Damit der Verbraucher nicht draufzahlt: Tschechische Regierung kontrolliert Lebensmittelpreise

Nahrungsmittel werden in Tschechien immer teurer. Die Inflationsrate lag im März bei 12,7 Prozent, und die unsicher gewordene Versorgungslage durch den Krieg in der Ukraine treibt die Preise noch weiter in die Höhe. Landwirtschaftsminister Nekula nimmt deswegen nun die Gewinnspannen beim Verkauf von Lebensmitteln ins Visier.

Zdeněk Nekula | Foto:  Regierungsamt der Tschechischen Republik

Der Internationale Währungsfonds hat in seinem Bericht vom Mittwoch die Regierungen weltweit aufgefordert, die Schwächsten der Gesellschaft angesichts der Preissteigerungen zu unterstützen. Die vom Fonds vorgeschlagenen Steuererleichterungen sind in Tschechien zwar noch kein Thema. Aber Landwirtschaftsminister Zdeněk Nekula (Christdemokraten) widmet sich nun genauer der Preispolitik der hiesigen Lebensmittelhändler. Gemeinsam mit dem Kartellamt prüft sein Ressort schon seit vergangener Woche, ob die Gewinnmargen derzeit nicht unangemessen erhöht werden. Im Mittelpunkt stehen Butter, Hühner- und Schweinefleisch sowie Backwaren. Gerade hier seien Preissprünge zu verzeichnen, begründete Nekula am Mittwoch vor Journalisten:

Illustrationsfoto:  ČT24

„Bei einem gängigen Produkt wie etwa Fleischwurst betragen die Gewinnmargen mittlerweile bis zu 246 Prozent. Dies überschreitet jegliche Grenzen. Dagegen wollen wir vorgehen und suchen auch passende Instrumente für die Prävention.“

Damit mag der Minister ein Extrembeispiel gewählt haben, um die Problemlage zu verdeutlichen. Keine Seltenheit seien aber Margen, die das Doppelte des Einkaufspreises betragen, sagt Helena Kavanová, Sprecherin der tschechischen Lebensmittelkammer:

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„Bei Grundnahrungsmitteln halten die Händler die Marge mit 20 bis 30 Prozent eher niedrig. Anders ist dies bei hochverarbeiteten Lebensmitteln wie etwa Käse, Joghurt oder Fleischprodukten. Hier liegt der Aufschlag bei 100 Prozent und mehr.“

Diese Lage erfordere es, den Markt einige Monate lang genau zu beobachten, meint Minister Nekula. Er geht dem Verdacht nach, dass sich die Gewinne ungleich auf Produzenten, Verarbeitungsbetriebe und Verkäufer verteilen. Geprüft wird nun also, ob die Händler nicht unangemessen hohe Gewinnspannen haben und Landwirte ihre Produkte hingegen unter Preis abgeben müssen.

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Egal, wer beim Preis drauflegt, zu spüren bekomme dies immer der Verbraucher, so Nekula weiter:

„Uns ist bewusst, dass Landwirte, Verarbeiter und auch Händler einen angemessenen Gewinn brauchen. Schließlich sind sie Unternehmer. Wir wollen aber verhindern, dass eine unsichere Lage missbraucht wird und dies dann schwere Folgen für Familien mit Kindern und Senioren hat.“

Die Privathaushalte in Tschechien geben für Lebensmittel etwa 20 Prozent ihres Einkommens aus. Der Druck auf dieses Budget wird seit einigen Monaten aber immer größer. Laut Statistikamt kostete im April vergangenen Jahres ein Stück Butter hierzulande noch etwa 45 Kronen (1,84 Euro). Heute liegt der Durchschnittspreis bei fast 57 Kronen (2,34 Euro). Ein Kilo Mischbrot hat sich im gleichen Zeitraum von 26 Kronen (1,07 Euro) auf knapp 35 Kronen (1,43 Euro) verteuert.

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Die Verantwortung dafür schieben sich die an der Handelskette Beteiligten gegenseitig zu. Die Lebensmittelkammer sieht die Ursache für die Preissteigerungen bei den Supermärkten. Der Verband für Handel und Tourismus betont hingegen, dass die Ketten sich wegen der großen Konkurrenz gar keine hohen Gewinnspannen leisten könnten. Verbandspräsident Tomáš Prouza dazu in den Inlandssendungen des Tschechischen Rundfunks:

Tomáš Prouza | Foto: ČT24

„Nach Angaben des Statistikamtes sind die Preise von landwirtschaftlichen Produkten im vergangenen Jahr um 27 Prozent gestiegen. Die Verkaufspreise von Lebensmitteln haben aber nur um 11,5 Prozent zugelegt, also weniger, als die Inflation beträgt. Daran ist deutlich zu erkennen, dass die Händler die Preise wesentlich niedriger halten, als es sich die Produzenten wünschen würden.“

Minister Nekula machte am Mittwoch keine Angaben dazu, wie die aktuellen Kontrollen verlaufen und auf wen genau sie abzielen. Das Monitoring soll mindestens drei Monate laufen. Einbezogen werden soll auch das Finanzministerium, dass im vergangenen Monat eine ähnliche Initiative bezüglich der Benzinpreise gestartet hat.