Delegationsreise in die Ukraine: Tschechien plant Wiederaufbauhilfe in Dnipro

Dnipro im Jahr 2015 - Hauptstadt von Oblast Dnipropetrowsk

Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist derzeit nicht in Sicht. Dennoch plant Tschechien schon seine Wiederaufbauhilfe im Land. Diese soll sich auf das Gebiet um die Stadt Dnipro konzentrieren.

Jaroslav Kurfürst | Foto: Věra Luptáková,  Tschechischer Rundfunk

Fliegeralarm ist für die Bewohner der Ostukraine derzeit etwas Alltägliches. Auch die Delegation des tschechischen Außen- und des Verteidigungsministeriums, die diese Woche in Dnipro war, hat das Sirenengeräusch in die Kellerräume des Rathauses getrieben. Dort hätten die Gespräche mit den Vertretern der Stadt dann einen eher informellen Charakter bekommen, berichtet Jaroslav Kurfürst. Der Staatssekretär im tschechischen Außenministerium begründet gegenüber einem Reporter des Tschechischen Rundfunks, warum die Abordnung trotz der unsicheren Lage in die Ostukraine gereist ist:

„Im vergangenen Jahr sind nur sehr wenige Delegationen, wenn überhaupt, hergekommen. Weil aber Tschechien ein Interesse hat, sich mehr auf den Wiederaufbau im Oblast Dnipropetrowsk zu konzentrieren, ist es wichtig, dass unsere Partner vor Ort dies auch wirklich sehen. Unsere Delegation ist verhältnismäßig groß, und in dem spärlichen internationalen Austausch, den es derzeit gibt, wird dies von ukrainischer Seite sehr genau wahrgenommen.“

Darum sei in den Verhandlungen immer auch eine große Dankbarkeit zu spüren gewesen, fügt der Staatssekretär an.

Dnipro ist das Wirtschafts-, Wissenschafts- und Handelszentrum im Osten der Ukraine. Schon jetzt hilft Tschechien dort, die beschädigte Infrastruktur zur Energieversorgung wiederherzustellen. Die Regierung in Prag organisiert zudem humanitäre Lieferungen, denn der Bezirk grenzt direkt an die Kampfgebiete Donbas, Saporischschja und Cherson.

Die tschechische Unterstützung werde in Zukunft aber noch weitere Branchen umfassen, sagt Kurfürst:

„Bei meinen Gesprächen mit dem Bürgermeister von Dnipro hat dieser Interesse an einer Zusammenarbeit im Bereich der Urbanistik und Architektur geäußert. Denn der große Wiederaufbau der Ukraine, der eines Tages ansteht, wird auch einen Schritt in ein neues Zeitalter bedeuten – und dies sowohl technologisch als auch in Fragen der Modernisierung.“

Zudem habe man über die Gesundheitsversorgung gesprochen. Tschechien könne diesbezüglich medizinisches Gerät und Ausrüstungen für Kliniken liefern, so der Diplomat weiter.

Ein dauerhaftes Problem in der Ukraine sei allerdings die Korruption, wirft Kurfürst ein. Die Regierung gehe zwar verstärkt dagegen vor. Trotzdem müsse dies bei großen Investitionen im Auge behalten werden. Darum würden die tschechischen Ministerien mit bewährten Hilfsorganisationen wie etwa Člověk v tísni (Mensch in Not) zusammenarbeiten, die transparente und wirksame Mechanismen entwickelt haben. Und die Delegationsreise würde außerdem dazu genutzt, Projekte zu besichtigen, die beim vorangegangenen Besuch vom August letzten Jahres geplant worden waren, betont der Staatssekretär:

„Jetzt, ein halbes Jahr später, können wir sehen, dass die eingesetzten Gelder nicht veruntreut wurden. Mit ihnen entstand etwa ein Operationssaal, in dem verletzte Soldaten von der Front behandelt werden. Es ist also möglich, die Umsetzung praktisch zu kontrollieren.“

Die Zusammenarbeit würde zudem nur mit jenen ukrainischen Partnern fortgesetzt, die sich als solide erwiesen, ergänzt Kurfürst. Und nicht nur bei der Stadtverwaltung, sondern auch in der Bevölkerung sei die Dankbarkeit zu spüren:

„Die Atmosphäre ist unglaublich positiv. Alle vor Ort wissen von der Hilfe aus Tschechien. Ich habe hier niemanden getroffen, der mir und Tschechien nicht erst einmal gedankt hätte. Dies gilt auch für Menschen, mit denen wir direkt erst mal gar nichts zu tun haben.“

So berichtet der Diplomat etwa von spontanen Dankesäußerungen von Mitreisenden im Zug, als sie die Delegationsteilnehmer Tschechisch sprechen hörten. Dies sei manchmal auch sehr emotional gewesen, sagt Kurfürst, aber immer ehrlich und intensiv.

Autoren: Daniela Honigmann , Martin Dorazín
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