Trotz der Teilung des gemeinsamen Staates zusammen: eine tschechisch-slowakische Familie in Prag

Kamila Schusterová und Robert Schuster

Robert Schuster und Kamila Schusterová haben sich Anfang der 1990er Jahre während ihres Studiums kennengelernt. Die Teilung der Tschechoslowakei 1993 prägte ihr Leben mehr als es bei anderen Menschen der Fall war. Doch heute sei es nicht mehr wichtig, dass sie aus zwei verschiedenen Ländern kämen, sagen  sie.

Dom der hl. Elisabeth in Košice | Foto: Lacpo,  Wikimedia Commons,  CC BY-SA 4.0 DEED

„Wir haben am 26. Juni 1999 im Dom der hl. Elisabeth in Košice geheiratet. Ich weiß noch ganz genau, das war ein sehr heißer Samstagnachmittag.“

So erinnert sich Robert Schuster. Er kommt aus Loket / Ellbogen in Westböhmen, seine Frau Kamila aus Košice / Kaschau in der Ostslowakei. Beide haben sich während ihres Studiums an der Karlsuniversität in Prag getroffen, sagt Kamila:

„Wir haben beide Germanistik studiert, dabei haben wir uns kennengelernt. Wir waren schon seit 1994 zusammen, und nach dem Studium haben wir gleich geheiratet.“

Stadt Loket / Elbogen | Foto: Radio Prague International

Die Germanistik in Prag habe damals einen sehr guten Ruf gehabt, deshalb sei sie zum Studium nach Tschechien gegangen, sagt Kamila. Sie hat noch als Bürgerin der Tschechoslowakei ihr Studium begonnen. Nach der Teilung hätten sich die Bedingungen für sie kaum verändert:

„Ich wurde damals behandelt wie vor der Trennung. Es war nicht so kompliziert, wie ich erwartet hatte.“

Sofort nach der Teilung der Tschechoslowakei habe es eine Vereinbarung der Regierungen gegeben, dass die Kosten für die tschechischen Studenten in der Slowakei von der slowakischen Regierung übernommen werden und umgekehrt, ergänzt Robert. Er erinnert sich an die Monate vor und nach dem Zerfall der Tschechoslowakei:

„Im Sommer 1992 wurde schon klar, dass es dazu kommt. Wir sind ein paar Wochen später, im Oktober, an die Uni gekommen. Das heißt, wir wussten schon, dass der gemeinsame Staat getrennt wird. Das war natürlich damals ein großes Thema, auch öffentlich wurde darüber diskutiert, ob es ein richtiger oder ein falscher Schritt ist. Man hatte natürlich immer die Befürchtung, es könnte theoretisch so ausgehen wie in Jugoslawien. Aber zum Glück war später schon klar, dass die Trennung des Staates glimpflich ablaufen wird, dass keine Schwierigkeiten und auch keinen unnötigen bürokratischen Hürden zu erwarten sind.“

Illustrationsfoto: Wedding Photography,  Unsplash

Und auch im familiären Umfeld habe es keine Probleme gegeben, fügt Robert hinzu:

„Es gab damals Fälle, in denen der slowakische Ehepartner aus einem Umfeld kam, die nationalbewusst war, was sich in der Beziehung niedergeschlagen hat. Das war bei uns nicht so, im Gegenteil. Meine Frau kommt aus einer sehr pro-föderal eingestellten Familie. Meine Schwiegereltern haben in Prag studiert und hatten hier viele Freunde. Insofern verlief es bei uns fast ideal, würde ich sagen.“

Seit der Hochzeit lebt das Ehepaar Schuster in Prag. Eine Debatte darüber, wo sie sich niederlassen, habe es nie gegeben, betont Kamila:

„Wir sind nach dem Studium einfach hier in Prag geblieben. Wir wollten nicht in die Slowakei umziehen. Mein Mann hätte dort als Politologe damals keine gute Arbeit gefunden.“

Sie hätten nie bereut, in Prag geblieben zu sein. Zum Urlaub in die Slowakei zu fahren sei okay, aber dann freue man sich, wieder nach Hause fahren zu können, so Robert.

Heute besucht die Familie jeden Sommer die Großeltern im Osten der Slowakei. Als die Kinder noch klein waren, verbrachten sie dort noch mehr Zeit. Und die Großeltern kamen auch öfters nach Prag, privat oder dienstlich. Die Slowakei bedeutet für Kamila und Robert aber heute nicht nur die Familie. Beide interessieren sich auch für das aktuelle gesellschaftliche Geschehen im Nachbarland, wie Kamila sagt:

„Wir verfolgen die Nachrichten. Ich nehme auch an den Wahlen dort teil. Und wir diskutieren zu Hause über die Politik.“

Foto: Noemi Fingerlandová,  Tschechischer Rundfunk

Kamila erstellt zudem slowakische Sendungen für den Tschechischen Rundfunk, für die sie interessante slowakische Gäste vors Mikrophon bittet.

Kamila und Robert haben vier Kinder. In der Familie wird Tschechisch gesprochen. Für die Mutter war es am Anfang ein Anliegen, dem Nachwuchs auch Slowakisch beizubringen:

„Ich habe am Anfang mit meinem ältesten Sohn Slowakisch gesprochen. Er sprach die ersten vier Jahre nur Slowakisch. Aber seitdem er in den Kindergarten ging, sprach er Tschechisch. Die anderen Kinder sprechen nur Tschechisch. Sie verstehen aber alles auf Slowakisch.“

In ihrer Beziehung spiele keine große Rolle, dass sie aus zwei verschiedenen Ländern kommen, bestätigen beide Ehepartner. Laut Robert ist dieser Aspekt gar nicht wichtig.

„Relevant war das nur zu Beginn: Da wir in der Slowakei geheiratet haben, mussten alle unsere Urkunden dann noch in Tschechien nostrifiziert werden. Aber das hat sich mit der Zeit gelegt. Eine Rolle spielt die unterschiedliche Staatsangehörigkeit vielleicht nur insoweit, dass meine Frau eine Daueraufenthaltserlaubnis für Tschechien hat. Das heißt, sie muss ab und zu zum Amt gehen und den Aufenthaltstitel verlängern lassen. Letztes Mal hatten wir Pech, es war ein ziemlich unangenehmer Mann hinter dem Pult. Kamila hat daraufhin gesagt, aufgrund dieser Erfahrung müsse sie jetzt endlich die tschechische Staatsbürgerschaft beantragen, um sich diese Tortur in Zukunft zu ersparen.“

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