Das Unglück kennt keine Grenzen – doch Rettungsdienste immer noch
Unfälle passieren überall. Was geschieht jedoch, wenn das Schicksal nun ausgerechnet irgendwo im tschechisch-deutschen Grenzgebiet zuschlägt? Wie funktioniert die Verständigung, wenn es um Menschenleben geht? Vor kurzem ist ein tschechisch-deutsches Fachwörterbuch für Rettungskräfte erschienen. Wie ist es aber eigentlich überhaupt um die Kommunikation und Zusammenarbeit der Rettungskräfte im Grenzgebiet bestellt?
So unterschiedlich wie Tschechisch und Deutsch klingen auch die Sirenen der Krankenwagen in den beiden Nachbarländern. Um die Verständigung im Rettungswesen zu vereinfachen, hat die Arbeitsgruppe „Brand-, Katastrophenschutz und Rettungswesen“ der Euroregion Erzgebirge / Krušnohoři ein neues Hilfsmittel geschaffen, ein Wörterbuch.
„Dieser so genannte Fachwortschatz ist in einen deutschen und einen tschechischen Wortstamm gegliedert und umfasst 5000 Begriffe. Das Fachwörterbuch ist gedacht für den Einsatz vor Ort, aber auch für Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen - also um vor Ort zu arbeiten und zu lernen“, sagte Rainer Lippmann, der Vorsitzende der deutsch-tschechischen Arbeitsgruppe.
Die unterschiedlichen Sprachen sind aber nicht das größte Hinderniss, das einer grenzübergreifenden Zusammenarbeit der Rettungsdienste im Wege steht. Am Freitag vergangener Woche wurden durch den Beitritt der Tschechischen Republik zum Schengenraum zwar die Schlagbäume an den Grenzübergängen beseitigt, grenzenlose Hilfe ist aber dennoch nicht möglich. Rainer Lippmann:
„Die grenzüberschreitende Rettung ist noch nicht zur Regel geworden. Unser Problem ist, dass wir als Fachleute eine klare gesetzliche Regelung dazu in Deutschland und Tschechien vermissen. Die ist bisher leider nur im Katastrophenschutz vorhanden.“
im Rahmen des Schengen-Beitritts ist sehr viel über sicherheitspolitische Themen diskutiert worden. Dabei ging es vorrangig jedoch nur um die Arbeit von Polizei und Zoll. Stimmen, die auf die besondere Situation der Rettungskräfte im Grenzgebiet hinwiesen, fanden in dieser Debatte kein Gehör. Rettungsdienst ist nun mal Sache der Landkreise und damit kein Thema auf dem großen politischen Parkett. Ein notwendiger Staatsvertrag, der einen rechtlichen Rahmen für grenzüberschreitende Rettungseinsätze im sächsisch-tschechischen Grenzgebiet bieten würde, steht jedenfalls noch aus. Die Einsatzkräfte vor Ort fühlen sich ein wenig vergessen.
„Ich würde nicht sagen, man hat uns ausgegrenzt hat, allerdings wurde dem Bereich Rettungswesen nicht die Bedeutung beigemessen, die er vielleicht haben sollte. Die Polizeiarbeit an der Grenze ist wichtig, aber auch im Rettungswesen geht es um Menschenleben. Wir haben auf beiden Seiten der Grenze Feuerwehren und Rettungsdienste. Wir wollen helfen, wenn Bedarf ist. Wenn zum Beispiel eine Leitstelle feststellt, dass sich ein Unfall in Mníšek v Krušných horách / Deutschneudorf oder Hora Svaté Kateřiny / Deutschkatharinaberg ereignet hat und es steht gerade kein Rettungsmittel zur Verfügung, dann könnte die tschechische Rettungsleitstelle bei uns anfragen, ob wir aushelfen können, und umgekehrt. Das ist der Gedanke.“
Es ist eigentlich ein nahe liegender Gedanke. Zurzeit bewegen sich Rettungskräfte bei Grenzübertritt aber noch in einer rechtlichen Grauzone.