Debatte über Solarstrom wird hitziger und wendet sich gegen ČEZ

Foto: Europäische Kommission

Tschechien erlebt einen nie gekannten Boom in der Solarenergie. Während es 2008 nur einige Hundert Photovoltaik-Anlagen im Land gab, waren es Anfang September bereits über 10.000 Anlagen. Wegen der staatlichen Zuschüsse für den Solarstrom droht aber, dass der Preis für Elektrizität im kommenden Jahr in die Höhe schießt. Darüber hatten wir bereits berichtet. Nun ist es im Streit um die Förderung alternativer Energie noch hitziger geworden. Denn die Photovoltaik-Branche bezweifelt die Zahlen über die Teuerung der Energiepreise. Und aus der Regierung wurden neue Pläne laut.

Solarpark in Ostrožská Lhota
Seit August steht es als eine Art Drohung im Raum: Die Strompreise in Tschechien könnten im kommenden Jahr um rund 20 Prozent steigen. Der tschechische Energieriese ČEZ behauptet, die Einspeisevergütung für Solarenergie treibe die Kosten um eben diesen Prozentsatz in die Höhe.

Das Problem ist: Die Einspeisevergütung für Solarstrom wurde vom tschechischen Staat sehr großzügig gestaltet, ist aber wenig flexibel. Während in den letzten Jahren die Kosten für die Photovoltaik sanken, blieben die staatlichen Zuschüsse fast gleich – und deswegen haben viele Großinvestoren die Gelegenheit ergriffen und häufig Ackerflächen zu Solarparks umgewandelt. Auch der Verband der tschechischen Photovoltaik-Industrie hält dies für problematisch. Mittlerweile aber hat der Verband eine eigene Rechnung zu den Energiepreisen präsentiert.

Ondřej Liška
„Wenn man nicht von Horrorszenarien ausgeht, sondern von der tatsächlichen Entwicklung auf dem Markt, dann liegen die Mehrausgaben für alle erneuerbaren Energiequellen bei maximal sieben bis acht Prozent“, so ein Sprecher des Verbandes der Photovoltaik-Industrie.

Bei einer Fernseh-Talkshow klinkte sich am Sonntag Grünen-Chef Ondřej Liška in die Diskussion ein. Er fragte, wo denn die restlichen rund 15 Prozent der Preiserhöhung herkämen. Liška selbst vermutet, dass ČEZ sich auf diese Weise einfach einen höheren Gewinn sichern will.

Pavel Drobil  (Foto: ČTK)
Tatsache ist, dass die Regierung im August einen Nationalen Aktionsplan zur Unterstützung erneuerbarer Energien verabschiedet hat, der die Staatsgelder limitiert. So soll für jede Art erneuerbarer Energie ein Limit für die Gesamtproduktion festgelegt werden. Ab diesem Limit fällt dann die staatliche Unterstützung weg. Die Photovoltaik-Industrie befürchtet indes, dass der Aktionsplan das Ende für ihre Branche bedeuten könnte. So werde nicht zwischen dem Sonnenkollektor auf dem Dach und großen Solarparks unterschieden. Wenn die Großinvestoren zuerst kommen, habe der kleine Mann das Nachsehen, so die Vermutung. Selbst Umweltminister Drobil, der bei seinem Amtsantritt die Solarenergie als wenig geeignet für tschechische Verhältnisse bezeichnet hat, warnte deshalb:

„Erneuerbare Energie muss Teil des Energiemixes sein, auf dem das Energiekonzept der Tschechischen Republik beruht. Wir dürfen nicht das Kinde mit dem Bade ausschütten.“

Martin Kocourek
Das hat wohl auch Industrie- und Handelsminister Kocourek zu denken gegeben. Laut einem Bericht der Tageszeitung „Lidové noviny“ plant er nun, die Genehmigung zum Bau von Windkraft- und Solaranlagen seinem Ministerium zu unterstellen. Bisher war die Baugenehmigung nur ein formaler Akt.

Zudem hatte ein Ministeriumssprecher angekündigt, dass einfache Sonnenkollektoren auf dem Dach stärker gefördert werden sollen als Großanlagen. Was aber mit den bereits genehmigten Bauprojekten geschieht, die noch in der nächsten Zeit ans Netz gehen könnten, dazu kann derzeit niemand so recht Auskunft geben.

Autor: Till Janzer
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