"Das Geheimnis der spanischen Wand des Thronfolgers" - Ausstellung im Nationalarchiv

Franz Ferdinand d Este (Foto: Autorin)

Dass Erzherzog Franz Ferdinand d'Este ein passionierter Sammler von Jagdtrophäen sowie von Kunstgegenständen verschiedener Art war, davon kann sich jeder Besucher des unweit von Prag gelegenen Schlosses Konopiste / Konopischt überzeugen, das seit 1887 dem Thronfolger gehörte. Dank einigen Mitarbeitern des Staatsarchivs in Prag weiß man nun, dass der Erzherzog auch ein passionierter Sammler von Ansichtskarten war. Mehr verrät Ihnen Martina Schneibergova.

Franz Ferdinand d´Este
92 Jahre werden im Juni seit dem Attentat auf den habsburgischen Thronfolger Franz Ferdinand d'Este in Sarajevo vergangen sein, das den Ersten Weltkrieg auslöste. Auch nach so langer Zeit zieht die Persönlichkeit des Thronfolgers immer noch die Aufmerksamkeit der Historiker sowie der Öffentlichkeit auf sich. Es scheint fast unmöglich zu sein, heute noch etwas Neues über den ermordeten Erzherzog zu entdecken. Den Mitarbeitern des Staatlichen Regionalarchivs in Prag ist es dennoch gelungen. Ihre jüngsten Erkenntnisse präsentieren sie jetzt in der Ausstellung "Das Geheimnis der Spanischen Wand des Thronfolgers", die am vergangenen Freitag im Archivgebäude in Prag-Chodovec eröffnet wurde.

Am Anfang stand eine Spanische Wand, ein so genannter Paravent, der seit den fünfziger Jahren im Besitz des Staatsarchivs war. Auf dem Paravent waren 337 Ansichtskarten aufgeklebt, mit der Adresse nach unten. Die Verwaltung des Schlosses Konopiste wollte das seltsame Möbelstück, das alles andere als ein Kunstwerk war, nicht haben. Nachdem das Archiv 1999 in ein neues Gebäude umgezogen war, ließen die Archivare den bunt beklebten Paravent restaurieren, erzählt Borivoj Indra, Mitarbeiter des Archivs:

"Als in der Werkstatt die Ansichtskarten abgenommen wurden, stellten wir fest, dass alle an einen einzigen Adressaten gerichtet waren: an Seine k. u. k. Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand, Konopischt beziehungsweise Belvedere. Wir versuchten, die Texte auf den Karten zu entziffern. Manchmal war es eine sehr mühsame, aber doch erfinderische Arbeit. Aus dem Nebel tauchte plötzlich ein Umriss der damaligen Zeit auf."

Dem Experten zufolge hat Franz Ferdinand d´Este die Ansichtskarten ganz gezielt gesammelt, denn auf einigen Karten steht sogar die Bemerkung, die Karte sei für seinen Paravent bestimmt.

"Diese Autographe stellen eine fantastische Sammlung von Handschriften und Unterschriften von Persönlichkeiten dar, die zur Spitze der damaligen Gesellschaft gehörten. Unter ihnen sind beispielsweise Kaiser Wilhelm II. oder der württembergische Thronfolger Herzog Albert. Die Texte illustrieren die Atmosphäre des Fin de Siecle. Wir entdeckten dort auch einiges aus der Privatsphäre - wie beispielsweise die Beziehung des Thronfolgers zu einer Gräfin, die ihm sehr vertraute Mitteilungen schickte."

Die Ausstellung der unbekannten Ansichtskartensammlung des Erzherzogs aus den Jahren 1896-1904 ist im Gebäude des Nationalarchivs in Prag 4 bis zum 10. März zu sehen.

Foto: Autorin