Journalist im Krieg: Neuer Film zeigt Arbeit des Ukraine-Korrespondenten des Tschechischen Rundfunks

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges berichtet Martin Dorazín für den Tschechischen Rundfunk aus der Ukraine. Nun kommt ein Film über den Kriegsberichterstatter hierzulande in die Kinos.

Als sich im Januar 2022 abzeichnete, dass Russland die Ukraine überfallen könnte, zögerte Martin Dorazín nicht lang. Er packte seine Koffer in Warschau, wo er als Korrespondent des Tschechischen Rundfunks lebte, und fuhr nach Mariupol. Dorazín hatte Erfahrung mit der Berichterstattung aus Kriegs- und Krisengebieten. In seinen über 30 Jahren beim Tschechischen Rundfunk hatte er bereits aus Libyen, Afghanistan oder vom Balkan berichtet.

Mittlerweile informiert Dorazín seit über zweieinhalb Jahren tagesaktuell über das Geschehen in der Ukraine und ist dabei nicht selten an der Front unterwegs. Immer dabei sind nicht nur die schusssichere Weste und der Schutzhelm, sondern vor allem das Aufnahmegerät, um den Menschen in Tschechien das Geschehen vor Ort näher zu bringen.

Foto: Aerofilms

Aber wie erlebt der tschechische Journalist den Krieg in Europa? Dieser Frage geht nun ein neuer Dokumentarfilm nach. Er hat den schlichten wie passenden Namen „Válečný zpravodaj“ (Kriegsberichterstatter). Die Regisseure des Streifens sind Benjamin Tuček und David Čálek. Wie Dorazín im Rundfunkinterview berichtet, war er zuerst nicht von deren Idee begeistert, einen Dokumentarfilm über seine Arbeit zu drehen:

„Ich wollte ihnen eine Zeitlang sogar davon abraten. Denn ich hatte ernste Bedenken und Angst. Ich konnte mir nicht vorstellen, in den gefährlichen, unberechenbaren Situationen zwei, drei weitere Leute um mich herum zu haben, die noch nie in so einer Lage gewesen sind, weil sie vorher ganz andere Filme gemacht hatten.“

Doch am Ende wurde gedreht. Regisseur Benjamin Tuček erklärt, was das Anliegen des Teams war:

„Wir waren interessiert an der Rundfunkberichterstattung und daran, wie die Bilder in den Köpfen der Menschen erzeugt werden. Für uns war also auch der Zwiespalt zwischen Ton und Bild spannend.“

Foto: Aerofilms

Dorazín wurde während eines Jahres immer wieder von dem Stab begleitet. Dieser habe lediglich aus drei Personen bestanden, wie Tuček weiter ausführt:

„Das lag auch ganz praktisch daran, dass wir so alle in ein Auto gepasst haben, um schnell von einem Ort zu verschwinden und an einen anderen zu gelangen. Wir wollten es vermeiden, uns aufteilen zu müssen. Ein Team aus drei Leuten war also das Maximum, denn so konnten wir auch noch Martin und unsere Unmengen an Technik im Auto transportieren.“

Wie Dorazín im Rundfunkinterview schildert, gehe es in dem Film nicht nur um ihn:

„Den Machern war es wichtig, dass der Protagonist nicht größer als die anderen Menschen gemacht wird – auch wenn ich zwei Meter groß bin. Es geht also auch viel um die Leute, die ich treffe und mit denen ich mich angefreundet habe.“

Einer dieser Freunde ist der Priester Oleg Tkatschenko. Er hilft als Bäcker an der Front, indem er unter den Soldaten Brot verteilt. Dorazín sagt:

„Er ist ein wichtiger Kollege und Freund für mich geworden. Wir haben uns vor der russischen Invasion in seiner Bäckerei in Marinka kennengelernt.“

Foto: Aerofilms

Seine Tschechienpremiere wird „Válečný zpravodaj“ diese Woche Sonntag beim Internationalen Dokumentarfilmfestival in Jihlava / Iglau haben. Am 31. Oktober läuft er dann in den Kinos hierzulande an.

Die Weltpremiere feierte der Film bereits am vergangenen Samstag beim Internationalen Filmfestival in Warschau (WFF). Dort heimste er direkt den Hauptpreis in der Dokumentarfilmsektion ein. Entgegengenommen wurde der Preis vom Filmteam und von Martin Dorazín persönlich. Seine Dankesrede hielt er als ehemaliger Korrespondent in dem Land in fließendem Polnisch.

Außer als Hauptfigur in dem preisgekrönten Dokumentarfilm könnte Martin Dorazín in Zukunft aber noch eine weitere Ehrung zuteilwerden. Denn der Reporter wurde im Juni vom tschechischen Parlament für eine Verdienstmedaille vorgeschlagen. Ob Dorazín tatsächlich unter den Geehrten sein wird, wird kommende Woche Montag feststehen, wenn Präsident Petr Pavel die tschechischen Staatsorden überreicht.

Autoren: Ferdinand Hauser , Kateřina Havlíková , Lucie Machartová , Tomáš Maleček
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