Notstand in Tschechien: Keine Weihnachtsmärkte und Begrenzung der Sport- und Kulturveranstaltungen
Das geschäftsführende Regierungskabinett von Andrej Babiš (Partei Ano) entschied am Donnerstag über die unverzügliche Ausrufung des Notstands.
Über die Gründe sagte der Premier:
„Wegen der Gefährdung der Gesundheit der Bürger und der steigenden Corona-Zahlen haben wir den Notstand ausgerufen. Er wird 30 Tage lang gelten.“
Babiš appellierte erneut an alle Bürger, dass die einzige Lösung der Corona-Pandemie die Impfung sei. Denn sie spiele eine tragende Rolle, wie die Daten von den Intensivstationen der tschechischen Krankenhäuser zeigten, betonte der Premier. Der geschäftsführende Gesundheitsminister Adam Vojtěch (parteilos) zählte alle Maßnahmen auf, die ab Freitagabend gelten. Restaurants und Bars müssen dann zwischen 22 und 5 Uhr geschlossen bleiben.
„Verboten sind die Weihnachtsmärkte. Die einzige Ausnahme stellt der Verkauf von Weihnachtsbäumen und Karpfen dar.“
Im Freien gilt zudem das Verbot, Alkohol zu konsumieren. Restaurants in den Einkaufszentren, die über keine voneinander getrennten Räumlichkeiten verfügen, dürfen nur die Take-Away-Möglichkeit ihres Angebots nutzen. Bei öffentlichen Versammlungen dürfen nur 100 Menschen zusammentreffen. Reduziert wurde ebenso die Zahl der Besucher bei Sport-, Kultur- und Bildungsveranstaltungen, daran dürfen höchstens 1000 Menschen teilnehmen. Für sie gilt die 2G-Regel. Der geschäftsführende Minister für Industrie, Handel und Verkehr, Karel Havlíček (Partei Ano), versprach staatliche Kompensationen für Unternehmer und Gewerbetreibende:
„Unternehmen, deren Betrieb nicht zu stark eingeschränkt wird, bekommen 40 Prozent der Kosten oder 300 Kronen (12 Euro) pro Kopf des Personals ausgezahlt. Unternehmen, die entweder geschlossen sind oder deren Betrieb grundlegend eingeschränkt ist, erhalten 60 Prozent der Kosten oder 500 Kronen (20 Euro) pro Kopf des Personals. Genauso war es im Frühjahr.“
Über eine eventuelle Verlängerung des Notstands kann das Abgeordnetenhaus entscheiden. Die Koalition Spolu und das Bündnis aus Piraten und Bürgermeisterpartei Stan kritisierten die ihrer Meinung nach viel zu langsame Reaktion des geschäftsführenden Kabinetts auf die steigenden Zahlen von Neuinfektionen. Die getroffenen Maßnahmen werden die fünf Parteien aber respektieren, wenn sie die Regierung stellen.
Der künftige Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Abgeordnetenhaus, Bohuslav Svoboda (Bürgerdemokraten), ist überzeugt, dass die geschäftsführende Regierung die Maßnahmen unvorbereitet und daher chaotisch traf. Er vermisste zudem eine ausreichende Begründung des Notstands.
„Der Notstand wurde unerwartet ausgerufen. Wir haben die Befürchtung, dass er dazu genutzt werden könnte, um ohne Auswahlverfahren große Einkäufe zu tätigen, wie es schon in der Vergangenheit der Fall war. Wir hoffen, dass er keine ökonomischen Entscheidungen ermöglichen wird, die umstritten sein werden.“
Die Ärztekammer begrüßte die getroffenen Maßnahmen. Für ein Problem hält sie jedoch die Tatsache, dass das Kabinett eine Arbeitspflicht für Ärzte und das Personal aus Abteilungen billigte, in denen keine Corona-Patienten behandelt werden. Milan Kubek ist Präsident der Ärztekammer:
„Die Ärzte und das Personal in den Fachambulanzen haben ihre eigene Arbeit. Wenn man diese schließen würde, kann deren Patienten nicht geholfen werden und sie würden auch noch in die Krankenhäuser strömen. Und diese können dann den Zustrom nicht mehr bewältigen.“
Die vom Kabinett gebilligte Arbeitspflicht bezieht sich nicht auf Haus- und Zahnärzte sowie auf Gynäkologen.