Czech Phil Media: Tschechische Philharmonie streamt aus dem Rudolfinum
Wegen der Corona-Pandemie sind hierzulande keine Kulturveranstaltungen mit Publikum möglich, sie werden jedoch häufig über verschiedene Medien live übertragen. Auch die Tschechische Philharmonie musste alle ihre Konzerte vorläufig bis Ende April absagen. An diesem Donnerstag streamt das Orchester aber erstmals in seiner Geschichte ein Konzert aus einem eigenen Fernsehstudio im Prager Rudolfinum.
Die neuen Streams der Tschechischen Philharmoniker haben den Markenamen „Czech Phil Media“. Die Übertragungen laufen über Social Media, darunter auch der Facebook-Auftritt des britischen Radiosenders Classic FM mit rund vier Millionen Followern. David Mareček ist Generaldirektor der Philharmonie. In einem Interview für den Tschechischen Rundfunk erklärte er, dass aus dem audiovisuellen Studio nicht nur gesendet, sondern dort auch Musik aufgenommen werde:
„Die Zeit schreitet voran. Die Mehrheit der Opernhäuser und viele Orchester verfügen bereits über ein derartiges Studio. Auch uns ermöglicht es, Musik flexibel aufzunehmen und Programme zu übertragen, die für unser Publikum interessant sind. Dank dem Studio werden wir nicht mehr davon abhängig sein, was unsere externen Partner bei uns aufnehmen oder von uns übernehmen.“
Bei den Konzertübertragungen arbeiten die Philharmoniker Mareček zufolge meist mit dem öffentlich-rechtlichen Tschechischen Fernsehen zusammen. Die Zuschauerzahlen seien bisher sehr gut gewesen, sagt der Generaldirektor des Orchesters.
„Die Konzerte haben immer mehrere Zehntausend Zuschauer gesehen, manchmal waren es auch mehr als 100.000 Musikliebhaber. Natürlich kann das Tschechische Fernsehen nicht alle Konzerte übertragen. Darum unternehmen wir nun diesen Versuch, um herauszufinden, wie das Interesse bei einer Übertragung via Social Media ist. Der britische Radiosender Classic FM hat sehr viele Fans. Zudem werden sich uns Konzertsäle anschließen, durch die wir normalerweise zurzeit getourt wären – also das Wiener Konzerthaus und die Pariser Philharmonie. Darum hoffen wir auf großes Interesse.“
Das Programm des Konzertabends ist laut Mareček untraditionell und für die Philharmonie eher untypisch. Zuerst erklingt das Konzert für zwei Klaviere und Orchester von Bryce Dessner. Der US-amerikanische Komponist schrieb die Komposition 2017 für das Klavierduo Katia und Marielle Labèque. David Mareček dazu:
„Die beiden Schwestern lassen sich oft von modernen Komponisten Stücke schreiben. Bryce Dessner hörte die Pianistinnen bei der Premiere eines Werks von Philip Glass, und bei dieser Gelegenheit versprach er ihnen, für sie etwas zu verfassen. Es ist ein modernes Werk. Dessner ist jedoch nicht nur Komponist mit klassischer Musikbildung, sondern auch Gitarrist der Rockband ‚The National‘. In seinem Opus sind Rockmusik-Elemente enthalten, und es ist sehr amüsant. Anschließend erklingt die romantische Sinfonie Nr. 3 von Felix Mendelssohn Bartholdy, die auch ,schottische Sinfonie‘ genannt wird.“
Im März und April plant die Tschechische Philharmonie vier weitere Übertragungen aus ihrem Studio. Zwei der Konzerte wird der Chefdirigent Semjon Bytschkow und zwei der Gastdirigent Jakub Hrůša leiten. Das Programm wird später noch bekanntgegeben.
Das Konzert der Tschechischen Philharmonie, das aus dem Studio im Prager Rudolfinum via Social Media gestreamt wird, beginnt am Donnerstagabend um 20 Uhr. Das Orchester spielt unter der Leitung seines Chefdirigenten Semjon Bytschkow, Solistinnen sind die Pianistinnen Katia und Marielle Labèque.