Der Anfang vom Ende – die slowakische Souveränitätserklärung 1992

Die Tschechoslowakei spaltete sich Ende 1992 in zwei souveräne Teilstaaten. Die ersten Vorboten dieser Spaltung ließen sich aber bereits ein halbes Jahr vorher erkennen. Am 17. Juli 1992, vor 20 Jahren, verabschiedete das Parlament des slowakischen Teilstaates eine Souveränitätserklärung. Sie gilt als Grundlage für die spätere Unabhängigkeit der Slowakei.

113 Abgeordnete des slowakischen Nationalrates stimmten damals für die Souveränitätserklärung, 24 dagegen und 10 enthielten sich. Damit war eine Deklaration angenommen, die den Beginn der Spaltung der Tschechoslowakei markieren sollte. Vorgelegt worden war die Erklärung von der HZDS, der „Bewegung für eine demokratische Slowakei“. An ihrer Spitze stand Vladimír Mečiar, der kurz zuvor zum neuen Premier des slowakischen Teilstaates gewählt worden war. Nur wenige Stunden vor der Abstimmung erklärte er:

„Die Deklaration der Souveränität ist eine Deklaration des Rechts auf einen eigenen Staat und die Absicht einen Staat zu haben. Sie ist nicht dasselbe, wie einen selbstständigen Staat auszurufen.“

Schon seit der politischen Wende 1989 stritten sich Tschechen und Slowaken um den Namen ihres gemeinsamen Staates. Im so genannten „Gedankenstrich-Krieg“ redeten sich die Politiker beider Seiten die Köpfe heiß, ob der Staatsname Tschechoslowakei mit oder ohne Bindestrich geschrieben werden sollte. Zwar gab es eine Kompromisslösung – in Tschechien ohne, in der Slowakei mit -, ganz zufrieden war aber keine der beiden Seiten.

Der ehemalige Pressesprecher von Präsident Václav Havel, der heutige tschechische Botschafter in Großbritannien, Michael Žantovský, verortet daher die Spaltung bereits früher:

Michael Žantovský
„Das erste Signal waren die Ergebnisse der Wahlen in das Föderationsparlament und in die Nationalräte der beiden Teilstaaten Staaten im Juni 1992. Verloren hatten die Parteien, die die Föderation verteidigten und ihr Auseinanderbrechen zu verhindern suchten. Gewonnen hatten vor allem jene Parteien, die die Zukunft der Slowakei in einem souveränen Staat sahen oder direkt in der Unabhängigkeit.“

In einer Zeit, in der auf dem Balkan ein Bürgerkrieg zwischen den Teilstaaten Jugoslawiens herrschte, steuerte die Tschechoslowakei auf eine Trennung hin. Die Entwicklung zwang Staatspräsident Václav Havel zu einem radikalen Schritt. Noch am 17. Juli, nach der Annahme der Deklaration, trat er mit folgenden Worten zurück:

„Ich kann nicht die Verantwortung für eine Entwicklung tragen, auf die ich keinen Einfluss mehr habe. So, wie ich nicht der Bremsklotz einer historischen Entwicklung sein möchte, so möchte ich allerdings auch nicht ein bloßer ausgedienter Beamter sein, der noch ein paar Wochen abwartet, bis der Moment kommt, an dem er definitiv sein Amt verlassen muss. Ich will kein Beamter sein, der in dieser Zeit nur passiv vor dem weiteren Geschehen warnt und seine formalen Pflichten erfüllt. Ich wollte immer und will auch in Zukunft etwas Gutes zum Nutzen meiner Mitbürger tun. Das Amt des Präsidenten der Föderation erlaubt es mir nun nicht mehr, schöpferisch und kreativ dieser Arbeit nachzugehen.“

Vladimír Mečiar verhandelte mit Václav Klaus über die Spaltung der Tschechoslowakei
Mit dieser Erklärung nahm Havel die kommende Entwicklung vorweg. Bereits zum 1. Oktober 1992 trat in der Slowakei eine eigene Verfassung in Kraft und der heutige tschechische Staatspräsident Václav Klaus, damals tschechischer Premierminister, verhandelte mit Vladimír Mečiar über die Trennung der beiden Staaten. Das Ergebnis ist bekannt: Seit dem 1. Januar 1993 existieren zwei unabhängige Staaten, die Tschechische Republik und die Slowakische Republik.