ČSSD sucht Rezepte auf politische Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft

Vladimír Špidla (2. von links) mit seinen Kollegen aus der ČSSD-Partei (Foto: ČTK)

Sie haben Ende Mai die Parlamentswahlen zwar knapp gewonnen, und trotzdem stehen sie seitdem als Verlierer da: die tschechischen Sozialdemokraten (ČSSD). Ohne einen passenden Koalitionspartner blieb ihnen nur die Oppositionsrolle. Und das womöglich für lange Zeit – wenn sich nichts ändert. Deshalb ist die ČSSD derzeit auf der Suche nach einer Erfolg versprechenden Neuausrichtung.

Michal David  (Foto: www.michaldavid.cz)
Keine Wahlkampagnen mehr mit alternden Popstars, und schon gar nicht mit Sängern wie Michal David, dessen Karrierehoch mit der Zeit der kommunistischen Normalisierung verknüpft ist. Und das „richtige Team“, was David bei den Wahlkampfveranstaltungen der ČSSD mehrfach besungen hat, muss auch erst wieder gebildet werden. Das sind nur zwei Empfehlungen, die die Agentur CSG den Sozialdemokraten erst kürzlich mit auf den Weg gab. Im Auftrag der Partei führte die Agentur eine Analyse des Wahlergebnisses durch. Einer der Kritikpunkte war, dass die Sozialdemokraten ihre Wahlkampagne zu stark auf ihre traditionellen Wähler ausgerichtet hatten. Das sieht der ehemalige Eurokommissar und jetzige Sprecher für EU-Angelegenheiten im ČSSD-Schattenkabinett, Vladimír Špidla, ähnlich:

Vladimír Špidla  (Foto: www.wikimedia.org)
„Das Wahlergebnis hat gezeigt, dass sich die Sozialdemokratie in gewissem Maße isoliert hat in der Gesellschaft, denn sie wird nur von einigen Gruppen unterstützt und sie hat ihren flexiblen Charakter verloren. Das kann langfristig zum Misserfolg führen, wie die Situation bei den Christdemokraten zeigt.“

Špidla will sich fortan wieder stärker in die Politik der Partei auf Landesebene einbringen. Er verweist darauf, dass die Sozialdemokraten daran festhalten werden, sich für eine sozial gerechte Gesellschaft einzusetzen. Im Zuge des gesellschaftlichen Wandels aber müsse man schon bald die Antworten darauf finden, wie man auch in Zukunft human und ausgewogen die Rechte der Arbeitnehmer verteidigen könne. Ebenso die soziale Marktwirtschaft, und das in einem europäischen Sozialstaat, der sehr schnellen Veränderungen unterworfen ist, sagt Špidla:

Schattensregierung der ČSSD-Partei  (Foto: ČTK)
„Für die Sozialdemokratie ist es wichtig, dass sie ihren engen Rahmen sprengt und zu einem Kern einer sozialdemokratischen Bewegung wird, die es schafft, um sich herum alle fortschrittlichen politischen Strömungen zu vereinen. Und zwar angefangen von den linken Liberalen, über die Sozialdemokraten und Grünen bis hin zu den Christdemokraten. Zusammen müssen diese Parteien alle Kräfte in Bewegung setzen für das erfolgreiche Modell eines modernen europäischen Sozialstaates.“



Bohuslav Sobotka  (Foto: ČTK)
Bei ihrer Selbstfindung wollen sich die Sozialdemokraten Zeit lassen und ihren nächsten Parteitag erst im Frühjahr kommenden Jahres abhalten. Špidla sah das anfangs etwas anders; er wollte sehr dynamisch auf das Wahlergebnis reagieren. Interimsparteichef Bohuslav Sobotka aber möchte nichts mehr dem Zufall überlassen. Die ČSSD wolle in Zukunft einfach noch mehr Leute ansprechen, sowohl die gemäßigten Wähler der linken Mitte als auch jene Linken, die einen radikaleren Standpunkt haben. Dafür werde es neben inhaltlichen Fragen auch zu einigen kosmetischen Korrekturen kommen, wie zum Beispiel eine kleine Änderung des Parteilogos. Trotz des so genanten Faceliftings, was sie jetzt betreiben, wollen die Sozialdemokraten eines aber auch weiterhin: der Regierung genau auf die Finger schauen und ihre Oppositionsrolle mit aller Kraft wahrnehmen, so Sobotka und Špidla unisono.