CSSD und Regierung - Eine Analyse
Am Samstag soll die Parteiführung der tschechischen Sozialdemokraten darüber entscheiden, ob Premier Vladimir Spidla auch weiterhin den Posten des Parteichefs bekleiden soll. Spidla ließ inzwischen verlauten, wenn er das Vertrauen seiner Partei nicht mehr genießen wird, wird er auch vom Premierministerposten zurücktreten. Über die Möglichkeiten, die die mit Spannung erwartete Entscheidung der sozialdemokratischen Parteispitze mit sich bringen kann, sprach Martina Schneibergova mit dem Politologen und Publizisten Bohumil Dolezal. Wie sieht er Spidlas Position vor der Tagung der CSSD-Führung?
Wenn Spidla zurücktreten würde - auch vom Premierministerposten - meinen Sie, dass Gross auch den Premierministerposten übernehmen möchte?
"Es gibt zwei Möglichkeiten: Der sozusagen deutsche Weg, wenn Spidla auch weiterhin den Premierministerposten bekleiden wird. Die andere Möglichkeit wäre, Spidla würde die politische Szene verlassen und Gross auch den Premierministerposten übernehmen. Ich meine, dass die zweite Möglichkeit wahrscheinlicher ist, wenn Gross innerhalb der Partei siegen wird. Denn für ihn wäre es sehr ungeschickt, wenn er die Verantwortung für die Partei tragen sollte, aber in der Regierung alles beim alten bleiben würde. Denn der Austausch des Parteivorsitzenden bedeutet auch, dass die Sozialdemokraten als die stärkste Regierungspartei mit der Art des Regierens unzufrieden sind. Gross müsste meiner Meinung nach die volle Verantwortung tragen. Sonst wäre es für ihn sehr ungünstig."Kann man jetzt darüber spekulieren, wie eine solche Koalitionsregierung, bzw. Minderheitsregierung aussehen würde?
"Es gibt da wieder zwei Möglichkeiten - entweder das weitere Bestehen der jetzigen Koalition, wobei man damit rechnen kann, dass die Rolle der Freiheitsunion, die sehr geschwächt ist, sinken wird, d. h. konkret, dass Vizepremier Petr Mares von seinem Posten ohne einen Ersatz zurücktreten würde. Die zweite Möglichkeit stellt eine Minderheitsregierung dar, die sich vom Fall zu Fall unter allen Parteien im Parlament um Unterstützung bemühen müsste. Dies würde praktisch bedeuten, dass die Sozialdemokraten auch auf die Unterstützung der Kommunisten angewiesen wären. Dies ist erstens in der breiten Öffentlichkeit höchst unpopulär. Zweitens wäre es für die Sozialdemokraten sehr unangenehm, weil sie damit den Kommunisten praktisch ausgeliefert wären. Die sozialdemokratische Partei würde die Verantwortung für die Regierung zwar tragen, aber die Kommunisten hätten die Chance, ihre Entscheidungen bedeutend zu beeinflussen."