsfläche gerade bei ihnen nur ein Kunde bewegt.“
Wie Gesundheitsminister Blatný dazu ausführte, könne der Einzelhandel erst ab der Risikostufe drei seinen Betrieb wieder aufnehmen. Er sei aber zuversichtlich, dass dies schon ab Ende dieses Monats der Fall sein könne. Auf der anderen Seite erkennt die Regierung das Problem an, das für die Gewerbetreibenden und Kleinhändler durch ihre Maßnahmen entstanden ist. Es sei die erstarkende Konkurrenz, der sie sich momentan nicht erwehren könnten, sagte Industrie- und Handelsminister Karel Havlícek (parteilos) am Freitag im Tschechischen Rundfunk:
„Ich stimme dem zu: Ihr Problem sind die E-Shops. Momentan sind die Online- Geschäfte wirklich der größte Konkurrent für den Einzelhandel. Auch deswegen werden wir uns darum bemühen, dass in der kommenden Woche alle Geschäfte auf einmal wieder geöffnet werden, wenn auch unter strengen Auflagen. Wir denken aber, dass dies einfach fair ist angesichts der aktuellen Konkurrenzsituation.“
In das öffentliche und wirtschaftliche Leben in Tschechien kommt also allmählich wieder Bewegung hinein. Man darf dabei gespannt sein, wann und in welchem Maße die nächsten Lockerungen erfolgen – immer unter der Voraussetzung, dass der rückläufige Trend der epidemiologischen Lage im Land weiter anhält.